Koro Drogerie
Teammitglieder von Koro mit dem Startup-eigenen Nussmus. Insgesamt arbeiten rund 70 Leute bei der Firma.

Koro ist heute so ein bisschen das Alnatura des Internets. Dabei ist das Unternehmen mit Waschmittel und Spültabs gestartet und war 2016 fast weg vom Fenster. Wie die Konzentration auf Superfood und Nussmus die Wende gebracht hat, warum Koro heute fast nur in Instagram Stories von Influencern wirbt und was die Social Chain Group von DHDL-Juror Georg Kofler mit all dem zu tun hat.

„Die eigentliche Idee hinter Koro war es, Wasch- und Reinigungsmittel in großen Packungen günstiger anzubieten als im Supermarkt“, sagt der heutige Co-Geschäftsführer Piran Asci gegenüber OMR. Ende 2012 gründen Constantinos (kurz Kosta) Calios und Robert Schyska das Unternehmen „KoRo Drogerie“ – der Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen zusammen. „Irgendwann hat Michelle, die Frau von Co-Gründer Kosta, gefragt, ob das Modell auch mit Trockenfrüchten funktionieren könnte. Er hat das dann einfach ausprobiert. Auf der Webseite waren dann die 10-Kilogramm-Säcke Spülmaschinen-Tabs „Bruchware“ neben edlen Macadamia-Nüssen zu sehen“, erzählt Asci. „Die Trockenfrüchte haben dann relativ schnell besser funktioniert als Waschmittel.“

Nussmus und Trockenfrüchte statt Waschmittel

Heute ist vom ursprünglichen Produktkatalog mit Spültabs und Waschmittel nicht mehr viel übrig. „Unser Bestseller ist die Dattel-Haselnuss-Creme und unsere getrockneten Mangos aus Burkina Faso“, so Piran Asci. „Wir nehmen Produkte ins Sortiment, bei denen wir durch Großpackungen einen Preisvorteil anbieten können. Oder wir finden ein Produkt, in dem wir Potenzial sehen und das wir so auf dem Markt noch nicht gesehen haben.“ Mittlerweile gibt es bei Koro Superfood-Pulver, Nussmus, Trockenfrüchte und auch Nahrungsergänzungsmittel.

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Das klingt alles ein wenig nach Zielgruppe Großstadt-Hipster. Koro wolle aber aus der Nische heraus eine breite Masse an Kunden ansprechen. „Wir verstehen uns als Markt-Kuratoren. Wir versuchen, möglichst jeden Lieferanten für das jeweilige Produkt zu finden. Dann stellen wir uns Fragen wie: Welcher Lieferant ist bei Verpackung und Menge flexibel? Können wir einen besseren Preis pro 100 Gramm anbieten als der Wettbewerb?“, so Koro-Chef Asci. Und das scheint zu funktionieren. „Unser durchschnittlicher Warenkorb liegt bei etwas über 60 Euro. Und wir machen ca. 25.000 Bestellungen pro Monat aktuell.“ So sei das Unternehmen auf dem Weg zu 18 bis 20 Millionen Euro Umsatz in diesem Jahr. Günstiger könne er vor allem durch die Großpackungen (viele Nussmuse gibt es in 500-Gramm-Gläsern) und geringere Ausgaben etwa für Produktlabels agieren. Auf den meisten Produkten prangt einfach ein Schwarz-Weiß-Etikett.

Werkstudent investiert in schwierigen Zeiten

Dabei sah es 2016 nicht so gut aus für Koro. Zu dem Zeitpunkt streiten sich die Gründer Calios und Schyska über die Ausrichtung des Unternehmens. Fast aus dem Nichts kommt dann Piran Asci. „Ich habe Anfang 2015 bei Koro als Werkstudent angefangen, mich um die Cash-Flow-Planung gekümmert und die Buchhaltung automatisiert. Später habe ich dann noch das Marketing übernommen und parallel an meinem Mathe-Bachelor geschrieben“, erzählt er. „Als die Gründer sich nicht mehr einig waren, wie es weitergeht, habe ich gesagt, dass ich investieren könnte.“ 

Aber woher hat der Student die Kohle für so einen Deal? „Im Alter von 16 Jahren habe ich angefangen, professionell Yu-Gi-Oh! zu spielen. Ich habe dann auf Events in Europa viele seltene Karten gekauft und diese teurer nach Amerika weiterverkauft“, so Asci. Yu-Gi-Oh! ist eine aus Japan stammende Anime-Serie, zu der ein extrem erfolgreiches Sammelkartenspiel gehört. Vor allem Mitte der 2000er war das Spiel in Europa und den USA extrem beliebt. Bis 2006 wurden 15,8 Milliarden Karten verkauft.

