Jörg Binnenbrücker sprach vor wenigen Wochen auf der Digital18-Konferenz in Köln.

In der Startupszene kennt er sich aus. Jörg Binnenbrücker wurde vor 13 Jahren Investment Manager beim High-Tech Gründerfonds, verantwortete anschließend das Beteiligungsgeschäft des Kölner Medienhauses Dumont. 2012 gründete der Anwalt dann den Wagniskapitalfonds Capnamic Ventures. Zudem hat Binnenbrücker etwa in den Luxusuhren-Marktplatz Chronext oder die Mitarbeiter-App Staffbase investiert.

Bei Dumont Venture begleitete er Investments in Firmen wie Lieferando und Rebuy. Außerdem war Binnenbrücker bei zahllosen Pitches dabei. Capnamic erhalte rund 2.000 Business-Pläne pro Jahr, schätzt er. Nur zwischen vier und sechs Startup bekommen von dem VC jährlich den Zuschlag. Bei der Digital18 in Köln berichtete der Investor Anfang November von den größten Fuckups, die sich Startups aus seiner Sicht leisten. Was geht gar nicht, wenn man auf einen Deal aus ist? Was ist davor und danach wichtig? Wir haben die Ratschläge zusammengefasst.

Vor dem Pitch

1. Kalte Intros machen. Binnenbrücker sagt, es gehe meist schief, sich „kalt“, also völlig ohne Vorwarnung, etwa per Mail an Investoren heranzupirschen. Denn: Man falle da schon mal vom Schreibtisch. Er rät, lieber den Weg über Bekanntschaften und notfalls mehrere Ecken zu gehen.

2. Auf die falschen Kapitalgeber zugehen. Davon, dass die Chemie zwischen Investor und Gründer für ein erfolgreiches Startup stimmen muss, ist schon in der „Höhle der Löwen“ ständig die Rede. Auch für Binnenbrücker ist das der richtige Weg: Man solle sich vorab Unternehmen anschauen, in die der potenzielle Unterstützer schon eingestiegen ist. „Ihr braucht echte Kooperationspartner, die euch weiterentwickeln können“, meint er, und ergänzt: „Meistens haben die guten Investoren keine Anzüge an, reinen Bankern fehlt das wichtige Netzwerk. Die besten Geldgeber ticken zu 100 Prozent unternehmerisch.“

Mittendrin

3. Die Präsi gegen die Wand fahren. Binnenbrücker empfiehlt Unternehmern, auf Live-Demos zu verzichten und Investoren lieber ein Mock-up des fertigen Produkts vorzuführen. „In acht von zehn Fällen funktioniert die Live-Demo nicht“, schätzt er.

4. Den Techie vergessen. Ein WHU-ler gehöre zu jedem guten Startup dazu, witzelt Binnenbrücker, meint es aber ernst: Bei jedem Pitch müsse ein Mitarbeiter oder Mitgründer mit technischem Hintergrund dabei sein und für Rückfragen bereitstehen.

5. Lügen. Was für Unternehmenszahlen gilt, trifft auch auf scheinbar banale Informationen zu: Schönreden ist unschön. Und fliegt später meist sowieso auf. Einmal habe Binnenbrücker beim Pitch eines Gründers mit berühmtem Nachnamen gefragt, ob er einen bekannten Vater habe. Der Gründer habe verneint. Später sei dann herausgekommen, dass die Familienverhältnisse doch so waren wie von Binnenbrücker vermutet. „Ich will nicht mit Lügnern zusammenarbeiten, sondern mit Leuten, die loyal sind. Ihr glaubt nicht, wie viel Unsinn die Leute erzählen, wenn sie nach Geld fragen“, sagt der Investor.

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6. Versuchen, jemand anderes zu sein. Raus aus dem Anzug und rein in den Kapuzenpulli? „Du pitchst nicht gut, wenn du dich nicht wohlfühlst“, meint Binnenbrücker. Auch er trage am liebsten Turnschuhe und T-Shirt. Die vermeintliche Binsenweisheit „be yourself“ wiederholt er mehrfach. Für ihn ist sie eine der bedeutendsten Grundlagen für einen guten Pitch.

Wenn das Geld auf dem Konto ist

7. Die falschen Leute einstellen. Bei der Personalplanung hat der Investor eine strikte Meinung: „Hire slow, fire fast. Solltest du einmal denken, das ist nicht der oder die Richtige für den Job: Schmeiß ihn raus. Die kleinste Bazille kann ein Startup sehr, sehr schnell krank machen.“ Es sei ein Fehler, seine Mitarbeiter nicht sorgfältig genug auszuwählen. Die Fähigkeiten des Kandidaten müssten zum „sonstigen Setup“ des Unternehmens passen. 

8. Scheine verbrennen. Wenn Gründer ihr Geld scheinbar ziellos in den Wind blasen, sehen Investoren das nicht gerne. Auch Binnenbrücker ist kein Fan davon: „Ich mag Gründer, die einen Business Case verstanden haben und wissen, wofür sie ihr Geld ausgeben können.“ Internationalisierung und Wachstum sollte man im Zweifel lieber langsam als überstürzt angehen.

9. Die Unternehmenskultur vergessen. Startups fehlen meist die Mittel, ihren Mitarbeitern hohe Boni und Gehaltserhöhungen zu zahlen. Gleichzeitig machen sie oft Überstunden und müssen möglichst effizient arbeiten. Dafür müsse stimmen, was man seinen Mitarbeitern biete, gibt Binnenbrücker an. Eine gute Arbeitsatmosphäre könne ein finanzielles Minus kompensieren. Als Beispiel nennt er Corporate Events. Die bieten Startups ihren Angestellten bekanntlich gerne an, wenn Gehaltserhöhungen und Boni dafür entsprechend seltener vorkommen.

10. Nur auf den Exit hinarbeiten. Auf Biegen und Brechen versuchen, eine Firma für den späteren Verkauf hochzuziehen? Keine gute Voraussetzung für den nächsten Pitch, wie Binnenbrücker meint: „Wenn du eine Firma gründest, solltest du es mit einem Purpose machen. Eine Firma, die nachhaltig funktioniert und ein Problem löst. In der Regel scheitern die auf Exit getrimmten Unternehmen sehr schnell.“

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Bild: Elisabeth Neuhaus / Gründerszene