In den Medien wird sie „Vibrator-Lady“ genannt. Witzig finde Julia Lüpfert das nicht, aber man gewöhne sich daran, sagt sie. Die Ingenieurin wollte gemeinsam mit ihrem Mitgründer einen neuartigen Vibrator auf den Markt bringen und samelte dafür über eine Million Euro von Investoren und eine kleinere Summe von der Crowd ein. Doch vor einem Jahr musste ihr Startup Laviu Insolvenz anmelden, das Produkt wurde nie marktreif.

Feedback der Vibrator-Tester: Nicht gut genug

„Wir waren überzeugt, dass es funktioniert“, sagt Lüpfert im Gespräch mit Gründerszene. Denn die Technologie, die das Sexspielzeug lautlos pulsieren lassen sollte, wurde bereits unter anderem im Weltraum eingesetzt. Ende 2014 startete das Duo mit der Verwirklichung der Idee, für 2017 hatte Laviu den Verkauf der ersten Geräte geplant.

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Nach einem Jahr Planung nahm das Startup 2015 Geld von einem Business Angel auf, der 300.000 Euro investierte. Zu diesem Zeitpunkt gab es allerdings keinen Prototyp, nur die Idee und einen Businessplan. Mit dem ersten testreifen Produkt bekam das Startup weitere 800.000 Euro von Investoren, sowie 85.000 Euro von der Crowd.

Doch die Testerinnen überzeugte der Vibrator von Julia Lüpfert (die damals noch Julia Ryssel hieß) nicht. Er sei nicht schnell und stark genug gewesen, sagten sie. „Wir haben technologische Fortschritte gemacht und konnten die Technik ausreizen“, sagt Lüpfert, aber das Kunden-Feedback habe sich kaum verbessert.

Im September 2018, vier Jahre nach dem Start, musste Laviu dann den Insolvenzantrag stellen. Dieser Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen. Die Crowdinvestoren bekämen aber „wahrscheinlich etwas“ von ihrem Geld zurück, sagt die Gründerin.

Neustart mit einem Paarspiel

Vor wenigen Tagen stellte Julia Lüpfert ihr zweites Produkt vor: ein Spiel für Paare. Nicht digital, ohne Technik, klassisch auf Papier gedruckt. Menschen in einer Liebesbeziehung sollen damit eigene und gemeinsame Werte finden und ihre Bindung stärken.

Auch wenn sich der Vibrator und das Paarspiel thematisch ähneln, sei die Ideenfindung eine ganz andere gewesen, sagt Lüpfert. Die Idee zum Sextoy kam von ihrem damaligen Mitgründer. Bei ihrem aktuellen Projekt handele es sich dagegen um ein Herzensprojekt. Es sei von November 2018 an in einem einjährigen Unternehmerkurs mit Teekampagne-Gründer und Professor Günter Faltin entstanden. Dabei habe sich die Gründerin die Frage gestellt, ob sie ein Produkt entwickeln könne, bei dem sie auf ihre Expertise zurückgreifen und ein Problem lösen könne.

Sich selbst bezeichnet Julia Lüpfert als Beziehungsexpertin, da sie vor ihrer jetzigen Ehe regelmäßig neue Beziehungen eingegangen sei und sich weitere Expertise etwa über Paarcoachings, Webinare oder Bücher aneignete.

Dass es sich bei ihrem jetzigen Produkt um ein weniger kontroverses handelt, als noch zu Zeiten von Laviu, sei ihr bewusst, so Lüpfert. Das Sextoy hatte damals sogar für öffentliche Aufregung aus den Reihen der AfD gesorgt, nachdem das Startup bei einem Gründerwettbewerb gewonnen hatte.

Ärger mit der AfD: „Über diese Publicity würde ich mich heute freuen“

Die Partei hatte behauptet, die Förderung eines Vibrator-Unternehmens stehe im Widerspruch zur Förderung der Familie. Dafür erntete die AfD viel Kritik und das Startup fand zahlreiche Unterstützer. „Über diese Publicity würde ich mich heute freuen“, sagt Lüpfert. Doch dieses mal dürfte es ein schwererer Weg sein. Denn ein Brettspiel, das klingt weniger spannend als ein Vibrator mit Weltraumtechnik.

Interesse von Investoren gebe es trotzdem, sagt die Gründerin, sie befinde sich derzeit in Gesprächen. Das ist wohl der Vorteil daran, sich über die Jahre bereits ein Netzwerk aufgebaut zu haben.

Bild: Julia Lüpfert