Stephan_Leppler gehört zu den Gründern von Motiontag und hat die Position des CEO inne.
Stephan Leppler gehört zu den Gründern von Motiontag und hat die Position des CEO inne.

Motiontag analysiert Verkehrsströme und weiß, wo Menschen in die U-Bahn oder den Zug steigen und wo sie sie verlassen. Das ist für Verkehrsunternehmen ebenso nützlich wie für Firmen, die Menschen mit passgenauer Werbung ansprechen wollen – falls sie das wünschen. Kunden des Startups sind unter anderem die Schweizer Bundesbahnen und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Stephan Leppler hat für die Analytik-Software seines Startups beim Startup-Pitch des Wunder Mobility Summit in Hamburg den ersten Preis gewonnen, der mit Google-Cloudcredits in Höhe von 100.000 Euro dotiert ist. Gründerszene hat Leppler dort getroffen. Im Interview erklärt er, was es mit seiner Plattform auf sich hat.

Ihr habt für die BVG in Berlin gearbeitet. Was habt ihr da gemacht?

Das war ein Pilot. 800 Leute haben einen Monat lang eine App genutzt, um das Verkehrssystem zu verbessern. Wir konnten dabei beweisen, dass unsere Arbeit ein Mehrwert für den öffentlichen Verkehr bietet, beispielsweise als Grundlage, um Planung zu verbessern.

Was habt ihr denn dabei herausgefunden?

Dass unsere Technologie das, was man sonst nur über sehr teure Befragungen herausfindet, auch darstellen kann – aber in deutlich höherer Präzision, tagesgenau sowie in Echtzeit. Wir haben auch gesehen, dass man darüber auch andere Anwendungsfälle für ein Unternehmen wie die BVG erschließt. Darauf darf ich aber nicht weiter eingehen.

Trifft es zu, dass ihr auf Nutzerdaten von Apps zugreifen könnt.

Nein, die Betreiber der Apps integrieren uns in bestehende Applikationen. Der Nutzer muss dem zustimmen. Erst dann geht der Spaß los. Wir sind nicht die Datenkrake, die im Hintergrund läuft. Das ist sehr transparent und für den Nutzer erkennbar.

Welche Informationen wertet ihr konkret aus?

Wir sehen deine Verkehrsnutzung, die wir intermodal darstellen können: also dass du zu Fuß gegangen bist, dann mit der U-Bahn und noch einmal drei Stationen mit dem Bus und so weiter. Wenn der Nutzer Teil eines Treueprogramms ist, bekommt er gewisse Bonusmeilen oder Bonuspunkte. Bei den Schweizer Bundesbahnen zum Beispiel, die unser Software in ihre App integriert haben, bekommst du Gutscheine für den Zoo in Zürich. Bei anderen Apps ist es Teil eines grünen Bonusprogramms, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welchen Einfluss das Mobilitätsverhalten auf die Umwelt hat. 25 Prozent aller CO2-Emissionen kommen nun mal aus dem Verkehr. Und das darzustellen, ist uns sehr wichtig.

Ihr könnt aber auch – gewissermaßen als Beifang – Lifestyledaten erheben?

Du kannst aus dem Verkehrsverhalten eines Nutzers Informationen ablesen: Ob du ein Frühaufsteher bist oder jemand, der weite Strecken pendelt, oder viel Fahrrad fährt. Das ergibt anonymisierte Segmentierungen. So könnte ich dann die Zielgruppe der Leute ansprechen, die zwischen 7.30 und 8.30 Uhr auf dem Weg ins Office sind. Das ist aussagekräftiger, als wenn ich dich über Alter, Soziografie, Hochschulabschluss und Geschlecht beschreibe.

Ist das für euch neben der Verkehrsanalyse ein zweites Geschäftsmodell?

Das eine ist die technologische Komponente, indem wir aus Sensordaten Bewegungsdaten machen. Das nächste ist, aus Bewegungsdaten Insights zu generieren. So kann ich unserem Kunden die Möglichkeit geben, auf der Basis dieser Daten Entscheidungen zu treffen.

Gib mir dafür bitte ein Beispiel.

Ich sitze in der U-Bahn und komme am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg an. In dem Moment bekomme ich eine Push-Notification von meinem Lieblings-E-Scooter-Anbieter, der mir einen Rabatt anbietet, wenn ich einen Roller buche. Wenn der Anbieter unsere Technologie integriert hat, weiß er, wo der Nutzer wahrscheinlich hinfahren möchte. Da ergeben sich dann für unseren Kunden neue Geschäftsmodelle.

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Bild: Motiontag