Mit 53 Jahren gründete Michel Lindenberg zum dritten Mal. 
Mit 53 Jahren gründete Michel Lindenberg zum dritten Mal.  Mit 53 Jahren gründete Michel Lindenberg noch einmal. 

Es gibt Zehntausende Spiele-Apps im App-Store und bei Google Play, und ständig kommen neue dazu. Seit Anfang 2018 mischt hier auch der ehemalige Stayfriends-Geschäftsführer Michel Lindenberg mit: Elo heißt seine App, in der Nutzer klassische Gesellschaftsspiele wie Schiffe versenken, Mühle oder Schach gegeneinander spielen können. 

Gegründet hat der 54-Jährige die Elo Games GmbH Anfang 2018 in Erlangen, inzwischen arbeiten fünf Angestellte für ihn. Christian Dereser von Financeads sowie Hotel.de-Gründer Heinz Raufer investierten zusammen 225.000 Euro in das Startup. Elo ist Lindenbergs zweiter Vorstoß in die Mobile-App-Branche. 2015, noch während er Geschäftsführer von Stayfriends war, entwickelte er Vobe. Die Anwendung sollte Freundesgruppen helfen, ihre Termine zu organisieren. Inzwischen wurde sie aber eingestellt. 

Für Elo rechne er sich deutlich bessere Erfolgschancen aus, so Lindenberg im Gespräch mit Gründerszene. Eines stehe allerdings fest, sagt er nach dem Interview: Wenn es mit Elo nicht klappe, werde er nicht noch einmal gründen. 

Michel, vor vier Jahren hast du uns euphorisch von deiner Terminfindungs-App Vobe erzählt. Heute gibt es sie nicht mehr. Was ist passiert?

Ich habe Vobe damals mit einer Abteilung von vier Leuten bei Stayfriends entwickelt. Dennoch haben wir uns gemeinsam mit unserer Muttergesellschaft entschieden, für Vobe eine eigene amerikanische Gesellschaft zu gründen. Wir dachten, wir würden so leichter an Wagniskapital aus den USA kommen. Das ist uns aber zum Verhängnis geworden, als Stayfriends verkauft wurde: Stayfriends und Vobe waren zwei verschiedene Gesellschaften und die Käufer wollten nur die eine übernehmen.

Warum bist du nicht bei Vobe geblieben?

Das wollte ich erst, aber während des Verkaufsprozesses wurde klar, dass sich Stayfriends nicht gut verkaufen würde, wenn ich aussteigen würde [nach dem Exit 2016 blieb Lindenberg noch zwei Jahre im Unternehmen, Anm. d. Red.]. Daher hat die amerikanische Muttergesellschaft von Stayfriends mir recht deutlich gesagt, dass ich mir Vobe aus dem Kopf schlagen soll. An dem Tag, an dem Stayfriends verkauft wurde, wurde auch der Server von Vobe abgeschaltet. Das war schon schmerzhaft.

Wie lange gab es Vobe insgesamt?

Etwa 18 Monate von Idee bis Ende. 

Nach dem Schulfreunde-Netzwerk Stayfriends und dem Messenger-ähnlichen Vobe bist du jetzt bei einer Games-App angekommen – ein ganz anderes Segment. Wie kam es dazu? 

Die Idee ist entstanden, weil wir auf Stayfriends mal ein Spiel herausgebracht haben, das zwei Nutzer miteinander spielen konnten – ganz simpel Schere, Stein, Papier. Wir hatten erwartet, dass es ein paar Wochen genutzt wird und dann wieder verraucht, aber es verrauchte nicht. Es wurde hunderttausendfach gespielt. Da ist mir aufgegangen: Bei jedem sozialen Netzwerk sind die Nutzer die Knoten. Und auf den Kanten dazwischen kann alles mögliche passieren. Bilder posten bei Instagram oder Berufsupdates bei Linkedin, zum Beispiel. Und genauso kann es ein Spiel sein. Ich sehe Elo also als soziales Netzwerk, in dem man mit seinen Freunden spielt.

Wie funktioniert Elo genau?

