Nina Julia Lepique und ihr Partner und Femtasy-Mitgründer Michael Holzner.
Nina Julie Lepique mit ihrem Partner und Femtasy-Mitgründer Michael Holzner. Lepique arbeitete nach ihrem Bachelor an einer Hamburger Business School zwei Jahre bei Xing. 

Wie Frauen-Pornos zum Hören klingen? Zum Beispiel so: „Vereinzelt perlen Wassertropfen aus deinem Haar auf deine Haut und über deinen Körper. Ich fahre die nassen Linien mit den Fingerspitzen nach und verharre auf deinem Bikini.“ Oder: „Meine Hände gleiten von deinen Knöcheln über deine Knie, hoch bis zu deinen Oberschenkeln, deine Schenkel entlang.“

Diese Texte sind Auszüge aus den Erotik-Hörspielen des Kölner Startups Femtasy. Gründerin Nina Julie Lepique will Frauen damit eine Alternative zu klassischen Pornos bieten. Auf der Plattform von Femtasy finden Nutzerinnen, wie es Lepique nennt, „explizite Tonaufnahmen, die gemacht sind, um die weibliche Sexualität zu stimulieren und die Frau anzuregen“. Am beliebtesten sei ein Format, in dem die Frau direkt angesprochen wird, sagt die 25-Jährige im Gespräch mit Gründerszene.

In der Sexbranche tut sich etwas

Wer noch denkt, Pornos seien nur etwas für Männer, irrt. „Porn for Women“ wurde 2017 öfter auf Pornhub geklickt als je zuvor. 2018 war ein Drittel der User der Plattform weiblich – drei Prozent mehr als im Vorjahr. Mit ihrer Porno-Hörspiel-Plattform ist Gründerin Lepique Teil einer wachsenden Gruppe von Startups, die Geld mit der recht neuen Offenheit rund um die weibliche Sexualität verdienen. Amorelie, Wow Tech und Eis.de sind weitere deutsche Beispiele dafür.

Investoren schreiben der Branche Potential zu. An Amorelie etwa ist Prosiebensat.1 zu 98 Prozent beteiligt, der Medienkonzern bewertete das Sextoy-Startup zuletzt mit rund 100 Millionen Euro. Auch der Gesellschafterkreis von Femtasy kann sich sehen lassen. Darin stehen Code-University-Gründer Thomas Bachem, Xing-CEO Thomas Vollmöller, Doodle-Gründer Michael Näf, Unternehmerin Diana zur Löwen und weitere Business Angels. In zwei Finanzierungsrunden steckten sie Geld in Femtasy – wie viel, möchte Lepique nicht sagen.

Umfrage unter 1.500 Frauen als Basis 

Aber warum macht Femtasy nun ausgerechnet Hörspiele? „Männer sind, was Stimulierung angeht, deutlich visueller. Frauen benutzen dagegen lieber ihr Kopfkino“, sagt Lepique. Vor der Gründung habe sie darüber mit Freundinnen und anderen Frauen gesprochen. „Sehr viele haben gesagt, dass sie Sexfilme hören, aber nicht schauen“, so Lepique. Da ahnte sie, dass Porno-Hörspiele eine Marktlücke sein könnten.

Doch die bloße Ahnung reichte der Gründerin nicht. Persönlich und am Telefon befragte sie zusammen mit ihrem sechsköpfigen Team 1.500 Frauen zu ihren sexuellen Vorlieben. „Ich habe versucht, detailliert zu verstehen, wie Frauen in Bezug auf Adult Content ticken“, sagt Lepique, „was sie gerne nutzen, welche Fantasien sie haben oder wie oft sie sich selbst befriedigen.“ Auf Basis der Umfrageergebnisse ließen Lepique und ihr Partner und Mitgründer Michael Holzner ihre ersten erotischen Hörspiele produzieren – und testen. „Wir haben tatsächlich Frauen eingeladen, die die Aufnahmen über Kopfhörer angehört haben, manche sogar mit Schlafmasken im Gesicht“, sagt die Gründerin.

„Es gibt viele individuelle Vorlieben“

Bis Femtasy Mitte 2018 live ging, hatten Lepique und Holzner 100 Audiobeiträge vorproduziert. Inzwischen sind es 320. „Wir brauchen eine große Masse an Inhalten, weil Sexualität etwas sehr Persönliches ist und es viele individuelle Vorlieben gibt“, sagt Lepique. Auf der Plattform gibt es sowohl von Männern als auch von Frauen eingesprochene Hörspiele, manche beschreiben konkrete Sexpraktiken, manche nur Dates oder das Verliebtsein. Die Texte für die Audio-Pornos schreiben freiberufliche Autorinnen. Auch das Einsprechen übernehmen Freiberufler – zum Teil von zuhause. Wer kein eigenes Aufnahmestudio hat, bekommt eines von Femtasy gestellt. „Wir achten bei den Sprechern sehr darauf, ob sie sich in die Situation hineinversetzen können“, sagt Lepique. Jeder Sprecher müsse Probeaufnahmen abgeben, die eine Gruppe von Testhörerinnen dann kritisch anhört.

Die Nutzerinnen von Femtasy sind laut Lepique zwischen 25 und 34 Jahre alt. Aus deren Feedback wisse sie, dass viele Frauen die Hörspiele für mehr als Lustbefriedigung nutzen: „Manche kommen aus einer langen Beziehung und lernen sich erstmal selbst kennen. Oder es sind Mamis, die nach einer Schwangerschaft wieder anfangen, ihren Körper zu entdecken.“ Ein Tagespass für Femtasy kostet 4,99 Euro, ein Monatsabo für die Porno-Hörspiele 12,99 Euro. Man verzeichne eine vierstellige Zahl aktiver Abonnenten, sagt Lepique. Sogar ein paar Männer seien darunter.

Ihr langfristiges Ziel: Femtasy auf den Massenmarkt bringen. Wie genau sie das schaffen wollen, überlegen die Gründer selbst noch. Influencer könnten eine Rolle spielen, deutet Lepique an. Sie ist sicher, dass der Markt für erotische Inhalte für Frauen noch viel größer wird. Sie sagt: „Bei den Sextoys gab es den Wandel vom Schmuddel-Image zu femininen, lifestyligen Marken schon. Das muss jetzt auch im Content passieren.“

Bild: Pink Internet GmbH