Hinter dem schwedischen Unternehmen Northvolt stecken zwei ehemalige Tesla-Manager.

Mit einem Großauftrag erweitert BMW sein Netzwerk für die Belieferung mit Batteriezellen – und will damit zugleich ein Zeichen für eine möglichst umweltschonende Batteriefertigung setzen. Der Münchner Automobilkonzern gab am Donnerstag einen Vertrag mit dem schwedischen Batteriehersteller Northvolt bekannt. Der Auftrag hat ein Volumen von zwei Milliarden Euro. Das schwedische Unternehmen kooperiert auch mit Volkswagen: Wie die Partner bekannt gaben, planen sie den Bau eines Werkes zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien in Salzgitter.

Die Batteriezellen für BMW sollen von 2024 an in der Northvolt-Fabrik im nordschwedischen Skellefteå gefertigt werden, das Werk wird derzeit errichtet. Der nötige Strom für die Zellproduktion soll komplett aus Wind- und Wasserkraft gedeckt werden.

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In den Jahren 2018 und 2019 hatte BMW mit dem chinesischen Batteriehersteller CATL und mit Samsung SDI in Südkorea bereits langfristige Lieferverträge mit einem Volumen von insgesamt rund zehn Milliarden Euro vereinbart. Auch mit dem neuen Auftrag verfolgt BMW zwei strategische Ziele: Beim internationalen Hochlauf der Elektromobilität geht es für die Fahrzeughersteller darum, sich rechtzeitig ausreichende Ressourcen zu sichern.

Zugleich muss die Umweltbilanz bei der Batteriefertigung transparent sein – die Bedingungen, unter denen die Energiespeicher für Elektrofahrzeuge gebaut werden, zählen heutzutage noch zu den Hauptkritikpunkten bei Elektroautos. „Mit Northvolt haben wir einen dritten Batteriezelllieferanten gewonnen“, sagte Andreas Wendt, BMW-Vorstand für Einkauf und Lieferanten. „Der Vertragsabschluss ist ein weiterer Schritt, um unseren steigenden Bedarf an Batteriezellen langfristig abzusichern.“

BMW galt innerhalb der deutschen Automobilindustrie als Vorreiter beim Umstieg auf Elektrofahrzeuge. Der BMW i3 war im Jahr 2013 das erste rein als batterieelektrisches Fahrzeug konzipierte Elektroauto aus deutscher Fertigung. Die Durchdringung des Produktangebotes mit reinen Elektrofahrzeugen und Hybridantrieben aus E-Motoren und Verbrennungsmaschinen ist bei BMW größer als bei den direkten Konkurrenten Audi und Mercedes-Benz. Bis 2023 will BMW insgesamt 25 elektrifizierte Modelle anbieten. Mehr als die Hälfte davon soll vollelektrisch sein.

„Insgesamt gehen wir davon aus, dass elektrifizierte Fahrzeuge bereits vor 2025 zwischen 15 und 25 Prozent unseres globalen Absatzes ausmachen werden“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens auf WELT-Anfrage. „In Europa werden es bis 2021 wohl bereits ein Viertel, bis 2025 ein Drittel und bis 2030 die Hälfte sein.“

Batteriezellen kommen von spezialisierten Herstellern

Parallel zum Hochlauf der Elektromobilität bündeln die Münchner die Kompetenzen für die Antriebsstränge und Stromspeicher in der Forschung und Entwicklung, aber auch in der Produktion.

Das Werk Dingolfing nordöstlich von München wird derzeit für die Produktion von bis zu einer halben Million Elektroantrieben im Jahr ertüchtigt, mit einer Investition von rund 500 Millionen Euro. In München selbst ist die Forschung und Entwicklung für Batteriespeicher konzentriert. BMW fertigt seine Elektromotoren und die Batteriespeicher selbst, die Batteriezellen als Vorprodukt kommen allerdings von den darauf spezialisierten Herstellern. Um die gesamte Wertschöpfungskette bei den Batterien zu kontrollieren, gibt der Konzern seinen Lieferanten die Spezifikationen für die Zellen vor – aber auch einen wesentlichen Teil der äußeren Produktionsbedingungen.

