Omio-Gründer Naren Shaam

Als Naren Shaam vor sieben Jahren nach Berlin zog, konnte er kein Wort Deutsch und hatte keinen einzigen Freund in der Stadt. Doch der gebürtige Inder wusste: Sein Startup würde in Berlin die besten Chancen haben. Ein Startup, an dessen Geschäftsmodell anfangs niemand glaubte. „Fast alle, die ich gefragt habe, fanden die Idee schlecht“, erzählt Shaam. Doch er hielt an der Vision fest und gründete schließlich alleine. 2013 ging GoEuro online, vor wenigen Wochen hat sich GoEuro in Omio umbenannt

Heute, sechs Jahre nach dem Start, ist Omio eine der höchst bewerteten Tech-Firmen Deutschlands und Naren Shaam einer der erfolgreichsten Gründer des Landes. Über Omio können Nutzer Transportmittel für In- und Auslandsreisen vergleichen und komplette Reiserouten buchen. 27 Millionen Nutzer hat Omio monatlich, mehr als 300 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen in Berlin, unter ihnen etwa 200 Entwickler. Finanziert mit rund 300 Millionen US-Dollar von einigen der größten Investoren, darunter Goldman Sachs, Kleiner Perkins Caufield & Byers, Kinnevik und Silver Lake, soll Omio mittlerweile knapp eine Milliarde US-Dollar wert sein. Naren Shaam kommentiert diese Gerüchte auf Nachfrage nicht.

„Ich habe schnell gemerkt, dass ich immer das Beste rausholen muss.“

Mit 18 Jahren zog der heute 37-Jährige aus seiner Heimatstadt Bangalore in Indien in die USA, um mit einem Stipendium an einem College in Tennessee Maschinenbau zu studieren. „Für meine Mutter war Bildung immer das Allerwichtigste“, erzählt Shaam. Noch heute mit mehr als 60 Jahren lerne sie neue Sprachen oder erwerbe weitere Zertifikate, beispielsweise als Yoga-Lehrerin. „In meiner Heimat ist es nicht selbstverständlich, dass man sich weiterbilden kann. Deswegen habe ich schnell gemerkt, dass ich immer das Beste aus allem rausholen muss, was mir geboten wird.“

Der Durst nach mehr Bildung und ein weiteres Stipendium brachten Shaam nach dem College und einem Job als Product Manager beim US-Konzern Cummins an die renommierte Harvard Business School. „Ich bin ein sehr analytischer Typ und gut in Mathe“, sagt Shaam. „Alles, was nicht logisch ist, fällt mir schwer.“ Auch Fächer wie beispielsweise Biologie oder Chemie, in denen er Formeln oder Namen auswendig lernen musste, hätten ihn in der Schule gelangweilt.

„Ich habe mich immer angestrengt, wollte aber nie zu dem besten ein Prozent gehören – weder in der Schule noch in der Uni“, lenkt der Gründer ein. „Die Zeit, die man dafür braucht, wollte ich lieber für Dinge nutzen, die ich gerne tue.“ Zu seinen Hobbys zählen seit seiner Kindheit Basketball, Schach und Malen. Einmal in der Woche geht der Gründer zum Joggen ins Fitnessstudio, seit eineinhalb Jahren lernt er Thai Chi, um sein „Gehirn aufzuräumen“.

Naren Shaam hat seinen Arbeitsalltag so strukturiert, dass ihm ausreichend Zeit bleibt, um Ideen zu entwickeln. „30 Prozent meines Kalenders ist frei, damit ich nachdenken kann“, sagt Shaam. Die restlichen Termine seien geblockt für die üblichen Aufgaben als Chef und Gründer. Insgesamt sechs Mitarbeiter von Omio würden direkt an ihn berichten, für jeden davon rechne er mindestens 10 Prozent seiner Arbeitszeit ein.

Gründen in Deutschland? „Es ist alles unglaublich hier!“

Die Idee für Omio entwickelt Shaam in den USA, aber für ihn war immer klar, dass eine Reiseplattform für Europa auch in Europa sitzen muss. Drei Städte kamen damals infrage: Stockholm, London und Berlin. Wegen der niedrigen Lebenshaltungskosten und der internationalen Einwohner fiel seine Wahl auf Berlin. „Als ich herkam, gab es nur ein paar Rocket-Startups und niemand wusste, wie sich die Szene entwickeln würde“, sagt Shaam. „Es war eine Wette. Heute entstehen hier mehrere Milliarden-Unternehmen.“ 

Mittlerweile hat Shaam ein großes Netzwerk in Berlin, auch seine Frau hat er hier kennengelernt. Noch heute wundert es ihn, dass viele Deutsche Angst davor haben, beruflich etwas zu wagen und ständig das Schlimmste befürchten. „In Deutschland kann man maximales Risiko eingehen, das System beschützt einen“, ist der Gründer überzeugt. „Vertraut mir: Es ist alles unglaublich hier! Man muss die Möglichkeiten nur wahrnehmen.“

Naren Shaam hat sich vorgenommen, sein Leben lang Risiko einzugehen, neugierig und optimistisch zu bleiben. Mit Rückschlägen könne er sehr gut umgehen, sagt er über sich selbst. „Aufgewachsen in Indien bin ich davon überzeugt, dass Glück von gutem Essen und positiver Energie kommt“, sagt er. „Deswegen verbringe ich gerne Zeit mit Menschen, die positiv denken.“

Nur ein Ziel hat der Gründer bislang nicht erreicht: Er kann immer noch kaum Deutsch sprechen.

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Bild: Omio