Auch Tupperware setzt auf Netzwerkmarketing. Das ist okay – solange es nicht nur um die Provision geht.
Auch Tupperware setzt auf Netzwerkmarketing. Das ist okay – solange es nicht nur um die Provision geht.

Das Netzwerkmarketing wird auch als Multi-Level-Marketing, kurz MLM, bezeichnet. Hierbei handelt es sich um einen Direktvertrieb unter Einsatz mehrerer Wiederverkäufer innerhalb einer pyramidenartigen Vertriebsstruktur. Die Verdienstchancen sind umso besser, je höher die eigene Position in der Hierarchie angesiedelt ist. Viele bekannte Firmen wie Tupperware oder Vorwerk arbeiten mithilfe einer solchen direkten Vertriebsstruktur. 

Teils gibt es heftige Kritik an Netzwerkmarketing-Firmen. Dies liegt daran, dass die Grenzen zu einem wettbewerbswidrigen und strafbaren Schneeballsystem mitunter nicht leicht erkennbar sind oder verschwimmen. Außerdem agieren unter dem Deckmantel des grundsätzlich zulässigen Netzwerkmarketings auch schwarze Schafe. Woran erkennt man aber die Unterschiede zwischen Netzwerkmarketing und einem unzulässigen Schneeballsystem oder Pyramidensystem? 

Was ist Netzwerkmarketing? 

Sämtlichen MLM-Systemen ist gemein, dass der Endkundenverkauf nicht durch den Unternehmer selbst oder durch professionelle Groß- oder Einzelhändler vorgenommen wird. Stattdessen werden ausschließlich Laien als Partner vertraglich verpflichtet, die die Produkte im persönlichen Bekanntenkreis absetzen sollen. 

Dabei trägt der Unternehmer das Lager-, Lieferungs- und Veräußerungsrisiko. Die mit ihm vertraglich verbundenen Laien-Mitarbeiter sind nicht zum Kauf der Produkte verpflichtet. Charakteristisch für Netzwerkmarketing-Systeme ist auch, dass neben den Gewinnen aus den Produktabsätzen zusätzliche Vorteile für das Anwerben neuer Laien-Partner gewährt werden, etwa Provisionszahlung auf den Umsatz der angeworbenen Neupartner. Es gibt zahlreiche Ausgestaltungsmöglichkeiten für derartige Marketingsysteme, die aber folgende Wesensmerkmale gemeinsam haben: 

  • Vorhandene Produktbindung 
    Seriöse Netzwerkmarketing-Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur Produkte eines Anbieters vertreiben. Dahinter steht im Idealfall ein Unternehmen, das den Direktvertrieb nutzt, um höhere Verkaufserlöse zu erzielen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Produkte durch an das Unternehmen gebundene Verkäufer direkt beim Kunden nach vorheriger Beratung in dessen Wohnung verkauft werden. 
  • Laien-Einsatz im Direktvertrieb 
    Die Mitarbeiter in der MLM- Organisation sind hauptsächlich Laien, die nicht selten nebenberuflich tätig sind. Diese suchen den Endkunden (oftmals aus seinem Bekanntenkreis) in seiner Wohnung auf, beraten über die Produkte und nehmen Bestellungen entgegen. Für diese Tätigkeit werden sie von Mitgliedern höherer Vertriebsstufen geschult und fortgebildet, wofür diese wiederum vom verkaufenden Unternehmen durch Umsatzprovisionen oder Boni profitieren. 
  • Stufenmäßig gegliederte Organisation 
    Netzwerkmarketing-Systeme nutzen eine streng hierarchische, stufenförmige Organisationsform. Während Mitarbeiter auf den untersten Stufen ausschließlich für den Verkauf bestimmt sind, ändert sich der Aufgabenbereich in der höheren Stufe hin zu Koordinierungsaufgaben. Angehörige der übergeordneten Stufe helfen den Mitarbeitern auf der unteren Stufe. Durch diese Aufgabenverteilung gibt es einen geringeren Einsatz im Verkaufsgeschäft und eine immer stärker werdende Führungs- und Verwaltungsstruktur. 
  • Downline-Akquirierung neuer Laien-Verkäufer 
    MLM-Strukturvertriebe benötigen immer neue Laien-Mitarbeiter für den Endkundenverkauf. Dazu werden Anreize geschaffen – etwa, dass der werbende Verkäufer durch Provisionen von den Produktabsätzen der von ihm neu angeworbenen Verkäufer profitiert. 

