Die smarte Video-Türklingel Hello Nest.

Für drei Milliarden US-Dollar hat Google das Startup Nest vor vier Jahren übernommen – als Hoffnungsträger im Bereich Smart Home. Jetzt erweitert das Unternehmen sein Programm: Es kündigte die Video-Türklingel „Hello Nest“ an, die für 279 Euro in Europa den Handel kommt. Nest verkauft bereits Rauchmelder und Überwachungskameras auf dem deutschen Markt.

Wenn es an der Haustür klingelt, überträgt die Video-Türklingel das Bild direkt in HD-Qualität auf das das Smartphone. Gäste und Bewohner können miteinander sprechen. Die App sendet auch Kurznachrichten an die Klingel, die als Sprache ausgegeben werden. Wer will, kann den Sprachassistenten Google Home nutzen.

Mit dem Bezahl-Account „Nest Aware“ (5 Euro pro Monat) können Nutzer die Videoaufzeichnungen in der Cloud speichern und im Zeitraffer ansehen. Ferner ist Gesichtserkennung möglich. Man kann dem Gerät beibringen, ob ein Bekannter oder Fremder vor der Tür steht.

Warten auf das smarte Schloss

Die Google-Tochter ist mit ihrer Klingel ziemlich spät dran. Einschlägige Onlineshops bieten bereits ähnliche Produkte von Mitbewerbern an. Und: Eine Funktion fehlt der smarten Klingel von Nest – jedenfalls in Europa. Sie kann die Haustür nicht öffnen. Lionel Guicherd-Callin, der Europa-Produktchef von Nest, führt das auf die unterschiedlichen Schließ-Systeme zurück, die hierzulande in Türen eingebaut sind. „Wir gehen Schritt für Schritt vor.“ Seine Ausrede: Nest sei kein Internethändler.

Damit meint er wohl Amazon. Der Onlinehändler bietet in den USA mit seinem Dienst „Amazon Key“ smarte Schlösser für Haustüren an, mit denen zum Beispiel Lieferdienste die Tür öffnen und Pakete sicher deponieren können. Kurioserweise ist auch Nest in den USA mit einem Schloss am Markt. Es kommt vom Hersteller Yale, der solche smarten Schlössern auch in Deutschland anbietet. 

Amazon sieht bei smarten Türklingeln offenbar viel Potenzial und kaufte gleich mehrere Startups auf: Im Februar 2018 hat der Onlinehändler das Startup Ring übernommen und im Dezember 2017 Blink. Amazon zahlte laut Bloomberg eine Milliarde US-Dollar für Ring und laut Business Insider 90 Millionen Dollar für Blink. 

Auch in einem anderen Bereich bleibt Nest seinen deutschen Kunden eine Lösung schuldig: den smarten Heizungsthermostaten. In den USA und Großbritannien sind sie längst auf dem Markt.Sie machten das Startup bekannt. Als Grund für die Verzögerungen in Deutschland nennt Guicherd-Callin die „anspruchsvollen Heizungssysteme“ hierzulande. Nest wolle keine Kompromisse machen und optimierte Lösungen anbieten.

Damit überlässt die bedächtige Google-Tochter ihren Mitbewerbern weiter den Markt. Und diese zeigen, dass es in Deutschland so kompliziert nicht sein kann: Das Münchener Startup Tado bietet seit sechs Jahren eine solche Lösung an, der Heizungshersteller Viessmann hat sie mit der ViCare-App im Programm – um nur zwei Beispiele zu nennen.

Bild: Nest Labs