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Der Großteil der Deutschen gibt bis zu 100 Euro im Monat für den eigenen Hund oder die Katze aus.

Dieser Text erschien zuerst am 9. Juli 2020.

Ein Designer-Kratzbaum für 800 Euro zu Weihnachten und monatlich 37 Euro für die Hundeschule per App: Wenn es um ihre Haustiere geht, greifen Besitzer gern tiefer in die Tasche. Allein in Deutschland setzten Firmen im vergangenen Jahr 5,2 Milliarden Euro mit Futter, Spielzeug und Halsbändern um, errechnete der Industrieverband Heimtierbedarf. Tendenz steigend: Der Markt rund um Hunde, Katzen, Hamster und Co. wächst jährlich um bis zu fünf Prozent.

Mehr als die Hälfte der Deutschen will laut einer aktuellen Umfrage in diesem Sommer nicht verreisen. Genau der richtige Moment, um jetzt zum Pflanzenflüsterer zu werden oder sich gar ein Haustier zuzulegen? Die Gründerszene-Redaktion stellt in dieser Woche Startups vor, die den Sommer auf dem Balkon erleichtern und verschönern.

Nicht nur zahlreiche Startups haben das Potenzial erkannt, sondern auch Investoren. In den USA sammeln Entwickler von Gassi-Geh-Apps wie etwa Wag und Rover sowie Onlineshops für Tierzubehör, etwa Chewy, Hunderte Millionen Euro ein. Kapitalgeber wie Softbank, Blackrock und T. Rowe Price finanzieren das Wachstum der Startups. Im deutschsprachigen Raum sind die Investments allerdings noch zögerlich.

„Selbst während der Finanzkrise stiegen die Ausgaben für Haustiere“

Der digitale Hundetrainer Dogo bekam eine Frühfinanzierung über 850.000 Euro. In das Tracking-Halsband Tractive steckten Investoren innerhalb von acht Jahren insgesamt einen „niedrigen siebenstelligen Betrag“, so Mitgründer Michael Hurnaus zu Gründerszene. Auch die Trivago-Gründer gaben Kapital. Mit ihrer Gesellschaft Monkfish Equity ist das Team ebenfalls an der Gruppe Alphapet beteiligt, zu der der Onlineshop Hundeland.de gehört. Das Unternehmen sammelte Geld in zweistelliger Millionenhöhe ein. Auch das Familiy Office Reimann, das Flaconi-Gründerduo Paul Schwarzenholz und Björn Kolbmüller sowie Wefox-Investor Mountain Partners mischen am Markt mit.

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„Haustiere werden immer mehr zu Familienmitgliedern“, sagt Fondsmanager Andreas Fruschki. Er setzte mit Allianz Global Investors Anfang 2019 einen Fonds mit börsennotierten Unternehmen auf, deren Geschäftsmodelle auf Haus- und Nutztiere ausgerichtet sind. Der Vermögensverwalter hat den Trend erkannt. In Deutschland gibt es 34 Millionen Haustiere, überwiegend Katzen. Umfragen zufolge gibt der Großteil der Deutschen monatlich bis zu 100 Euro für seine Vierbeiner aus – egal, wie gut oder schlecht gefüllt die Haushaltskasse ist. „Selbst während der großen Finanzkrise stiegen die Ausgaben für Haustiere in den USA weiter“, so Fruschki.

Achtstelliger Umsatz mit GPS-Halsbändern

Der Berliner Food-VC Econa, der an dem Tierfutter-Shop Pets Deli und dem Klinikportal Tierarzt Plus Partner beteiligt ist, sieht mehrere Vorteile im Haustiermarkt. „Der Digitalisierungsgrad ist bislang noch rudimentär“, sagt Venture Partner Nikolaus Thomale im Gespräch mit Gründerszene. Davon könnten Startups mit ihren neuen Geschäftsmodellen profitieren. „Außerdem gibt es dort keinen Preiswettbewerb wie in anderen Märkten. Dort kann man mit qualitativ hochwertigen und hochpreisigen Produkten noch weit kommen.“

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Das Startup Tractive, dessen Anteilseigner Florian Gschwandtner seit diesem Jahr im Management sitzt, verkauft GPS-Tracker für Hunde und Katzen. Profitabel sind die Österreicher noch nicht, setzen aber Beträge in „gut zweistelliger“ Millionenhöhe um, wie Hurnaus kürzlich im OMR-Podcast erzählte. Im vergangenen Jahr wuchs der Halsbandanbieter nach eigenen Angaben um 70 Prozent, für 2020 prognostiziert Hurnaus ein geringeres Wachstum. Grund sei die Corona-Krise.

