Gründer und CEO Alessio Avellan Borgmeyer im Jodel-Büro in Berlin

Wenn Alessio Avellan Borgmeyer über sein Produkt spricht, redet er oft vom „lokalen digitalen Raum“. Was er meint: Dass man zwar über eine App kommuniziert, aber eben mit Menschen aus seiner direkten Umgebung, denen man im nächsten Moment auch auf der Straße begegnen könnte. Auf Avellan Borgmeyers Plattform Jodel tun das vor allem Studenten, aber auch immer mehr Schüler und sogenannte Young Professionals. Für alle in einem Umkreis von zehn Kilometern sichtbar, aber ohne öffentliches Profil. Mit ihnen allen will das Startup nun Geld verdienen.

Jodel hat begonnen, Werbung zu schalten – zunächst beschränkt auf den Bilder-Feed der App und bislang nur für zwei Unternehmen, Spotify und Sky Deutschland, die mit Angeboten werben. Weitere Marken sollen folgen. Die recht junge und wenig kaufkräftige Zielgruppe sei dabei kein Problem, sagt CEO Avellan Borgmeyer im Gespräch, eher im Gegenteil: „Studenten sind eine der interessantesten Werbezielgruppen, weil sich in dieser Lebensphase meistens herausbildet, welche Marken der Mensch in Zukunft benutzen wird.“ Die App werde aber nicht plötzlich mit Anzeigen gepflastert, verspricht COO Tim Schmitz. „Wir haben für das jetzige Format ein Limit gesetzt: Ein Nutzer darf nicht mehr als eine Werbung pro 24 Stunden zu sehen bekommen.“ 

Gleichzeitig führt Jodel sogenannte Channels ein, in denen sich Nutzer nicht mehr nur standortbezogen, sondern auch nach Interessen austauschen können. „Immer mehr Leute fangen an zu jodeln, aber sie sind natürlich innerhalb einer Gegend nicht alle gleich, sondern haben unterschiedliche Interessen“, begründet Avellan Borgmeyer den Schritt. In der App hätten sich mit der Zeit „Sub-Communitys“ gebildet, sagt Schmitz. „Junge Mütter und Väter tauschen sich aus, wo ihre Kinder in die Kita gehen. Fitness-Leute teilen, wo sie gesundes Essen in Berlin finden. In einem einzigen Feed kannst Du diese Diversität nicht richtig abbilden.“ Früher sei es um den „größten gemeinsamen Nenner“ gegangen, etwa den eigenen Campus, ergänzt Avellan Borgmeyer. Aber da auch immer mehr Nichtstudenten Jodel nutzen würden, reiche das nicht mehr aus.

Drei Klicks bis zur Super-Reichweite

Nach dem Willen der App-Macher soll im Hyperlokalen künftig nicht nur diskutiert, sondern auch geworben werden. „Jeder Nutzer soll mit zwei bis drei Klicks eine super Reichweite in seiner Umgebung bekommen können“, sagt Schmitz. Geplant ist eine Art Selbstbuchungs-Tool, mit dem man aus der App heraus Anzeigen schalten kann – egal, ob man den eigenen Foodtruck in der Nachbarschaft pushen möchte oder sein Portemonnaie verloren hat. „Wir bekommen viele Anfragen von Leuten, die aktuell noch gar keine digitale Werbung schalten, weil sie keine Verbindung sehen zwischen den Leuten in ihrer Umgebung und der digitalen Welt“, sagt Avellan Borgmeyer. Das wolle Jodel ändern. Zu den Preisen äußern sich die Macher noch nicht.

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Über seine Nutzerzahlen schweigt das Startup weiterhin. Berechnungen von Online Marketing Rockstars zur potenziellen Reichweite dementiert Jodel. Nur soviel: Allein in Deutschland habe man bereits monatlich aktive User im siebenstelligen Bereich. Die stärksten Märkte der App sind demnach neben der DACH-Region die nordischen Länder – und Saudi-Arabien. „Unsere Kernfeatures – der Standortbezug und dass wir keine öffentlichen Profile haben – sind einfach sehr naheliegend für diesen Markt“, sagt Schmitz. „Zum Beispiel, weil in Saudi-Arabien offline auf der Straße Männer und Frauen strikt getrennt sind, online in der App aber alle gemeinsam am Start sein können.“

Als Hauptkonkurrenten sieht Gründer Avellan Borgmeyer Portale wie Nextdoor und Nebenan.de. Wobei die Herangehensweise eine andere sei: „Unser Fokus ist die Leichtigkeit, dass der Austausch einfach ist und Spaß macht, während die anderen Plattformen eher nüchterne Anwendungsmöglichkeiten für ältere Nutzer bieten.“ Kapital für seine Vision vom„lokalen digitalen Raum“ bekam Jodel zuletzt aus dem Silicon Valley. Auch ein Social-Media-Urgestein beteiligte sich an der Sechs-Millionen-Dollar-Runde: Adam D’Angelo, Gründer des Fragen-Netzwerks Quora – und erster CTO von Facebook.

Bild: Jodel