Das Gigaset GS185

Zuletzt war es schon ein Naturgesetz: Smartphones müssen in China gebaut werden. Sonst werden sie zu teuer. Das gilt für Apple genauso wie für Samsung und Huawei. In China ist nicht nur die Arbeit billig, auch die Zulieferer sind dort in der Nähe. Wer anders denkt, musste bisher irgendwann klein beigeben.

Gigaset will sich diesem Gesetz nun widersetzen – zum Teil zumindest. „Wir bewegen als erster Hersteller die Smartphone-Produktion nach Deutschland“, sagt Gigaset-Manager Raphael Dörr. Künftig soll das neue Modell Gigaset GS185 aus einer Fabrik in Bocholt kommen.

Das Smartphone unterscheidet sich nicht maßgeblich von seinen Konkurrenten aus Asien: 5,5 Zoll Display, 13-Megapixel-Kamera, Fingerabdruckscanner und das neuste Betriebssystem Android 8.1. In Deutschland soll es für knapp 180 Euro verkauft werden.

„Damit sind wir auch nicht teurer als Geräte, die in Asien gefertigt werden“, sagt Dörr. Der Grund dafür liegt in der Automatisierung. Zwar muss das Smartphone aus 30 Einzelteilen gesteckt, verschraubt und geklebt werden. Doch 70 Prozent der Arbeit erledigen Maschinen.

Marktführer bei schnurlosen DECT-Telefonen

Gigaset hofft, mit dem Argument „Made in Germany“ neue Käufer in Deutschland und Europa gewinnen zu können. Da sich technisch und optisch die Smartphones auf dem Markt kaum unterscheiden würden, könnte das zu einem Kaufgrund werden, so die Hoffnung.

Im Smartphone-Markt spielt Gigaset nur eine kleine Rolle und wird in den Ranglisten der großen Marktforscher IDC und Gartner unter „Sonstige“ geführt. Das Unternehmen ist in Europa Marktführer bei schnurlosen DECT-Telefonen. Gigaset beschäftigt etwa 900 Mitarbeiter und verkauft seit einigen Jahren auch Smartphones.

Auch künftig werden die meisten Gigaset-Smartphones in China gefertigt. Mit dem GS185 tastet sich der Hersteller vorsichtig vor. Wöchentlich könnte das Unternehmen 6000 Geräte in Bocholt produzieren. Die Fertigungslinie wird von höchstens acht Mitarbeitern besetzt, die – bei genug Nachfrage – in drei Schichten arbeiten könnten.

Lest auch

„Unser Ziel ist es aktuell nicht, das gesamte Portfolio in Deutschland zu produzieren“, sagt Andreas Merker, Leiter Mobile Devices bei Gigaset. „Wir werden abwarten, ob das Alleinstellungsmerkmal des GS185 auch in Deutschland für Interesse bei den Kunden sorgen wird.“ International gebe es bereits jetzt ein großes Interesse an dem neuen Alleinstellungsmerkmal.

Etwa zehn Jahre keine Smartphones mehr produziert

Gigaset will nach eigenen Angaben auch von der Nähe zu seinen Kunden profitieren. So könnten Unternehmen bei einer Bestellung von höheren Stückzahlen auch Wünsche angeben, beispielsweise beim Bedrucken des Gehäuses. Außerdem würden defekte Geräte im Reparaturfall nach drei bis fünf Tagen wieder beim Nutzer eintreffen.

Pappe und Papier für die Betriebsanleitung, Etiketten und Verpackung sollen von lokalen Lieferanten bezogen werden, was wiederum die Umwelt entlaste. Darüber hinaus soll die Smartphone-Produktion die Arbeitsplätze in Bocholt sichern, wo derzeit etwa 550 Personen beschäftigt sind, unter anderem mit der Herstellung von DECT-Telefonen.

In Deutschland werden seit etwa zehn Jahren keine Smartphones mehr produziert. Zuletzt hatte Nokia sein Werk in Bochum Mitte 2008 geschlossen. Dort waren 2300 Mitarbeiter beschäftigt. Davor gab auch BenQ in Deutschland auf, das Unternehmen hatte die Handy-Sparte von Siemens übernommen. Auch das US-Unternehmen Motorola hatte einst in Flensburg eine Handy-Produktion.

Mit Gigaset startet nun ausgerechnet ein Hersteller die Smartphone-Produktion in Deutschland, der zu einem großen Teil in chinesischer Hand ist. Der chinesische Investor Pan Sutong hält dem jüngsten Geschäftsbericht zufolge über seinen Goldin Fund knapp drei Viertel der Anteile an Gigaset.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Gigaset