Zu viel des Guten? Nein, Gründerin Annemarie Heyl schmeckt ihr Saft immer noch.

Wie geht es eigentlich der deutschen Startup-Szene nach Monaten der Krise? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, jedes Unternehmen musste in den vergangenen Wochen andere Herausforderungen bewältigen. Einige wuchsen so schnell wie noch nie, andere fürchteten täglich die Pleite.

Um zu erfahren, wie es einzelnen Startups derzeit geht, haben wir in der Gründerszene-Redaktion einen Fragebogen erarbeitet. Auch Annemarie Heyl, Gründerin des Hamburger Saft-Startups Kale&Me, hat unsere Fragen beantwortet. Ihr profitables Unternehmen beschäftigt 25 Mitarbeiter und erwirtschaftet in diesem Jahr voraussichtlich mehrere Millionen Euro. 1.200 Pakete mit Säften verschickt Kale&Me nach Angaben von Heyl jede Woche.

Annemarie, welche Auswirkungen hatten und haben das Virus und die damit verbundenen Maßnahmen für euer Unternehmen?

Bei unserem Umsatz konnten wir glücklicherweise ein gutes Plus verzeichnen, 25 Prozent mehr als ursprünglich geplant. Die Menschen hatten Zeit, sich mit dem Fasten auseinanderzusetzen. Darüber hinaus stand und steht die eigene Gesundheit derzeit stark im Fokus – das ist natürlich genau unser Thema. Wir haben das Gefühl, dass die Menschen informierter über Ernährung und Gesundheit aus dieser Zeit herausgehen. 

Waren oder sind eure Angestellten in Kurzarbeit?

Unser Team umfasst insgesamt 25 Mitarbeiter. Zum Mai haben wir bei zwei Mitarbeitern aus dem B2B-Vertrieb 25 Prozent Kurzarbeit angemeldet. Dies wird aufgehoben, sobald sich das Gastronomie- und Hotelgeschäft normalisiert.

Die Gründerin in der eigenen Produktionsstätte von Kale&Me

Musstet ihr Teammitglieder entlassen?

Nein, wir haben keine Mitarbeiter entlassen.

Arbeiten eure Angestellten noch im Homeoffice?

Seit dem 1. Juni wechseln unsere Teams sich im Büro ab, sodass nie zu viele Mitarbeiter auf einmal dort sind. Unser Büro ist für großen Abstand zwischen den einzelnen Personen leider nicht ausgelegt, weil es keine einzelnen Räume gibt. Zudem trennen wir die Mitarbeiter aus Produktion und Lager von den Mitarbeitern im Büro. Teamevents oder gemeinsame Mittagessen finden vorerst nicht statt. Diese Regelung wird bis auf Weiteres bestehen bleiben.

Lest auch

Könnt ihr euch vorstellen, künftig komplett auf ein eigenes Büro zu verzichten?

Nein, das können wir uns nicht vorstellen. Es ist doch zu wichtig, in geregelten Abständen auch in Person zusammen zu kommen, gerade für kreative und lange Workshops. Wir haben uns alle sehr gefreut, wieder abwechselnd im Büro zu sein, was auch eine tolle Erkenntnis ist. Allerdings wird es flexiblere Homeoffice-Regelungen geben, da wir durch die Zeit eingespielt sind und wissen, dass es sehr gut funktioniert.

Welche Tools und Tricks haben eurem Team in den vergangenen Wochen geholfen?

Natürlich haben wir viel mit Zoom und Google Hangouts gearbeitet. Seit der wechselnden Bürobesetzung haben wir uns jetzt noch eine gute Videokonferenzkamera für die Hybrid-Meetings geholt. Das war unabdingbar. Zu Ostern haben alle Mitarbeiter ein Paket mit Säften nach Hause geschickt bekommen, die sollen ja auch im Homeoffice nicht fehlen.

Was hat in den vergangenen Wochen nicht funktioniert?

Mir persönlich ist die Trennung zwischen Beruf und Privatleben sehr schwergefallen, aber das ist ein generelles Thema im Homeoffice. Da gibt es die Mitarbeiter, die Zuhause besser arbeiten können und diejenigen, bei denen es schlechter klappt. Operativ gab es auch einige Probleme: Ersatzteile für unseren Etikettierer konnten nicht geliefert werden, Verpackungsmaterial war leer, weil wiederum beim Lieferanten Ersatzteile fehlten oder die Zutaten waren knapp. Im Großen und Ganzen hat alles aber gut funktioniert.

Wie bist du als Führungskraft mit der Krisensituation umgegangen?

Wir haben viel informiert und waren im kontinuierlichen Austausch mit unseren Mitarbeitern um herauszufinden, wie es ihnen mit der Situation geht. Bei Personen, bei denen es zu Schwierigkeiten kam, beispielsweise bei der Kinderbetreuung, haben wir die vollste Flexibilität und Unterstützung zugesagt.

Bild: Kale&Me