700 Prozent Umsatzwachstum

Die Münchner Gründerin Katharina Bickel hat ihre Marketing-Jobs bei Amazon und BMW gekündigt, um Katzenspielzeug und teure Kratzbäume zu entwerfen. Ihre Produkte lässt die Catlabs-Gründerin in München herstellen und verkauft diese im eigenen Onlineshop und bei DM. Für einen Kratzbaum verlangt Catlabs 800 Euro, ein Spielzeug kostet etwa zehn Euro. Wie viel das Startup umsetzt, will die Gründern nicht sagen. Nur so viel: Etwa 3.000 Katzen-Stoffpuppen verkaufe ihre Firma monatlich. Rein rechnerisch sind das allein 30.000 Euro Umsatz nur mit dem Catlabs-Spielzeug. „Für 2020 plane ich trotz der Corona-Effekte ein Umsatzwachstum von 700 Prozent“, sagt die Gründerin. 

Catlabs-Gründerin Katharina Bickel mit ihrem Kratzbaum.

Das Berliner Startup Kona Cave setzt ebenfalls auf wohlhabende Kunden: Die vier Jahre alte Firma bietet Designer-Betten für Vierbeiner an. Bevor die US-Amerikanerin Kristen Geldermann Kona Cave startete, hatte sie jahrelang bei der Luxusmarke Polo Ralph Lauren gearbeitet. Die Unternehmerin hat einen Business Angel an Bord, nach eigenen Angaben aber nur „einen kleinen Betrag“ bekommen. Wie viel ihre Firma umsetzt, will Geldermann gegenüber Gründerszene nicht sagen. Über ihre neue B2B-Marke Sleepy Fox habe sie im ersten Jahr „Tausende“ Tierbetten zum Preis von 130 Euro in Rechnung stellen können, schreibt sie. Demnach müsste sie mit einer von zwei Marken 2019 mindestens einen sechsstelligen Jahresumsatz erreicht haben.

Das norddeutsche Unternehmen Tales and Tails stellt Hundefutter für Allergiker her – ohne Zucker und Getreide. Der Markt für Tierfutter wächst laut des Heimtierverbands besonders stark. Seit dem Start 2018 habe man den Umsatz jährlich verdreifacht, schreibt Gründerin Stella Mohr. In diesem Jahr soll der Ertrag erstmals siebenstellig sein. Auf diesen Zug springen auch andere Anbieter auf: Die Berliner Firma Barfer’s Wellfood bekam beispielsweise eine Millionenfinanzierung für ihr Hundefutter aus rohem Fleisch. Die Duisburger von Futterzeit indes stellen Leckerli auf Insektenbasis her.

Erst insolvent, dann Wachstum

Auch wenn der Markt wächst, profitieren nicht alle Anbieter davon. Leinentausch, ein Hundesitter-Portal, das 2013 gegründet wurde, musste bereits nach zwei Jahren Insolvenz anmelden. Heute gehört die Marke zur Alphapet Gruppe.

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Das Tierfutter-Startup Pets Deli bekam 2016, drei Jahre nach dem Start, eine Millionenfinanzierung von Index, Project A und Rocket Internet. Die Berliner Firma wuchs kräftig, wurde immer bekannter. Bis Pets Deli 2017 in die Insolvenz schlitterte und der Betrieb unter dem neuem Eigentümer Econa fortgesetzt wurde. In einer Anschlussrunde im Mai hat der Berliner Foodspring-Investor noch einmal Geld nachgeschossen. Econa gehören nun 66 Prozent an Pets Deli. Der VC habe den Tierfuttershop seit der Übernahme mit einer „substanziellen Summe“ finanziert, heißt es von Econa. „Pets Deli steht heute signifikant besser da als vor der Insolvenz.“

Egal, ob ehemals angeschlagen oder absurd teures Produkt: Investoren stecken immer wieder Geld in den Haustiermarkt. Auch aus einem simplen Grund: Weil sie Hunde und Katzen mögen, wie etwa Paul Schwarzenholz zu Gründerszene sagte.

Bild: Hutch Axilrod / Getty Images
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