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Er wollte ein Umweltschutz-Startup gründen, dann aber wurde Ronny Rentner gefragt, ob er bei Planetly mitmachen möchte. 

Ronny Rentner war jahrelang der Chief Technology Officer von Rocket Internet, 200 Entwickler führte er zwischenzeitlich. Gemeinsam mit seinem Team baute er Produkte für die wichtigsten Firmen, die der Inkubator auf den Markt gebracht hat: beispielsweise Foodora, Hellofresh oder Helpling.

Zuletzt arbeiteten nur noch etwa 30 Personen im Tech-Team. Auch die Zahl der Rocket-Ausgründungen hat sich in den vergangenen Jahren verringert.

Für Rentner kam Ende Dezember daher der Moment, Rocket Internet nach acht Jahren zu verlassen. Am 1. Juni hat der 39-Jährige als CTO und Mitgründer beim Klimaschutz-Startup Planetly angefangen, wie Gründerszene exklusiv erfuhr. Planetly ist das neue Startup der Outfittery-Macherin Anna Alex und Helpling-Mitgründer Benedikt Franke – beide ehemalige Rocket-Kollegen. Das Tool errechnet den CO2-Fußabdruck von Unternehmen und gibt Tipps, wie dieser verringert beziehungsweise kompensiert werden kann. Kunden zahlen dafür eine monatliche Gebühr an die Firma, wovon ein Teil an Klimaschutzprojekte gespendet wird.

Im Interview mit Gründerszene spricht der CTO über seinen Abgang bei Rocket Internet und welche Herausforderungen ihn bei Planetly erwarten.

Ronny, du hast Rocket Internet zum Jahreswechsel verlassen. Wie kam es zu deinem Ausstieg?

Ich hatte das Gefühl, bei Rocket alles gesehen zu haben und jetzt was Neues machen zu wollen. Als ich bei Rocket anfing, war ich 30, und seitdem habe ich mich persönlich weiterentwickelt. Daher habe ich mich Ende vergangenen Jahres für ein Sabbatical entschieden, um einfach mal den Kopf freizukriegen. Ich hatte mir fest vorgenommen, mehrere Monate zu reisen und bis zum Ende meiner Auszeit keine Entscheidung darüber zu treffen, in welche Richtung es gehen soll. Und dann kam Corona und hat alles über den Haufen geworfen.

Und warum bist du dann ausgerechnet bei Planetly eingestiegen?

Dass ich bei Rocket raus bin, hatte sich schneller herumgesprochen, als ich dachte. Und so kam Benedikt Franke auf mich zu und hat von Planetly erzählt. Ich hatte bis dahin viel über ein B2C-Modell mit dem Thema Umweltbewusstsein und CO2-Reduzierung nachgedacht. Die Geschäftsidee hat sich also ganz gut mit meinen Gedankengängen gedeckt.

Der Programmierer startete seine Karriere bei dem Berliner Inkubator Ende 2011 und stieg kurz darauf zum CTO auf. Von 2014 bis 2016 übernahm der heutige Technikchef von Delivery Hero, Christian Hardenberg, die Position. Rentner bekamt währenddessen den Titel Senior Vice President Engineering, bevor er wieder ins Management gerufen wurde.

Du bist nicht nur CTO von Planetly, sondern auch Co-Founder.

Für mich war klar, dass ich was Eigenes machen und nach Rocket nicht wieder in ein neues Anstellungsverhältnis will.

Bei Rocket standest du als CTO immer im Schatten von Oliver Samwer, jetzt trittst du als Mitgründer in den Vordergrund. Wie ist das für dich?

Ich hatte bei Rocket Internet keine Rolle nach außen, das stimmt. Bei Planetly wird das auch eher Anna Alex sein, und ich kümmere mich weiterhin primär um Technik. 

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Wie war denn der Abschied von Oli Samwer?

Wir hatten nicht so viele intensive Berührungspunkte. Er hat mir bei der Technologie vertraut und deswegen gab es gar nicht so die Notwendigkeit, ständig in Austausch zu stehen. Ich habe ihm gesagt, dass es eine tolle Zeit war und ich auch gerne mit ihm zusammengearbeitet habe.

