Sind großzügig finanziert – auch aus dem Ausland: Daniel Krauss und Jochen Engert (links) von Flixbus, Max Tayenthal und Valentin Stalf von N26.
Ihre Firmen sind großzügig finanziert – auch aus dem Ausland: Daniel Krauss und Jochen Engert (links) von Flixbus, Max Tayenthal und Valentin Stalf von N26.

Die Chancen stehen gut, dass 2020 für Daniel Krauss und André Schwämmlein ein erfolgreiches Jahr wird. Die beiden Gründer aus München sind Chefs des Unternehmens Flixmobility, das mit seinem Flixbussen und Flixtrains im vergangenen Jahr 62 Millionen Kunden befördert hat.

Krauss zählt zu den Finalisten des „German Startup Awards“, der am Donnerstag in Berlin verliehen wird. Und selbst wenn er bei dem Wettbewerb leer ausgehen sollte, hat sein Unternehmen derzeit genug Rückenwind, um auch in diesem Jahr kräftig zu wachsen. Vor allem finanziell: 560 Millionen Dollar hat Flixmobility im vergangenen Jahr an frischem Kapital bei Investoren eingesammelt. Mehr als jedes andere deutsche Startup.

Flixmobility steht damit für zwei Trends in der Szene, die sich im vergangenen Jahr deutlich verstärkt haben: Große deutsche Startups erhalten immer üppigere Kapitalgaben von Investoren – und das Geld kommt vor allem aus dem Ausland. Diese Trends zeigt auch eine neue Studie des Beratungsunternehmens EY, die Welt vorliegt. Flixmobility führt demnach die Rangliste der größten Finanzierungsrunden 2019 an, vor dem Stadttouren-Vermittler Getyourguide, der 484 Millionen Dollar eingesammelt hat, und der Digitalbank N26 (470 Millionen Dollar).

Ausländische Investoren dominieren das Feld

In der Rangliste der größten Kapitaleintreiber seit Unternehmensgründung steigt Flixmobility damit auf Rang vier auf. Angeführt wird diese Liste vom Auto-Plattformbetreiber Auto1 Group, der seit seiner Gründung im Jahr 2012 laut EY 1,084 Milliarden Dollar eingesammelt hat. Die Unternehmen an der Spitze der Liste sind allesamt Unicorns: Sie sind mehr als eine Milliarde Euro wert.

Bei Finanzierungsrunden in diesen Größenordnungen dominieren ausländische Investoren das Feld. „Das zeigt zum einen die Attraktivität unserer Startups – auch im internationalen Vergleich – aber das zeigt auch, dass wir nicht in der Lage sind, solche Finanzierungsrunden aus Deutschland heraus zu stemmen“, heißt es beim Bundesverband Deutsche Startups. Die EY-Studie bestätigt das.

Flixmobility etwa erhielt die Millionen von den Private-Equity-Investoren Permira und TVC, Getyourguide hat Kapital von Softbank erhalten, bei N26 hat Insight Partners zuletzt investiert. „Dass so viel Kapital aus den USA und Asien nach Deutschland fließt, ist ein gutes Zeichen“, sagt Thomas Prüver, Partner bei EY und Autor der Studie. „Wenn die Unternehmen aber letztlich fast zur Hälfte ins Ausland verkauft werden, stellt sich die politische Frage, ob man diesen Abfluss von Know-how wirklich will.“

Die deutschen Fonds sind zu klein 

Noch sind die deutschen Investoren kaum in der Lage, diesem Ausverkauf reifer Startups etwas entgegenzusetzen. Zwar wurden im vergangenen Jahr mehrere für hiesige Verhältnisse sehr große Risikokapital-Fonds aufgelegt. Doch deren Volumen reicht in den seltensten Fällen aus für Finanzierungen im dreistelligen Millionenbereich. Aus der EY-Liste der größten neuen Fonds sticht hierzulande Rocket Capital Partners II von Rocket Internet hervor, mit einem Volumen von einer Milliarde Euro.

Alle anderen deutschen Neugründungen bewegen sich bei Volumen deutlich darunter. Auf Platz zwei rangieren Indivest Partners (Digital Fund III) und der Growth Fund II von Deutsche Telekon Capital Partners mit jeweils 350 Millionen Dollar Fondsvermögen. Gegen den Schwedischen EQT Venture II Fonds mit 739 Millionen Dollar und den European VC Fund (700 Millionen) von Lakestar aus der Schweiz ist das relativ klein. Bei großen Kapitalrunden haben selbst solche Fonds Finanzinvestoren wie Permira wenig entgegenzusetzen, die auch Investitionen im Milliardenbereich stemmen können.

Dennoch würden größere inländische Geldtöpfe die Finanzierungslandschaft verändern. „Wir müssen es unbedingt schaffen, das eigentlich zur Genüge vorhandene deutsche private Kapital für die Anlageklasse Wagniskapital zu mobilisieren“, fordert der Verband. Auch Berater Prüver sagt: „Wir bräuchten in Deutschland größere Venture Capital Fonds.“ Ein staatlicher Fonds, wie er gerade in Frankreich aufgebaut wird, könne da helfen. Er könnte die Mittel privater Geldgeber aufstocken und so größere Finanzierungen ermöglichen. Der Startup-Verband hofft auf den „Zukunftsfonds Deutschland“, an dem die Bundesregierung seit Monaten arbeitet.

Sollte der Fonds nicht kommen, oder zu klein ausfallen, könnte sich das langfristig rächen: Wenn die aus hiesigen Startups gewachsenen Unternehmen von ausländischen Konzernen übernommen werden, statt an der Börse im Inland notiert zu sein. Bei Flixbus jedenfalls ist ein Börsengang, an den die Gründer für dieses Jahr einmal gedacht hatten, nach dem Einstieg der Finanzinvestoren vorerst vom Tisch.

Dieser Text erschien zuerst bei Welt.de.

Bilder: N26 / Flixmobility