Auch eine Lösung: Yoga im Büro statt nach der Arbeit.
Auch eine Lösung: Yoga im Büro statt nach der Arbeit.

Die Generation Z leistet nur das Nötigste, ist nicht kreativ und macht lieber Yoga statt länger in der Firma zu bleiben: Das sind die steilen Thesen des 42-jährigen Gründers Mathias Keswani aus Hamburg. Für ihn ist deswegen klar: Bewerber aus der Generation Z, also aus den Jahrgängen 1995 bis 2010, stellt er nicht mehr ein. Damit sorgt er gerade für Aufsehen und Empörung.

Ich gehöre selbst zur Generation Z, und das beeinflusst meine Weltsicht. Aber ich kenne eine Menge Leute – mich eingeschlossen – die Praktika absolvierten, die nicht nur schlecht, sondern gar nicht bezahlt wurden. Weil es uns Spaß machte, Arbeitserfahrung zu sammeln. Und dass alle unter 25-Jährigen unkreativ und nicht lösungsorientiert sind, kann ohnehin nicht stimmen. Dann gäbe es schließlich keine erfolgreichen Teenie-Unternehmer wie Philipp Kalweit, Tobias Gerbracht oder Diana zur Löwen. Wer so gewaltig pauschalisiert, wie es Keswani tut, macht es sich selbst etwas zu einfach.

Die jungen Leute sind Taugenichtse? Gähn!

„Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos“ steht schon in einer Keilschrift aus dem Jahr 2000 vor Christus. Meine Oma hat dasselbe wahrscheinlich irgendwann mal von meinem Vater behauptet und ich bin mir sicher, der Gedanke wird meinen Eltern auch nicht ganz fremd sein. Die jeweils älteren Leute hielten die jüngeren immer schon für Taugenichtse. Trotzdem hat es noch keine Generation gesammelt zu nichts gebracht. Ganz im Gegenteil – unsere Gesellschaft hat sich zum Besseren entwickelt.

Man mag Keswani also gerne schimpfen lassen. Dass „die Generation Z“ aus einem simplen Bachelor-Abschluss übertriebene Ansprüche ableitet, obwohl sie ohne Berufserfahrung keine Ahnung vom echten Arbeitsleben hat. Dass sie zweimal in der Woche um 17 Uhr zum Sport rennen muss, und dass man solche Hobbyversessenheit im Unternehmen nicht gebrauchen kann. Oder dass die leidige Diskussion nach Work-Life-Balance ihm als Geschäftsführer gehörig auf die Nerven geht. Mit Manchem mag er ja sogar Recht haben.

Doch statt die Zusammenarbeit mit der gesamten Generation Z zu verweigern, sollte Keswani lieber mal sein Blickfeld erweitern: Fast 90 Prozent der Geschäftsführenden in Deutschland sagen, sie ermöglichten flexibles Arbeiten bereits. Die neuen Berufsanfänger sind nämlich nicht die ersten, die nicht mehr so arbeiten wollen, wie es frühere Generationen oft taten. Das gesamte Privatleben um die Arbeit organisieren, sich bis zum Burn-out für die Firma abrackern und Freizeit zum Luxusgut deklarieren? Nein danke! Das denken nicht nur ich und Gleichaltrige. Knapp die Hälfte aller Arbeitnehmer wünscht sich flexible Arbeitszeiten, genauso viele kürzere. Für mehr Freizeit würden viele Arbeitnehmer sogar auf Geld verzichten. Das beweist unter anderem das Beispiel der Post, die ihre Angestellten zwischen fünf Prozent mehr Lohn oder 102 zusätzlichen Urlaubsstunden wählen ließ. Nur 14,5 Prozent ihrer gesamten Belegschaft entschieden sich für das Geld.  

Klar stellen die neuen Wünsche Chefinnen und Chefs vor Herausforderungen – die Arbeit muss ja trotzdem erledigt werden. Aber nichts zu ändern ist definitiv keine Lösung in einer Zeit, in der sich der War for Talent zuspitzt. Keswani sollte der Generation Z also eher danken, dass sie ihm einen Denkanstoß gegeben hat, bevor er als einer der letzten Chefs Deutschlands an starren Arbeitszeiten festhält – und sich selbst der Chance beraubt, gute Mitarbeiter für sein Unternehmen zu gewinnen.

Runter vom hohen Ross, Generation Z!

Jetzt wo das gesagt ist, sollte der Blick aber auch in die andere Richtung gehen. Wir, die Generation Z, müssen nämlich mithelfen, damit der Generationswechsel klappt. Wir leben im Luxus, den unsere Eltern geschaffen haben. Darauf können wir uns nicht einfach ausruhen und sagen, „Hier sind wir, Chefs, kümmert euch mal darum, dass es uns gut geht”. Selbst wenn unsere Wünsche nach genügend Freizeit, Mitspracherecht und guter Bezahlung berechtigt sind: Das alles werden wir nicht von heute auf morgen bekommen. Wie alle Generationen zuvor müssen wir uns erst beweisen.

Lasst uns also nicht die Berufsanfänger sein, von denen Keswani spricht – die, die nur das Nötigste tun und trotz enger Auftragslage grundlos auf minutiös pünktlichem Feierabend bestehen. Nicht diejenigen, die die Chefin mit einem Riesenberg Arbeit sitzen lassen und dann fröhlich zum Sport marschieren. Lasst uns stattdessen lieber der Arbeitswelt zeigen, dass wir gar nicht so übel sind wie ein gewisser Hamburger Gründer behauptet. Dann müssen Chefinnen und Chefs wie er auch nicht mehr so viel Panik vor den anderen Generation-Zlern haben, die da kommen.


Bild: Getty Images / Westend61