Im November 2019 kaufte Paypal das Unternehmen Honey.
Viele fragten sich: Warum zahlt Paypal einen so hohen Preis für Honey? 

Es war einer dieser Deals, der viele überraschte. „Wow! Das ist eine absolut verrückte Bewertung! Vier Milliarden für eine Browsererweiterung… übersehe ich da etwas?“, kommentierte etwa ein Leser des Magazins Techcrunch. Für diesen Milliardenbetrag hatte Paypal im vergangenen Herbst Honey gekauft. Ein US-Startup, das Rabattgutscheine für Online-Shopper sucht.

Das Unternehmen mit Sitz in Los Angeles war vor dem spektakulären Exit relativ unbekannt, es hatte von Wagniskapitalgebern gerade einmal 40 Millionen Dollar aufgenommen und gehörte nicht zum Kreis der Unicorns, also den Startups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar.

Dieser Artikel ist zuerst auf dem Finanzportal Finance Forward erschienen. Hier geht’s zu den Kollegen.

In der Startphase tat sich Honey noch schwer, Mitgründer Ryan Hudson arbeitete zwischenzeitlich zwei Jahre lang in einer anderen Firma, weil das Geld nicht für ihn reichte. Investoren konnten die Gründer damals von ihrer Geschäftsidee zuerst nicht überzeugen. Seine Angst sei immer gewesen, „es nicht zu verkacken“, weil Honey etwas besonders sei, sagte Hudson vor drei Jahren gegenüber Business Insider.

Ende des vergangenen Jahres war dann klar: Der Gründer hat es nicht verkackt, Paypal zahlte einen Milliardenbetrag für Honey. Eine Frage blieb jedoch offen: Warum zahlte der Payment-Konzern diesen hohen Preis? Bislang suchen 17 Millionen Kunden in den USA, Großbritannien, Kanada und Australien jeden Monat über Honey nach Deals. „Es muss eine Internationalisierung folgen“, sagt ein Branchenkenner zu Finance Forward. Paypal will das Rabatt-Produkt an seine 300 Millionen Kunden weltweit herantragen.

Deutschland ist dabei einer der wichtigsten Kandidaten für eine Expansion – und nach Recherchen von Finance Forward macht Honey bereits erste Tests, wie das Produkt bei deutschen Kunden ankommt.

Über Honey finden Nutzer etwa Amazon-Gutscheine 

Um sich in einem neuen Land zu etablieren, sind für das Startup zwei Schritte nötig: Zum einen muss es attraktive Rabatt-Angebote für den neuen Markt finden, denn es verdient an den Provisionen. Zum anderen ist geschicktes Marketing wichtig, denn Honey muss die Online-Shopper dazu bringen, eine Browsererweiterung des Unternehmens zu installieren. Damit können sie beim Einkauf nach Rabattcodes schauen. Wer beispielsweise auf Amazon einkauft, kann direkt erkennen, ob es bei Honey einen Gutschein gibt. Außerdem bietet das Startup ein Preistracking und ein Rabattprogramm, mit dem sich Punkte beim Einkaufen sammeln lassen.

Auf dem Heimatmarkt investiert Honey seit Jahren massiv in Werbung. Im vergangenen Jahr ging es zum Beispiel eine Partnerschaft mit dem Basketballclub L.A. Clippers ein, die die Unternehmenspräsidentin Joanne Bradford stolz verkündete. Unternehmen setzen allerdings oft erst auf ein solches Sportsponsoring, wenn sie bereits eine starke Werbepräsenz im Internet haben, vor allem bei Google und Facebook.

Und genau auf Facebook hat Honey in den vergangenen Wochen verstärkt Werbung für deutsche Kunden geschaltet. In der Anzeige auf Facebook hat das Startup einen Artikel verlinkt, der erst einmal die Funktionsweise der Rabattplattform für die potentiellen Nutzer erklärt – und in der Überschrift „Paypal Just Paid $4 Billion To Save You More Money“ mit dem hohen Kaufpreis kokettiert.

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Bislang sind die Anzeigen noch auf Englisch, doch in dem Werbeartikel führt Honey mehrere deutsche Unternehmen als Rabattbeispiele an, darunter Buchhändler Thalia und Merchandise-Versand EMP. Es stellt sich also die Frage: Warum wirbt Honey in Deutschland? Paypal will sich dazu nicht äußern. Aus dem Unternehmensumfeld heißt es, bei der Facebook-Werbung handele es sich um frühe Tests von Marketingkanälen. Ein Marktstart stehe in den kommenden Monaten noch nicht bevor. Klar sei aber auch: Eine Expansion wird kommen, es ist nur eine Frage der Zeit. Schließlich will der Payment-Konzern nach dem Zukauf seine große und globale Kundenbasis ausspielen.

Eine Auswertung von Finance Forward zeigt derweil, dass Deutschland deutlich stärker im Fokus steht als andere europäische Länder: Während Honey dort nur wenige Facebook-Anzeigen schaltet, ist es in Deutschland deutlich aktiver – abgesehen von Großbritannien, wo das Startup bereits aktiv ist.

Leicht wird die Expansion von Honey für den US-Konzern unterdessen nicht. „Paypal hatte immer ein klares Playbook“, wie es neue Produkte aus dem Heimatmarkt überall auf der Welt einführte, sagt ein Brancheninsider. Es richtete sich mit den neuen Angeboten an die Kunden des Marktplatzes Ebay. Als Tochterunternehmen war Paypal mit dem Unternehmen eng verbunden. Seit einigen Jahren ist Paypal mittlerweile eigenständig – und dieser Weg fällt weg. Hinzukommen würden die Schwerfälligkeiten einer großen Organisation, die eine reibungslose Expansion erschwere, so der Experte. Der deutsche Markt wird also zur Bewährungsprobe für den teuren Zukauf.

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