Die Zusammenarbeit als Gründerduo war für Axel Heinz und Amber Riedl „fast wie eine Ehe“, sagen sie im Interview.

Ein halbes Jahr hat das Berliner Startup Makerist mit seinem neuen Eigentümer Fabfab, einem Hamburger Textilhersteller, verhandelt. Die beiden Unternehmen kennen sich seit vielen Jahren, erzählen die Makerist-Gründer Axel Heinz und Amber Riedl im Gespräch mit Gründerszene. Einen zweistelligen Millionenbetrag gab die Stoffe.de-Mutter für sämtliche Anteile des Näh- und Strickportals aus. Genauer möchten die Makerist-Chefs die Summe nicht eingrenzen. 

Fabfab produziert seit 2003 Stoffe und verkauft diese über eigene Onlineshops in diversen Ländern. Diese Produkte solle Makerist künftig auch aufnehmen, wolle durch das breitere Angebot weiter wachsen, sagen Riedl und Heinz. Im Interview spricht das Gründerduo über Rückschläge der vergangenen Jahre, über ihre Rolle in der Berliner Startup-Szene und den Exit.

Amber und Axel, am Donnerstag habt ihr bekanntgegeben, dass Makerist von Fabfab übernommen wurde. Wie hat sich der Deal für euch angefühlt?

Axel Heinz: Der Notartermin war in Köln. Nach der Unterschrift sind wir zur Beruhigung erst einmal ein Kölsch trinken gegangen. Die Zeit vor der Unterzeichnung war sehr intensiv und anstrengend, wir mussten ohne Ende telefonieren, E-Mails schreiben und Verträge abstimmen.

Amber Riedl: Es war emotionaler als ich dachte. Die Unterschrift war ein Abschluss für all diese nervenaufreibenden Wochen. Es war wie in der Schule, wenn man ewig für eine wichtige Klausur gelernt hat und dann nach der Klausur der Stress abfällt.

Was war euer erste Gedanke?

Riedl: Es ist ein tolles Gefühl. Ich habe es nicht nur geschafft, eine Firma aufzubauen, sondern sie auch erfolgreich verkauft.

Ihr hattet zusammen noch 16 Prozent an Makerist. Bei einem Verkaufspreis im zweistelligen Millionenbereich sollte für eure Anteile ein hoher Betrag angefallen sein. Was macht ihr mit dem Geld?

Heinz: Es dauert eine Weile, bis Geld fließt. Daher habe ich mir ehrlich gesagt noch wenig Gedanken drüber gemacht. Ein sechsmonatiges Sabbatical ist gerade ungünstig, wir haben viel zu tun. Aber ich würde mir zumindest gern später im Jahr ein neues Klavier kaufen.

Riedl: Ich hatte bisher keine Rücklagen, weil wir über viele Jahre für wenig Gehalt gearbeitet haben. Jetzt kann ich beruhigt in die Zukunft blicken. Und wir halten ja auch noch Anteile an Fabfab.

Makerist wurde 2013 gegründet. Axel Heinz kam vom DIY-Shop Dawanda, Amber Riedl hatte gerade ihr Startup 1001Hochzeiten verkauft. Investoren wie der Hightech-Gründerfonds, die VC-Arme einiger Verlagshäuser wie Gruner + Jahr und Ringier, aber auch Ambers Ehemann Clemens Riedl, ehemaliger StudiVZ-CEO, steckten Millionen in das Startup.

Eure letzte Finanzierungsrunde ist etwa drei Jahre her. Wolltet ihr lediglich Kapital aufnehmen oder habt ihr aktiv nach einem Käufer gesucht?

Heinz: Der Impuls ging von Fabfab aus. Wir stehen seit Jahren in Kontakt mit der Firma. Sie haben nach Übernahmezielen gesucht und Makerist passte einfach optimal: Wir liefern die digitalen Produkte, sie die physischen, also die Materialien. Nach dem Aus von Dawanda wurden wir für Fabfab noch interessanter.

Wie schnell konntet ihr euch auf einen Kaufpreis einigen? 

Heinz: Als Gründer hofft man immer auf das Maximum (lacht). Aber die Preisverhandlung ging recht schnell, es hat vielleicht zwei Wochen gedauert. Die anderen Finanzierungsrunden haben wir immer selbst gemanaged. Diesmal haben wir uns Unterstützung von einem M&A-Berater geholt. Wir finden den Kaufpreis ziemlich fair. Sonst hätten wir auch nicht verkauft. 

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Ändert sich für die Makerist-Kunden durch die Übernahme etwas?

Heinz: Nein, es ändert sich nichts. Makerist bleibt als Marke und Plattform bestehen und unser E-Book-Geschäft werden wir weiterhin betreiben. Das gesamte Team und wir Gründer bleiben dabei.