Gute Entwickler zu finden ist nicht leicht. Viele Startups stellen daher Programmierer im Ausland ein. Wie gehst du da vor?

Hubs im Ausland zu eröffnen ist eine Option in der Zukunft, um zu skalieren. Erstmal wollen wir aber in Berlin bleiben, und ich werde auch Leute aus meinem Netzwerk ansprechen. Rocket wurde ja immer sehr kritisch gesehen, Planetly ist hingegen ein sehr positives Thema. Daher haben wir das Luxusproblem, dass sich viele gute Leute bewerben, weil sie Klimaschutz gut finden.

Mit Benedikt Franke arbeitete Ronny Rentner 2014 gemeinsam an der Software des Putz-Startups Helpling. Anna Alex kannte der Rocket-CTO bislang nicht persönlich. Sie war 2010 für ein Jahr bei Rocket Internet, bevor sie das Mode-Abo Outfittery gründete.

Wie war das Entwicklerteam bei Rocket Internet aufgebaut?

Das Grundprinzip war immer, mit Rocket die Ventures operativ zu unterstützen. Die Programmierer waren in Teams eingeteilt, die daran gearbeitet haben, die Ventures auf eigene Beine zu stellen und nach dem Start an ein permanentes Team zu übergeben. Bei Rocket hatte ich damals den Vorteil, dass ich ein fertiges, eingearbeitetes Team hatte, das sich schon kannte. So konnten wir schneller einen MVP auf den Markt bringen. Ganz anders als jetzt bei Planetly, wo ich erst einmal eigene Programmierer einstellen und mich mit ihnen auf eine Programmiersprache und Tools einigen muss. Ich habe nicht mehr zehn Teams und zehn Projekte, sondern eines und kann nun auch selber wieder mit programmieren. Das hat mir bei Rocket gefehlt.

Als CTO hast du dich vor allem um die Organisation gekümmert. Kannst du überhaupt noch programmieren?

In meiner Freizeit mache ich das manchmal noch. Ich bin in der Sache schon ein bisschen nerdig. Sobald wir wachsen, werde ich das aber auch nicht mehr machen. 

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Von ehemaligen Rocket-Mitarbeitern gibt es Kritik, dass das Entwicklerteam nicht die Expertise hätte, um gute Software zu bauen. Was sagst du dazu?

Wir hatten natürlich schon diverse Konflikte. Es gibt Sachen, die haben wir besser und welche, die haben wir schlechter umgesetzt, aber das Meiste natürlich gut. Hellofresh hatte sein Backend zum Beispiel vom ersten Tag bis zum IPO, also sechs Jahre. Darauf bin ich schon stolz. Am Ende haben wir es immer geschafft, pünktlich live zu gehen und den 100-Tage-Plan einzuhalten.

Rocket Internet ist bekannt für seine schlechte Unternehmenskultur. Ist die Kultur etwas, worauf du bei Planetly wert legen wirst?

Wir hatten innerhalb der Firma immer ein anderes Bild, als es von außen ausgesehen haben muss. Außerdem muss man immer noch zwischen Business und Programmierern unterscheiden. In meiner Abteilung hatten wir eine ganz gute Kultur und waren bemüht, Maßnahmen von US-Vorbildern umzusetzen: Wir hatten 20-Prozent-Projekte wie bei Google (Anm.d.R.: Ein Fünftel ihrer Arbeitszeit können Mitarbeiter nutzen, um persönliche Projekte bei Google voranzutreiben, die nichts mit ihren Aufgaben zu tun haben. So ist zum Beispiel das Mail-Programm GMail enstanden.), Konferenz- und Lernbudgets, regelmäßige Feedbackgespräche und sehr gute Scrum-Prozesse entwickelt. Das war sicherlich eine leistungsgetriebene Kultur, die nicht jedem passt, aber die Entwickler konnten viel lernen. Definitiv werden wir jetzt bei Planetly viele Sachen anders machen. Meine Kollegen und ich übergeben die Projekte ja nicht mehr nach einem halben Jahr an ein anderes Team, sondern bauen das auch langfristig selbst auf – was ich ganz toll finde.

Bild: Ronny Rentner
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