„Ich habe alles, was ich hatte, in die Firma investiert. Die Hälfte ging für die Anteile von Co-Gründer Robert Schyska und die Seed-Investoren drauf. Den Rest habe ich als Darlehen in das Unternehmen reingegeben, damit wir den Sommer überstehen“, erzählt Asci. Auch Co-Gründer Kosta Calios gibt ein privates Darlehen in die Firma. Zu dem Zeitpunkt macht Koro einen Umsatz von einer Million Euro. In den folgenden Jahren steigern er und Calios, der immer noch Co-Geschäftsführer ist, diesen immer weiter auf die jetzt achtstellige Summe. „Kosta hat mir von Anfang an viel Gestaltungsfreiraum gegeben. Von den Fähigkeiten waren wir sehr komplementär aufgestellt. Das ist sicher auch ein Grund unseres Erfolgs“, so Asci.

„Youtube ist wahnsinnig teuer geworden“

Das Wachstum scheint nicht nur mit der veränderten Produktpalette zusammenzuhängen – schließlich hatte Koro Trockenfrüchte & Co. auch schon 2016 im Programm. Piran Asci und sein Team haben an ihrer Marketing-Strategie geschraubt. „Das Unternehmen ist schon früh auf den Influencer-Marketing-Zug aufgesprungen. Koro hat Pakete an Fitness-Influencer rausgeschickt, die damals auf Youtube groß waren – unter anderem Karl Ess und Ralf Sättele“, erzählt Piran Asci. Vor allem Nahrungsergänzungsmittel, Proteinriegel und Trockenfrüchte lassen sich um 2013, 2014 über Fitness-Youtuber vermarkten. Das geht so weit, dass Ess und Sättele sich mit 20 Prozent an Koro beteiligen. Heute sind beide keine Investoren mehr.

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„Influencer Marketing war damals ein Traum. Ich ärgere mich, dass wir nicht aggressiver investiert haben. Da hätte man Weltmarken aufbauen können“, sagt Asci mit Blick auf etwa Daniel Wellington. Der schwedische Uhren- und Schmuckhersteller hat sein Business vor allem über Influencer aufgebaut und macht heute Hunderte Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Irgendwann ist das Thema Youtube für Koro aber offenbar durch: „Youtube ist wahnsinnig teuer geworden. Da stimmt die Preis-Leistung nicht mehr“, so der Geschäftsführer.

Koro setzt auf Micro-Influencer

Stattdessen habe Koro sein Marketing-Budget fast komplett zu Instagram verschoben. „90 Prozent der Marketing-Ausgaben gehen direkt an Influencer für Koro-Stories“, sagt Asci. „Influencer haben keine Lust auf Werblichkeit in ihren Feeds. Deshalb machen Partnerschaften für Story-Content auch für sie am meisten Sinn.“ Das Unternehmen kümmere sich inhouse um 150 bis 180 Partner. „Wir arbeiten mit Influencern mit wenigen Tausend Followern, aber auch mit großen Reichweiten wie mit Daniela Katzenberger zusammen“, erzählt der Koro-Geschäftsführer. „Der typische Influencer postet eine bis drei Stories pro Woche über Koro und bekommt dafür eine feste Summe oder ein Produktpaket.“

Das Unternehmen habe eine Vorgehensweise entwickelt, um die passenden Influencer auszuwählen. „Eine Kooperation muss nicht nach dem ersten Swipe-Up profitabel für uns sein. Die ersten drei Monate einer Zusammenarbeit sind immer ein Test. Wenn wir danach einen ROI [Return on Invest, Anm. d. Red.] von 1 haben, steigt der danach in der Regel exponentiell“, erklärt Asci. „20 bis 30 Prozent unserer Influencer-Deals funktionieren auch mal nicht so gut. Das ist unser unternehmerisches Risiko.“ Am Ende klingt das alles vor allem nach einer langfristigen Branding-Strategie. Koro setze bewusst auf dauerhafte Partnerschaften, um nach und nach Vertrauen und Bekanntheit in der jeweiligen Community der Influencer aufzubauen.

Messbarkeits-Sorgen und Content-Strategie

Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Traffic nicht hauptsächlich über Instagram kommt. Die Influencer sind nicht dazu verpflichtet, einen Swipe-Up zu Koro einzubauen. Werblichkeit soll wie gesagt vermieden werden. „Wir tracken den Erfolg einer Zusammenarbeit über Gutscheincodes. Das nimmt der Empfehlung durch den Influencer aus meiner Sicht aber die Relevanz. Deshalb suchen wir immer nach anderen Möglichkeiten, um messbare Metriken herzustellen“, so Asci. „80 Prozent unserer Webseitenbesucher kommen über Google. Es wird oft ‚KoRo‘ oder ‚Trockenfrüchte KoRo‘ in die Suche eingeben. Ursprünglich stammt der komplette Traffic aber von Youtube und Instagram, denn das war lange Zeit unser einziger Paid-Kanal. Inzwischen ranken wir aber auch ganz gut auf transaktionale Keywords und Keyword-Sets.“

Auch den eigenen Instagram-Account mit seinen über 90.000 Followern nutzt Koro, um seine Nussmuse und Trockenfrüchte in Szene zu setzen. Zur Content-Strategie gehört auch ein eigener Rezept-Account mit fast 20.000 Followern. Hier und in einem Rezeptblog auf der eigenen Webseite zeigt Koro, wie die eigenen Produkte zum Kochen verwendet werden können. Große Sprünge plane Asci mit seiner Rezept-Abteilung aber nicht. In dem Bereich sei die Konkurrenz einfach zu groß.

