Milena Jäckel, Gründerin von Iphoria

Vor sieben Jahren hatte Milena Jäckel eine Idee, Selbstbewusstsein und mehrere Zehntausend Euro. Gemeinsam mit einem Hersteller in der Türkei und einer Grafikdesignerin entwickelte sie die erste Handyhülle für das von ihr gegründete Label Iphoria. Bedrucken ließ sie die Hülle mit dem Motiv einer Nagellackflasche im Stil von Chanel. „Ich war völlig naiv und wusste nicht, dass es einmal so groß werden würde“, erzählt Jäckel beim Gespräch in ihrer Dachgeschosswohnung im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. „Aber ich habe eine Lücke gesehen und die Produkte kamen von Anfang an gut an.“

Jäckel, damals erst 22 Jahre alt, hatte zuerst ein Studium in Modedesign abgebrochen und dann einen Bachelor an der European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel absolviert. Die Idee für ein Label für Tech-Accessoires war ihr schon während des Studiums gekommen. Sie entwickelte weitere Motive für Handy- und Tablethüllen und wenige Monate nach dem Start kürte die renommierte Zeitschrift Textilwirtschaft Iphoria zum „Label to Watch“. Von da an gingen die Verkaufszahlen steil nach oben, große Kaufhäuser boten die Produkte zum Verkauf an. 

„Das geliehene Geld habe ich längst zurückgezahlt“

Mittlerweile ist aus Iphoria eine globale Marke für bunte und verspielte Accessoires geworden. Insgesamt 3.000 Produkte hat das Unternehmen im Angebot, darunter Kosmetiktaschen, Ladekabel für Smartphones und seit 2015 auch Kleidung aus Cashmere. Handyhüllen in allen erdenklichen Größen und Motiven sind nach wie vor der Bestseller. Sie sind bunt bedruckt mit Parfümflaschen, Wassermelonen, Pandabären, Schottenkaro oder Leopardenmuster. Was nach einer wilden Mischung klingt, passt tatsächlich alles zu der Markenwelt von Iphoria. Ihre Produkte sollen „mit einem Augenzwinkern“ gesehen werden, wünscht sich die Gründerin. Besonders in Ländern wie Japan, Südkorea oder China kommen sie gut an. Prominente zählen ebenfalls zu ihren Kunden, darunter die Models Olivia Palermo oder Gigi Hadid. 

2018 machte Milena Jäckel rund 2,5 Millionen Euro Umsatz mit Iphoria. 2019 soll es eine Million mehr sein. Mehrere Hunderttausend Produkte hat sie insgesamt verkauft. Ein immenser Erfolg, wenn man bedenkt, dass die heute 29-Jährige neben dem anfangs geliehenen Geld, das sie von ihren Eltern bekam, nie weiteres Kapital geliehen oder von Investoren eingesammelt hat. „Ich habe immer alles aus dem Cashflow finanziert und die paar Zehntausend Euro längst zurückgezahlt“, sagt sie. „Gerade deswegen haben wir es geschafft, eine nachhaltige Firma und authentische Marke aufzubauen. Wir mussten nie schnell Gas geben.“

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Im Team von Iphoria arbeiten ausschließlich Frauen. 15 Mitarbeiterinnen kümmern sich von Berlin aus um das Marketing, die PR und die Strategie, in Hannover arbeiten fünf weitere für die Logistik und die Buchhaltung. Anfangs reiste Jäckel ständig – von der Türkei, nach Hongkong, über Paris und zurück nach Berlin. Mittlerweile hat sie das Pensum etwas heruntergefahren. „Ich bin zwar erst 29 Jahre alt, aber vor einigen Jahren hatte ich noch viel mehr Energie, da brauchte ich nächtelang keinen Schlaf. Das hat sich verändert.“

Vor 10 Uhr sitzt sie nicht am Schreibtisch

In den vergangenen Monaten hat Jäckel gelernt, dass sie nicht alles kontrollieren und mitentscheiden kann. „Früher war ich bei jeder Mail in cc, wollte wie eine Krake überall noch einmal drübergucken“, erzählt sie. „Dadurch musste ich tagsüber Mails abarbeiten und kam erst nachts dazu, mir Gedanken zur neuen Kollektion zu machen.“ Heute startet sie ihren Tag mit einer Stunde Yoga und sitzt erst um zehn Uhr am Schreibtisch. Einer langjährigen Mitarbeiterin hat sie viele Aufgaben übertragen, als Gründerin kann sie sich so auf das konzentrieren, was sie gut kann: den Überblick über Finanzen und Strategie behalten und das Design der kommenden Saison entwickeln.

Für eine 29-Jährige hat Milena Jäckel schon viel Erfahrung gesammelt: Sie verhandelte jahrelang mit chinesischen und türkischen Produzenten, organisierte zahlreiche Messen und Pop-up-Stores, setzte Vertrieb, Design und Buchhaltung auf. „Wir sind nur so weit gekommen, weil wir ein sehr starkes Team sind. Ich hatte da natürlich eine Vorbildfunktion und habe selbst unglaublich hart gearbeitet“, sagt sie. 

Viel abgucken konnte sich die Gründerin bei ihren Eltern, beide sind Unternehmer im Raum Hannover. Sie seien „wahnsinnig stolz“ auf sie und hätten die Selbstständigkeit immer unterstützt. Gleichzeitig hätten sie auch vor dem vielen Stress gewarnt. Heute weiß Jäckel, was sie meinen: „Wer so jung wie ich ein Unternehmen startet, dem muss klar sein, dass man sehr viel Kraft, Ruhe und Zeit opfern muss“

Heureka Conference – The Startup and Technology Conference

Triff Milena Jäckel, Founder von Iphoria, auf der HEUREKA – The Startup & Tech Conference am 12. Juni 2019 in Berlin.

Bild: Hannah Scherkamp / Gründerszene