Selfapy-Gründerin Nora Blum hat Wagniskapital von der IBB erhalten.

Regionale Förderbanken sind vor allem für junge Startups auf der Suche nach Seed-Investoren eine erste und oft auch einzige Anlaufstelle. Die größte Einrichtung dieser Art in Deutschland ist die Investitionsbank Berlin (IBB). Sie hat nun ihren Jahresbericht vorgelegt und wagt einen positiven Ausblick aufs Jahr 2018.

Die IBB hat sich im vergangenen Jahr mit einem Volumen von 10,9 Millionen Euro an 36 Startups beteiligt. Das sind vier Millionen Euro weniger als im Vorjahr. IBB-Chef Jürgen Allerkamp bezeichnete diesen Trend als „Rückkehr auf Normalniveau“. Das „Normalniveau“ der zurückliegenden Jahre beläuft sich laut Allerkamp auf Investitionsrunden in Höhe von acht bis zwölf Millionen Euro.

Die IBB tritt stets als Co-Investor auf, sucht sich Partner im privaten VC-Markt. So kamen zu den aus öffentlichen Mitteln investierten 10,9 Millionen Euro insgesamt 63 Millionen Euro von privaten Finanzierungspartnern hinzu.

Neun der 36 Finanzierungsrunden gingen an neue Portfolio-Unternehmen: darunter das Therapieportal Selfapy, die Pflege-App Media4Care, das Logistik-Unternehmen Fliit, die Essensmarken-App Lunchio, das Prop-Tech-Startup Wunderflats, die Model-Vermittlung Inselberg sowie die InsurTechs GetSurance und Dentolo.

Für Selfapy-Gründerin Nora Blum ist mit der Wahl der IBB zufrieden: „Ein öffentlicher Investor hilft bei der Akquise von Krankenkassen und Versicherungen.“ Ihre Platform bietet psychologische Hilfe bei Depression, Angststörungen und Burnout an. Das Portal bietet verhaltenstherapeutische Trainingsmodule zur Selbsthilfe, einen Stimmungs-Tracker sowie Beratung am Telefon und Chat.

Ähnlich sieht das auch Marc Aurel Engels, Gründer von MediaCare. Er hat ein Tablet-basiertes Assistenzsystem für die Pflege von Demenzkranken entwickelt. Der Partner-VC passe perfekt zu seinem Unternehmen.  

Viel Geld für Wachstumsunternehmen

IBB-Geschäftsführer Roger Bendisch bezeichnete die höheren Investitionssummen im vergangenen und vorletzten Jahr mit einem stärkeren Finanzierungsbedarf für Portfolio-Unternehmen in der Wachstumsphase: darunter Babbel, Thermondo und Outfittery.

Grundsätzlich hat sich die Finanzierungssituation für Startups in Berlin verbessert, wie Bendisch sagte. Noch vor wenigen Jahren sei es schwierig gewesen, einen Investor für 400.000 Euro zu finden. Heute gebe es Investorenanfragen für die Beteiligung an achtstelligen Finanzierungsrunden. „Es ist extrem viel Geld im Markt.“ Dennoch habe die große Masse der Gründer Probleme, Investoren zu finden. „Der VC-Markt geht sehr selektiv vor.“

Ähnlich sieht das auch der IBB-Chef, der ein Fondsvolumen von 80 Millionen Euro für die Jahre 2015–2020 verwaltet: „Die Verhältnisse haben sich gedreht“, sagte Allerkamp. Früher seien Gründer den Investoren aus dem Valley hinterhergelaufen. Jetzt laufen die Investoren den Gründern nach.“ 

Die Investitionsstrategie der IBB scheint sich zu bewähren. Seit 2014 ist die Zahl der Arbeitsplätze in den Portfoliounternehmen um ein Drittel auf 2958 gestiegen. Der Umsatz der Startups hat sich auf 554 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Drei Portfolio-Unternehmen gelang im vergangenen Jahr ein Exit: dem Medizintechnik-Startup Scopis (an Stryker), der Videoplattform Moviepilot (an Webedia) und dem Geothermie-Startup Geo.en (an Gasag).

Ihren Start in das Jahr 2018 bezeichnet die IBB als „vielversprechend“. Es gebe bereits eine neue Beteiligung und zwölf Finanzierungsrunden.

Bild: Selfapy