Teil der Social Chain Group

Unternehmerisch hat sich seit 2016 auch einiges getan. Als das Unternehmen auch nach Piran Ascis Darlehen Ende 2016 von Monat zu Monat schaut, bekommt Georg Kofler – heute Juror beim Vox-Startup-Format „Die Höhle der Löwen“ – ein Koro-Pitchdeck in die Hände. Noch 2016 investiert die Social Chain Group von Kofler 750.000 Euro in das Unternehmen (hier ein ausführliches Porträt der Social Chain Group). Im Februar 2020 übernimmt Koflers Firma dann 52 Prozent an Koro. den beiden Geschäftsführern Piran Asci und Kosta Calios gehören heute die restlichen 48 Prozent. „Die Partnerschaft mit der Social Chain Group war ein spannender Schritt für uns, den wir nicht bereuen. Das Team ist super und setzt auf unseren eigenen unternehmerischen Gestaltungsfreiraum.“

Das Konzept der Social Chain Group besteht daraus, Shops mit Social-Commerce-Ansatz – wie etwa Koro – mit ebenfalls zum Unternehmen gehörenden Social-Publishing-Firmen und Social-Agenturen zusammenzubringen. Am Ende sollen alle Unternehmen von den gemeinsamen Reichweiten und Synergien profitieren. Laut Asci agiere Koro in Sachen Marketing aber weiter komplett eigenständig. „Wir können Services nutzen und auch mal eine Kampagne mit einem weiteren Tochterunternehmen umsetzen. So wie alles im Leben ist das aber auch nicht kostenlos“, sagt er. „Insgesamt lernen die Unternehmen bei der Social Chain voneinander. Und diese Erfahrungen helfen nicht nur uns, sondern auch der Social Chain weiter.“

Klappt der Angriff auf den US-Markt?

Für die Zukunft plant Piran Asci ein paar mutige Schritte. Koro verkauft bisher bereits in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien oder die Niederlande – laut Asci erfolgreich. Jetzt plane er einen US-Start. „Es laufen bald erste Tests in den USA. Die Preise für Produkte, die wir anbieten, sind dort extrem hoch und es gibt keine Marke, die positioniert ist wie Koro“, erklärt er. Um sich nicht nur in den USA noch stärker von der Konkurrenz abzusetzen, will das Unternehmen von Drittherstellern wegkommen. „Wir wollen selber Nussmuse produzieren und schauen uns da gerade den Markt an. Die große Frage ist: Warum gibt es bei den Nussmusherstellern in Deutschland nur zwei große Player?“ Die Produktion sei wohl nicht einfach zu bewältigen, da müsse Koro weitere Erfahrungen sammeln.

Erst einmal hat die Brand aber einen Deal eingetütet, der den Bekanntheitsgrad bei einer breiten Zielgruppe steigern könnte. „Seit der letzten Woche stehen wir mit unseren Nussmusen und der Dattel-Haselnuss-Creme deutschlandweit in allen Alnatura-Märkten. Für Koro war es nie das primäre Ziel, den Handel zu erobern. Aber wir merken, dass wir uns in einigen Bereichen – gerade bei den Nussmusen und Aufstrichen – ein Expertenwissen angeeignet haben, das nachgefragt wird, so Asci.

Der dritte Schritt, um Koro zu entwickeln, ist noch unternehmerischer: „Wir planen auch Akquisitionen. Ich finde es zum Beispiel spannend, uns Amazon-Brands genauer anzuschauen. Wenn wir Marken kaufen, die auf Amazon erfolgreich ein Verbrauchsprodukt in ihrer Nische verkaufen, das zu uns passt, können wir solche Themen in Koro integrieren und haben durch unsere Sortimentsbreite ein viel größeres Upsell-Potenzial als die Amazon-Brand alleine“, sagt der Koro-Geschäftsführer. Mit diesem Prinzip, Amazon-Brands zu kaufen und mit mehr Manpower dann weiterzuentwickeln, ist das US-Unternehmen Thrasio gerade auf dem Weg zum Unicorn. Und auch Boosted Commerce hat gerade 87 Millionen US-Dollar eingesammelt, um in den nächsten vier Jahren 100 kleine E-Commerce-Brands aufzukaufen.

Bild: Westend61

Dieser Beitrag erschien zuerst bei OMR Daily.

Bild: Getty Images / SOPA Images