Abgrenzung zum Pyramiden- und Schneeballsystem 

Auf den ersten Blick weisen Netzwerkmarketing-Systeme zahlreiche Parallelen zu den unseriösen und wettbewerbswidrigen Pyramiden- und Schneeballsystemen auf. Beim klassischen Schneeballsystem schließt der Unternehmer zunächst mit dem ersten Abnehmer einen Kaufvertrag, der diesen zur Abnahme von Waren und/oder Zahlung von Eintrittsgebühren verpflichtet.

Dieser Erstkäufer muss die von ihm angekauften Waren weiterverkaufen. Zusätzlich wird ihm aufgegeben, weitere Neukunden für das Unternehmen zu werben. Dafür wird ihm in Aussicht gestellt, dass ihm der Kaufpreis teilweise erlassen oder zurückerstattet wird. Gelingt dem Erstabnehmer die Werbung neuer Abnehmer, so schließt das Unternehmen wiederum mit jenen und mit allen weiteren von diesen geworbenen nachfolgenden Kunden ähnliche Verträge. 

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Beim Pyramidensystem schließt der Unternehmer nur die ersten Kaufverträge mit der ersten von ihm angeworbenen Person. Diese hat sodann die schon gekauften Produkte selbst an weitere, neu angeworbene Kunden zu verkaufen, welche wiederum dasselbe machen sollen. Die Kunden werden auf diese Weise jeweils zum Erwerb von erheblichen, ihren eigenen Bedarf weit übersteigenden Warenmengen veranlasst. 

Der wichtigste Anreiz des Kunden liegt sowohl beim Schneeball-, als auch beim Pyramidensystem nicht im Verkauf der vertriebenen Waren an sich, sondern in der Anwerbung weiterer Käufer und Abnehmer als neue Mitglieder der Vertriebsorganisation. Hierbei handelt es sich um eine unzulässige und wettbewerbswidrige progressive Kundenwerbung, welche auch einen Straftatbestand darstellt. 

Kritisch: Wenn die Provision der einzige Kaufanreiz ist 

Für den Außenstehenden ist es oft schwierig, ein unzulässiges Schneeballsystem von einem legalen Direktvertrieb über Netzwerkmarketing abzugrenzen. Auf jeden Fall sollte man sich die Frage stellen, ob der Kunde das jeweilige Produkt auch kaufen würde, wenn er selbst keine Provision erhalten würde, wenn er durch Empfehlungsmarketing neue Kunden oder Vertriebspartner gewinnt. Denn genau das ist charakteristisch für ein unzulässiges Schneeballsystem: Im Vordergrund steht hier nicht das Produkt, sondern die Provision für die Gewinnung neuer Kunden und Vertriebspartner. 

Die finale Unterscheidung zwischen rechtlich grundsätzlich zulässigem Netzwerkmarketing-Vertrieb und einem wettbewerbswidrigen und unzulässigen Schneeball- und Pyramidensystem ist in jedem Einzelfall im Detail zu prüfen. Gerade die oftmals nicht transparente Vergütungsstruktur des Vertriebssystems gibt Aufschluss über die Einordung des jeweiligen Systems. Die oben aufgezeigten Unterscheidungskriterien können Hilfestellung geben, um die schwarzen Schafe besser ausfindig zu machen. Kritische und rechtswidrige Fälle liegen dort, wo ersichtlich nicht der Warenvertrieb an Endkunden im Vordergrund steht, sondern das Werben neuer Mitglieder, die Eintrittsgelder oder weit überhöhte Einkaufspreise bezahlen sollen, wofür ihnen als Gegenleistung lediglich Werbeprämien oder Provisionen zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt werden.

Bild: Getty Images / JEAN-PHILIPPE KSIAZEK / Staff