Das vegane Steak von Redefine Meat soll Ende des Jahres auch in deutschen Spitzenrestaurants getestet werden.

„Sollen wir heute grillen? Alles klar, ich schmeiß den Drucker an.“ So oder so ähnlich könnte in Zukunft bei Eshchar Ben-Shitrit die Absprache vor einem Grillabend lauten. Denn sein israelisches Start-up hat einen 3D-Drucker entwickelt, mit dem Steaks hergestellt werden können, die aus pflanzlichem Material bestehen, dabei aber aussehen, sich anfühlen und schmecken sollen wie ein Original.

Redefine Meat heißt die Firma hinter dieser Idee – was übersetzt aus dem Englischen so viel heißt wie „Fleisch neu definieren“. Und genau das ist das Ziel des 2018 gegründeten Cleantech-Unternehmens: Revolution in der Fleischwirtschaft.

„Wir haben Verfahren entwickelt, die eine nachhaltige Alternative zu der Aufzucht von Tieren und dem Verzehr von Tierprodukten bieten“, sagt Vorstandschef und Mitbegründer Ben-Shitrit, der von seiner Idee auch Geldgeber aus Deutschland begeistern konnte. So gehört zum Beispiel Deutschlands größtes Geflügelunternehmen PHW-Gruppe mit der Hauptmarke Wiesenhof zu den Investoren.

„Alt-Steak“ nennt sich das Produkt, das aus den 3D-Druckern von Redefine Meat kommt. Für Rezeptur, Saftigkeit, Textur und Mundgefühl haben die Israelis mit Köchen und Metzgern, aber auch Lebensmitteltechnikern und Geschmacksexperten zusammengearbeitet, darunter ist mit Givaudan aus der Schweiz auch der weltweit größte Hersteller von Aromen und Duftstoffen.

Schlüsselkomponenten: Muskeln, Fett, Blut

Am Ende gibt es rund 70 Parameter, die ins Produkt einfließen, sagen die Gründer, die sich bei Hewlett-Packard (HP) während der gemeinsamen Entwicklungsarbeit für neue Digitaldrucker kennengelernt haben.

„Wir wussten, dass die Entwicklung eines hochwertigen und nährstoffreichen fleischfreien Alternativprodukts neue Technologien und Produktionsverfahren erfordern würde, die es bislang noch nicht in der Lebensmittelindustrie gab“, beschreibt Ben-Shitrit.

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Der dann entwickelte Drucker produziert und kombiniert dabei dem Unternehmer zufolge separate Rezepturen für die drei Schlüsselkomponenten von Fleisch: Muskelgewebe, Fettgewebe und Blut.

Der Marktstart soll noch in diesem Jahr erfolgen. Dabei wird das vegane Steak zunächst in Spitzenrestaurants getestet, auch in Deutschland.

Ein Fleischdrucker für jede Restaurantküche

Ab 2021 sollen dann Drucker in industriellem Maßstab gebaut und an die Gastronomie vertrieben werden. Rund 100 Kilogramm pflanzliches Fleisch werden diese Maschinen pro Stunde schaffen, heißt es – aktuell sind es offenbar rund drei bis sechs Kilogramm.

Die genaue Rezeptur gibt das Unternehmen aus Tel Aviv nicht bekannt. Die Rede ist von drei pflanzlichen Eiweißquellen und dazu Fett und Wasser. Verkauft werden soll allerdings nicht das fertig gedruckte Ersatzfleisch, sondern der entsprechende Drucker.

Den können sich dann Restaurants in ihre Küche stellen und mit ihrem gewünschten digitalen Rezeptvarianten bedienen – je nachdem, ob das Steak weicher oder fettiger sein soll.

