Christian Schneider-Sickert, CEO und Mitgründer von Liqid, hat ein Herz für Reiche.
Christian Schneider-Sickert, CEO und Mitgründer von Liqid, hat ein Herz für Reiche.

„Wohlhabende Menschen fallen zwischen die Stühle“, sagt Christian-Schneider-Sickert, der CEO und Mitgründer des digitalen Vermögensverwalters Liqid. Ihr Reichtum ist zu klein für Privatbanken und zu groß für Kapitalanlagen „von der Stange“. Schneider-Sickert will diese Lücke mit seiner digitalen Vermögensverwaltung schließen. Das 2016 gestartete Fintech-Unternehmen, das ein Vermögen von 300 Millionen Euro verwaltet, hat jetzt eine Finanzierungsrunde über 33 Millionen Euro abgeschlossen.

Liqid verfolgt eine andere Anlagestrategie als reine Robo-Advisor, wie die algorithmengesteuerten Plattformen genannt werden, die Indexfonds anbieten. „Mit dem Begriff Robo-Advisor kann ich nichts anfangen. Liqid ist anders“, sagt der Gründer. Er setzt auf einen Mix aus Algorithmen- und Experten-gesteuerter Anlage.

Finanzexpertise der Industriellenfamilie Quandt

Das FinTech arbeitet eng mit dem Family Office der Industriellenfamilie Harald Quandt, HQ Trust, zusammen. Dort analysieren Finanzmarkt-Experten unterschiedliche Marktsegmente und Fonds. Ihre für Großkunden entwickelte Investmentstrategie setzt Liqid 1:1 auf kleinere Portfolios mit einer Mindestanlage von 100.000 Euro um.

Kunden des Fintech haben auch Zugang zu lukrativeren alternativen Anlageklassen wie Private Equity, also außerbörsliches Eigen- oder Beteiligungskapital – das allerdings nur ab 200.000 Euro Mindestanlage. „Private Equity ist eine Frage des Zugangs – wir bündeln Investments unserer Kunden und investieren dann. So kommen wir auch in die Top-Fonds rein“, sagt der Gründer.

Liqid soll sich für langfristige Anlagen eignen

Liqid bietet Anlagen mit insgesamt 30 Risikoklassen in drei Anlagestilen an. Der Anlagehorizont sollte drei bis fünf Jahre überschreiten, rät der CEO des FinTech. „Liqid ist für Anleger mit langfristigen Horizonten.“ Dabei unterscheidet Liqid zwischen aktiven und passiven Strategien. Bei den aktiven (Select) verteilt sich die Anlage je nach Marktlage auf unterschiedliche Unteranlageklassen (wie Aktien USA oder Aktien Japan). Bei den passiven (Global) bleibt die Verteilung auf unterschiedliche Unteranlageklassen über die Zeit konstant.

Auf Indexfonds (ETF) greift Liqid Global ausschließlich zurück, bei Liqid Select vor allem in Märkten mit hoher Effizienz. „In weniger effizienten Märkten – etwa im Rentenbereich – setzen wir bei Select daneben auch aktive Fonds ein“, erläutert Schneider-Sickert.

Das frische Kapital soll vor allem in das Wachstum des Unternehmens fließen. Dort tobt ein harter Wettbewerb zwischen den zahlreichen Anbietern digitaler Kapitalanlagen. „Die meisten haben noch nicht die kritische Größe erreicht“, sagt Schneider-Sickert. Hauptkapitalgeber der 33-Millionen-Runde ist das Toscafund Asset Management, das vier Milliarden US-Dollar verwaltet. Bestandsinvestoren wie Project A, HQ Trust und Dieter von Holtzbrinck Ventures beteiligten sich.

Demnächst mehr alternative Anlageklassen

Liqid will seinen Kunden künftig mehr alternative Assetklassen mit planbaren Cashflows anbieten – seien es „grüne“ Kapitalanlagen oder Beteiligungen an Immobilien oder Infrastrukturen wie Strom- oder Funknetzen. „Spannende Opportunitäten bieten sich auch in den Nachbarländern“, sagt der Gründer. „Aber wir betreiben keine Rocket-ähnliche Sofort-Internationalisierung.“

Die Performanz des Startups kann sich mit Werten zwischen 3,4 und 7,5 Prozent bislang sehen lassen. In den Rankings des Finanzconsulting-Unternehmens Firstfive AG aus den vergangenen zwei Jahren schneidet Liqid bei konservativen bis moderaten Risikoklassen auf zweiten bis vierten Plätzen ab. 

Das sind die wichtigsten Mitbewerber

Scalable: Seit Mai 2018 verwaltet Scalable Capital mehr als eine Milliarde Euro und gilt damit als Marktführer in Deutschland. Das in München und London ansässige Unternehmen setzt ausschließlich auf ETF. Zwei Kooperationen trugen zum schnellen Wachstum des Unternehmens bei: die Partnerschaft mit der Bank ING Diba und mit dem Konzern Siemens, der seinen Mitarbeitern die Vermögensverwaltung mit Scalable anbietet.

Quirion: Der Vermögensverwalter der Privatbank Quirin wurde von der Stiftung Warentest im August 2018 als bester von 14 untersuchten Robo-Advisorn mit der Note Gut ausgezeichnet. Quirion hat nach Eigenangaben vom Juni 2018 insgesamt 3200 Kunden und verwaltet mehr als 120 Millionen Euro.

Solidvest: Der digitale Vermögensverwalter der DJE Kapital AG setzt ähnlich wie Liqid auf Offline-Expertise in der Kapitalanlage. Das vor mehr als 40 Jahren gegründete Unternehmen hat elf Milliarden Euro unter Vertrag. Die digitale Kapitalanlage setzt sich je nach Risikoprofil des Kunden aus bis zu 30 Aktien- und 20 Anleihe-Titeln in unterschiedlicher Gewichtung zusammen.

Bild: Liqid