Arbeitete erst bei einem Rocket-Venture, gründete dann selbst: Jurato-CEO Philipp von Bülow

Der Legaltech-Markt ist breitgefächert. Es gibt Startups, die sich auf ein Rechtsgebiet spezialisiert haben, zum Beispiel das Fluggast- oder Mietrecht. Andere Startups vermitteln potenzielle Mandanten in sämtlichen Rechtsfragen an passende Juristen.

Zu den Generalisten zählt auch Jurato. Über die Plattform des Berliner Legal-Startups können Privatleute Rechtsprobleme schildern und Angebote von Anwälten einholen. Anschließend können sie eine Beratung – per Online- oder Video-Chat – zu einem vorab sichtbaren Festpreis buchen. Seit 2015 bietet Jurato auch ein Abo-Modell zur Rechtsberatung für kleine Unternehmen an. Die Anwälte zahlen für die Nutzung der Software und pro vermitteltem Mandat eine Gebühr an Jurato.

Fast fünf Jahre nach der Gründung gibt Jurato nun den Exit bekannt. Der Betreiber des Online-Rechtnetzwerks Anwalt.de, die Anwalt.de Services AG aus Nürnberg, übernimmt 100 Prozent der Anteile des Berliner Startups. Über die Höhe der Kaufsumme wollen beide Unternehmen keine Auskunft geben.

Der neue Besitzer dürfte besonders an der Software interessiert sein, auf der die Jurato-Plattform basiert. Zwar lassen sich über Anwalt.de auch Produkte wie Beratungen buchen, auf der Seite sind aber in erster Linie Kanzleiprofile und Rechtsinformationen zu finden. Das Unternehmen spricht von knapp 20.000 Profilen. Online bezahlt und verwaltet wie bei Jurato werden die Fälle dort nicht. Bei dieser Aufteilung soll es vorerst auch bleiben: Die Marke Jurato sowie die dahinterstehende GmbH werden fortgeführt, wie Jurato-CEO Philipp von Bülow auf Nachfrage von Gründerszene bestätigt.

Für den Nutzer der Seite werde sich dennoch etwas ändern, so von Bülow: „Wir übernehmen und integrieren einige der Jurato-Konzepte bei Anwalt.de. Außerdem erhalten die Kooperationsanwälte von Jurato die Möglichkeit, die Services von Anwalt.de zu nutzen und so von einer erhöhten Reichweite zu profitieren.“ Da Jurato in der Vergangenheit mit vielen Freelancern zusammengearbeitet habe, verliere „durch die Übernahme niemand seinen Job“, wie der CEO angibt. Er selbst werde bei Anwalt.de künftig den Bereich New Business aufbauen und leiten – und Geschäftsführer der Jurato Digital GmbH bleiben. Sein neuer Arbeitgeber beschäftigt 120 Mitarbeiter an den Standorten Nürnberg und Berlin.

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ProSiebenSat.1 nahm Jurato 2013 in sein Accelerator-Programm auf und beteiligte sich an dem Startup. Im Folgejahr sicherte sich das Team um von Bülow einen mittleren sechsstelligen Betrag vom Fachverlag Ebner aus Ulm und einem Business Angel. Die drei Hauptgeldgeber waren bis zur Übernahme an Bord.

War der Exit von Jurato von Anfang an das Ziel des Gründerteams? „Eigentlich schon“, sagt von Bülow. „Da ich selbst aus der Rocket-Schule komme, kenne ich es nicht anders.“ Von Bülow hatte vor der Jurato-Gründung das Beauty-Boxen-Startup Glossybox mit aufgebaut. Selbst etwas zu gründen, hatte er eigentlich nicht vor, wie er sagt: „Bei Rocket Internet hat der Gründer-Spirit aber regelrecht in der Luft gelegen. Da habe ich Lust bekommen, etwas eigenes zu machen.“ Zusammen mit Alexander Gloning, Luis Höfer und dem Juristen Dr. Philipp Venohr startete von Bülow Jurato im Herbst 2013. Die Gesellschaft des neuen Eigentümers Anwalt.de besteht bereits seit 2005.

Bild: Michael Wehle