2017 habt ihr mit einem Umsatz von sechs Millionen Euro geplant. Laut Bundesanzeiger hat Makerist 2018 einen Jahresfehlbetrag von 1,5 Millionen Euro geschrieben. Seitdem habt ihr keine Zahlen mehr kommuniziert. Wie sieht es jetzt aus?

Bild: Chris Marxen / Gründerszene

Amber Riedl und Axel Heinz haben sich vor sieben Jahren über gemeinsame Freunde kennengelernt.

2017 habt ihr mit einem Umsatz von sechs Millionen Euro geplant. Laut Bundesanzeiger hat Makerist 2018 einen Jahresfehlbetrag von 1,5 Millionen Euro geschrieben. Seitdem habt ihr keine Zahlen mehr kommuniziert. Wie sieht es aus?

Heinz: Wir sind gewachsen, aber konkrete Zahlen nennen wir nicht. Zusammen mit Fabfab sind wir, was den Umsatz angeht, im mittleren zweistelligen Millionenbereich. 

Seid ihr inzwischen profitabel?

Heinz: Wir hatten schon profitable Monate, aber 2020 wird das erste profitable Gesamtjahr für Makerist. Das hätten wir aber auch ohne Fabfab geschafft.

Viele Startups definieren Wachstum dadurch, dass sie kontinuierlich neue Mitarbeiter einstellen. Bei euch ist das anders, ihr hattet über die Jahre eine recht konstante Mitarbeiterzahl von etwa 40 Personen. Lief es nicht so gut?

Riedl: Bis 2017 lag unser Fokus auf Lernvideos. Das war ein ganz anderes Geschäftsmodel als jetzt: Inzwischen sind wir ein Marktplatz für DIY-Anleitungen. Designer können bei uns ihre Schnittmuster als E-Books verkaufen. Wegen dieser Umstellung mussten wir das Team teilweise austauschen, vor allem in den Bereichen Technologie und Marktplatz-Management. Es mussten also einige Mitarbeiter gehen, dafür haben wir neue eingestellt.

Pro verkauftem E-Book behaltet ihr 35 Prozent des Kaufpreises plus 35 Cent ein. Manche der E-Books kosten nur zwei, drei Euro. Da sind 35 Cent Abzug schon viel für die Designer.

Heinz: Wir sind nicht günstig, das stimmt. Aber wir bieten auch viel. Wir haben eine eigene Software, mit der die Designer die E-Books verwalten können und kümmern uns um die Vermarktung, den Kundenservice und alles Weitere – also das komplette Backoffice.

Wie viel verdienen die Designer bei Makerist im Monat?

Heinz: Es gibt nicht wenige, die Umsätze im vierstelligen Bereich machen, manche auch im fünfstelligen. Das hängt, wie auch bei Dawanda, davon ab, wie viele Anleitungen die Designer produzieren und ob sie den Geschmack der Leute treffen. Es gibt viele Designerinnen, die davon tatsächlich leben. 

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Hat euch das Aus von Dawanda 2018 in die Karten gespielt?

Heinz: Ja, wir haben danach sehr viele Neuanmeldungen von Designerinnen bekommen. Auch der E-Book-Umsatz ist gestiegen. Das Signal in die Investorenwelt war natürlich nicht das Beste. Aber letztendlich hat es uns offenbar nicht geschadet.

Riedl: Bei Dawanda hat der Verkauf von Stoffen einen großen Anteil des Umsatzes ausgemacht. Von daher war für uns klar, dass wir nach deren Aus verstärkt auf Textilien setzen wollten. Deswegen war die Kooperation mit Fabfab für uns so interessant.

Ihr tretet selten in der Öffentlichkeit auf, seid nicht auf jedem Event der Berliner Startup-Szene, wirkt bodenständig. Hätte euch mehr Aufmerksamkeit vielleicht noch mehr Erfolg gebracht?

Riedl: Beim Start von Makerist dachte ich, wir bauen schnell ein erfolgreiches Startup auf, verkaufen es für richtig viel Geld und starten dann gleich das nächste. Jetzt sehe ich die große Erfüllung darin, in der Firma zu bleiben. Das ist viel besser, als einfach das Cash zu nehmen und weiterzumachen. Etwas Gutes aufzubauen, dauert. Ich freue mich jeden Tag, ins Büro zu kommen, mit meinem Team zu arbeiten, mittags an der Nähmaschine zu sitzen – das kann ich mir nirgendwo anders vorstellen.

Heinz: Anfangs waren wir auf vielen Startup-Events, weil alles so neu war. Irgendwann ist der Reiz weg. Dann ergibt es einfach mehr Sinn, sich auf seine Firma zu konzentrieren. 

Bild: Makerist