Wer auf der Wimdu-Website nach einer Ferienwohnung sucht, wird zu Hometogo weitergeleitet.

Knapp einen Monat ist es jetzt her, dass Alexander Obrach seinen Job verlor. Bei einem Meeting in der Cafeteria des Berliner Unternehmens Wimdu hatte der Geldgeber Platinum Equity den Mitarbeitern ohne große Vorwarnung mitgeteilt: Jetzt ist Schluss. Die Ferienwohnungsplattform wird eingestellt, alle 110 Mitarbeiter in Lissabon und Berlin verlieren ihren Job. „Wir mussten den Empfang der Kündigung bestätigen und anschließend alle Geräte und Schlüssel abgeben“, erzählt Obrach, der seinen richtigen Namen nicht öffentlich nennen möchte.

Am Abend trafen sich einige Kollegen im Park, um ein letztes Mal auf Wimdu anzustoßen – auf den Versuch aus Berlin heraus einen Konkurrent zu Airbnb aufzubauen. Doch eine Frage blieb für die Mitarbeiter auch am Ende des Tages unbeantwortet: Was wird eigentlich aus der Plattform? Etwa eine Millionen Menschen kommen jeden Monat auf die Website von Wimdu, um nach einer Unterkunft für ihren Urlaub zu suchen. Der Geschäftsführer hatte bei der Mitarbeiter-Versammlung dazu kein Wort dazu verloren, berichten mehrere Wimdu-Angestellte.

Bereits wenige Stunden nach dem verkündeten Ende tat sich auf der Website von Wimdu etwas: Die Kunden wurden bei ihrer Suche plötzlich auf das Berliner Startup Hometogo weitergeleitet – mit dem Hinweis: „Wimdu wird gerade überarbeitet und ist bald wieder verfügbar.“

Ein Deal, von dem kein Mitarbeiter wusste

Ein Schritt, der einige Mitarbeiter überraschte: „Von allen Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, wusste niemand von dem Deal“, sagt Obrach. „Das kam mir komisch vor, ebenso dass die Seite ohne Wissen der Mitarbeiter bereits auf diese Umstellung vorbereitet worden war.“ Was für einen Deal hatte Wimdu also mit Hometogo gemacht, fragten sich die Mitarbeiter.

Das ließ einigen Angestellten keine Ruhe. „Wir haben in den letzten Wochen Informationen und Unterlagen zusammengetragen, die zeigen, dass es einen Betriebsübergang gab“, sagt Obrach. Der Hintergrund: Liegt ein sogenannter Betriebsübergang vor, also führt ein Käufer die Geschäfte eines Unternehmens weiter, muss dieser die Mitarbeiter übernehmen.

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Obrach und mehrere Kollegen wollen sich jetzt vor dem Berliner Arbeitsgericht gegen ihre Entlassungen wehren. Insgesamt zehn Klagen sind bereits eingegangen, bestätigt eine Sprecherin auf Anfrage von Gründerszene. Drei davon gehen sowohl gegen Wimdu als auch gegen Hometogo. Erste Gerichtstermine sind für Mitte November angesetzt. Auch in Lissabon formiere sich bei Ex-Mitarbeitern Protest, der dortige Betriebsrat fordere von der Geschäftsführung nun den Kaufvertrag zwischen Wimdu und Hometogo ein, berichteten mehrere Beteiligte.

Der Wimdu-Geschäftsführer Peter Platsch und auch Hometogo wollten sich zu den Vorwürfen und dem Verfahren auf Nachfrage von Gründerszene nicht äußern. Von Hometogo heißt es lediglich: Man trage dazu bei, „dass der Betrieb von Wimdu aufrecht erhalten“ werden könne. 

Sollten die Kläger recht bekommen, wäre die Kündigung der Mitarbeiter unwirksam. In der Praxis geht es dabei meist um Abfindungen, auf die die Kläger hoffen. „Ich würde meinen Job gerne behalten“, sagt Obrach.

Mehrere Verkäufe, dann das Ende

Insgesamt hat Wimdu seit seiner Gründung 2011 über 90 Millionen US-Dollar von Kinnevik und Rocket Internet eingesammelt. 2015 machte die Rocket-Beteiligung noch elf Millionen Euro Verlust, ein Jahr später waren es nur noch drei Millionen. Trotzdem war schon damals klar, dass ein exponentielles Wachstum ausbleiben würde.

Ende 2016 folgte dann der Zusammenschluss mit dem ebenfalls kriselnden Wettbewerber 9flats. Wenige Wochen später wurde Wimdu erneut verkauft: Dieses Mal an das dänische Unternehmen Novasol, das ebenfalls Ferienwohnungen vermittelt. Damals gab Novasol-Chef Bernd Muckenschnabel zu Protokoll, er wolle die 125 Wimdu-Mitarbeiter an den Standorten in Lissabon und Berlin weiter beschäftigen – vorausgesetzt Wimdu werde in den kommenden zwölf Monaten profitabel. Das war allerdings bevor Finanzinvestor Platinum Equity das Unternehmen übernahm.

Der amerikanische Private-Equity-Investor hatte erst in diesem Februar das europäische Geschäft von Wyndham übernommen, zu dem der Ferienwohnungsvermittler Novasol gehört – und damit auch Wimdu. Platinum Equity war seit Anfang des Jahres also neuer Eigentümer der Plattform.

Bild:Getty Images / Paul Bradbury
Mitarbeit: Jana Kugoth