Nutzer laden sich Elo herunter, geben sich einen Nickname und können dann mit ihren Kontakten ganz verschiedene Spiele spielen. Mit dem einen Kontakt können sie Schach spielen, mit dem anderen Ubongo, mit dem nächsten eine Partie Halma. Der Spielverlauf ist asynchron: Es müssen nicht beide Spieler gleichzeitig online sein, sondern jeder kann seinen Spielzug ausführen, wenn es ihm gerade passt. Hat ein Spieler seinen Spielzug vollendet, bekommt der andere eine Nachricht, dass er wieder an der Reihe ist. Außerdem können die Nutzer miteinander chatten.

Die Nutzer spielen in Elo klassische Gesellschaftsspiele – aber ohne Gesellschaft. Das klingt erstmal widersprüchlich.

Das ist wahr. Schöner ist es, wenn man sich gegenüber sitzt. Aber unsere Nutzer haben tatsächlich das Gefühl, sie würden gemeinsam spielen. Das zeigt sich in unserem Nutzerfeedback. Und ich glaube sogar, dass Leute, die Elo spielen, auch im echten Leben wieder mehr Gesellschaftsspiele spielen, weil sie den Reiz des gemeinsamen Spielens neu entdecken.

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Wie willst du mit Elo Geld verdienen?

Zum einen durch Werbung in der App, zum anderen durch Events, für die unter anderem eine Startgebühr fällig wird. Außerdem wird es eine Subscription geben, mit der Nutzer bessere Funktionen bekommen. Das wird dann richtig anlaufen, wenn regelmäßig neuer Content kommt. Im Moment schaffen wir nur etwa ein neues Spiel pro Monat.

Wie könnt ihr das verbessern?

Wir sind eine offene Plattform, daher kann in Zukunft jeder Entwickler seine Spiele bei uns veröffentlichen. Durch immer neue Spiele in der App wollen wir verhindern, dass sich unsere Nutzer nach ein paar Wochen satt gespielt haben und Elo wieder löschen. Unsere Vision ist, eine der Apps zu werden, die die Leute für immer auf ihrem Smartphone behalten.

Ganz schön große Pläne.

Das hört sich wie bei Vobe wieder sehr ambitioniert an, ich weiß. Aber der Unterschied ist, mit Elo ist es schaffbar. Die Nutzer müssen nämlich nicht erst alle ihre Freunde in die App holen, um sie überhaupt nutzen zu können. Es reicht schon ein Freund oder Arbeitskollege, um einen Spielpartner zu haben. Abgesehen davon kann man auch Spiele gegen einen Zufallsgegner starten.

Klassische Online-Games gibt es zuhauf. Wo ist das Alleinstellungsmerkmal deiner App?

Wir haben von Anfang an auf Mobile gesetzt und unsere Spiele so entwickelt, dass man sie einhändig spielen kann. Außerdem ist das asynchrone Spielen eine Besonderheit. Wenn während der U-Bahn-Fahrt mal das Netz weg ist, ist nicht gleich das ganze Spiel vorbei. Ich kann meinen Spielzug trotzdem ausführen, Elo schickt ihn dann einfach später ab. Und natürlich heben wir uns durch die Möglichkeit ab, verschiedene Spiele in einer App zu spielen.

Wie ist deine Planung für die nächsten 18 Monate?

Wir planen eine größere Finanzierungsrunde. Wir konnten bereits zeigen, dass das Produkt funktioniert und die Nutzer zufrieden sind, nun bauen wir die Monetarisierung auf. Natürlich testen wir weiter, welche Spiele funktionieren und welche Maßnahmen Verbesserungen bringen. Mit der Anzahl an Interaktionen in der App, 2,8 Millionen sind es pro Monat, können wir so etwas schon sehr gut messen. Das ist für mich essentiell.

Inwiefern?

Ich halte mich für sehr kreativ, habe aber eine sehr „ingenieursmäßige“, systematische Herangehensweise. Ein paar Wenige haben das Glück etwas zu starten, das dann einfach so, ohne großen Plan, durch die Decke geht. Das ist mir noch nie passiert, auch Stayfriends war eher ein Arbeitserfolg.

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Bild: Michel Lindenberg; Das Interview führten Pauline Schnor und Caspar Tobias Schlenk.