Das Alt-Steak aus dem Drucker ist Experten zufolge der logische nächste Schritt im stetig wachsenden Markt für Fleischersatzprodukte. Schwung verleihen dabei nicht zuletzt die anhaltenden Verkaufserfolge von Fleischlos-Fleisch-Anbietern wie Beyond Meat, Impossible Foods oder der Marke Garden Gourmet von Nestlé.

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Beyond Meat hat aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage sogar erst kürzlich eine eigene Produktion in Europa gestartet, konkret in Zoeterwoude in den Niederlanden. Bislang wurden die Produkte der Amerikaner komplett aus Übersee importiert.

Wie sehr das Thema mittlerweile Fahrt aufnimmt, zeigt auch die aktuelle Studie „Fleisch der Zukunft“ des Umweltbundesamtes (UBA). Danach halten bereits 15 Prozent von gut 2.000 befragten Bundesbürgern pflanzenbasierte Ersatzprodukte für eine gute Alternative zu herkömmlichem Fleisch. Weitere 26 Prozent wollen die neuen Angebote zumindest probieren.

Umsatzvolumen auf 220 Millionen Euro geschätzt

Ähnlich neugierig sind die Verbraucher allerdings auch auf essbare Insekten und In-Vitro-Fleisch. Auch hier liegt der Anteil derjenigen, die solche Ersatzprodukte ausprobieren wollen laut UBA-Studie bei jeweils gut einem Viertel.

Abseits der mutigen Tester ist die Skepsis in der Bevölkerung in Sachen Insekten und Fleisch aus der Petri-Schale aber wesentlich ausgeprägter als bei pflanzlichen Imitaten, deren Umsatzvolumen UBA-Schätzung zufolge im laufenden Jahr schon bei rund 220 Millionen Euro liegen wird.

Hauptmotivation für ein Umsteuern von Fleisch zu Pflanze sind zum einen ethische Gründe, also zum Beispiel das Tierwohl oder die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter in der Fleischindustrie. Zum anderen spielen Umweltfragen eine große Rolle.

Denn die Fleischproduktion ist alles andere als klimaschonend, sagen Experten. Der Umweltschutzorganisation WWF zufolge sind knapp 70 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen in der Ernährung auf tierische Produkte zurückzuführen und dort insbesondere auf Fleisch.

„Solange der Preis nicht die Umweltschäden widerspiegelt, bekommt das billige Nackensteak den Vorzug“

UBA-Daten stützen diese Aussage: „Die Fleischproduktion schadet nachweislich der Umwelt und trägt zur Erderhitzung bei“, sagt Behörden-Präsident Dirk Messner.

In der aktuellen Studie hat das UBA nun die Umweltauswirkungen von Rindfleisch und Fleischersatzprodukten errechnet und gegenübergestellt. Das Ergebnis: Die pflanzlichen Alternativen emittieren zum Teil weniger als ein Zehntel an Treibhausgasen.

Und auch der Wasser- und Flächenverbrauch sei um ein Vielfaches geringer, da Pflanzen wie Weizen und Soja nicht erst als Tierfutter genutzt werden, sondern ohne große Umwege auf dem Teller landen Etwas schlechter schneidet Fleischersatz auf Insektenbasis ab. In-Vitro-Fleisch wiederum ist noch nicht am Markt verfügbar, sodass die Umweltauswirkungen schwer abzuschätzen seien, merkt das UBA an.

Messner fordert ein Umdenken in der Politik und verbesserte Rahmenbedingungen. „Aus Umweltsicht ist es unverzichtbar, den Fleischkonsum zu verringern“, meint der Behördenchef. „Solange der Preis der Lebensmittel aber nicht auch die Umweltschäden widerspiegelt, wird das billige Nackensteak noch länger den Vorzug vor einem Sojaschnitzel bekommen.“

Aktuell verzehrt jeder Bundesbürger knapp 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr, wie aus Statistiken des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) hervorgeht. Der Konsum von Schweinefleisch ist dabei schon seit Jahren rückläufig, bei Geflügel steigt er.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Redefine Meat