Bei einem vollelektrischen Fahrzeug entfallen bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen allein auf die Herstellung der Batteriezellen. „Deshalb haben wir mit unseren Zellherstellern vertraglich vereinbart, dass sie bei der Produktion unserer fünften Generation von Batteriezellen nur noch Grünstrom verwenden“, sagt Konzernchef Oliver Zipse. Diese nächste Generation von Batteriezellen bringt BMW 2021 an den Markt.

Neben der Entwicklung und Produktion haben die Münchner früh auch die Beschaffung der Rohstoffe organisiert. Die Schlüsselelemente Kobalt und Lithium kauft BMW in Abstimmung mit seinen Batteriezelllieferanten selbst ein.

Kontrollieren will BMW einerseits die Bedingungen, unter denen die Rohstoffe gewonnen werden, aber auch die langfristige Verfügbarkeit. Im Fokus von Umweltschützern und Menschenrechtlern steht dabei immer wieder vor allem Kobalt, das für die Batterien von Elektrofahrzeugen heutzutage noch zwingend gebraucht wird. Die größten Kobaltvorräte liegen im Süden Kongos und werden dort unter sozial und ökologisch teils höchst fragwürdigen Bedingungen abgebaut.

Im vergangenen Jahr startete BMW gemeinsam mit dem Chemiekonzern BASF und dem Elektronikkonzern Samsung das Projekt „Cobalt for Development“, als Auftakt zu einer branchenübergreifenden Initiative. Deren Ziel ist die Verbesserung von Arbeitsbedingungen in einer Kobaltmine im Kleinstbergbau. Die Erkenntnisse aus diesem Pilotprojekt könnten später auf andere Standorte übertragen werden.

In der vergangenen Woche schloss BMW einen Liefervertrag mit dem marokkanischen Bergbauunternehmen Managem Group, mit einer Laufzeit bis 2025 und einem Volumen von rund 100 Millionen Euro. Damit decke BMW rund ein Fünftel des Kobaltbedarfs für die fünfte Generation seiner elektrischen Antriebe ab, sagte Vorstand Wendt. Rund vier Fünftel des benötigten Kobalts werde das Unternehmen aus Australien beziehen: „Allein für Kobalt rechnen wir bis 2025 etwa mit einer Verdreifachung unseres heutigen Bedarfs.“

Seltene Erden kommen vor allem aus China

Einen ganz anderen Weg geht BMW bei den sogenannten Seltenen Erden, einer Gruppe von Metallen und Elementen, darunter Scandium, Yttrium oder Lanthan, die zumeist gemeinsam gefördert und dann aufwendig separiert werden. Ein Hauptproblem bei den Seltenen Erden ist die hohe Konzentration dieser Rohstoffvorkommen speziell in China.

Bei seinen Elektroantrieben will BMW von 2021 an komplett auf den Einsatz von Seltenen Erden verzichten – dadurch, dass die künftigen Elektromotoren keine Magneten mehr haben werden, die Seltene Erden enthalten. „Damit machen wir uns unabhängig von der Verfügbarkeit von Seltenen Erden“, sagte Andreas Wendt.

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Bei der Produktion von Elektroautos will BMW angesichts relativ kleiner Stückzahlen im Premiumsegment flexibel bleiben. Die rein batterieelektrischen Fahrzeuge werden auf denselben Bändern gefertigt wie die Modelle der jeweils gleichen Baureihen mit Verbrennungsmotoren oder mit Hybridantrieben.

Volkswagen als Volumenhersteller hingegen rüstet derzeit ganze Fabriken für die Produktion seiner neuen, rein batterieelektrischen Fahrzeuge wie dem VW ID.3 und dem ID.4 und deren Schwestermodellen für andere Konzernmarken um. Allerdings will auch Volkswagen seine Elektromotoren, die Batteriemodule und die nötige Steuerungselektronik zu einem hohen Grad möglichst selbst produzieren. „Die wichtigsten Dinge dabei machen wir selbst, die weniger wichtigen nicht“, sagt Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess.

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Die chemische Zusammensetzung der Batterien wird sich in den kommenden Jahren mit dem Stand der Forschung weiter verändern – und zugleich auch das Angebot und die Nachfrage nach dem Vorprodukt der Batteriezellen. Mit dem eigenen Kompetenzzentrum in München will sich BMW auf alle Szenarien vorbereiten – und auch die nötigen Batteriezellen künftig im Zweifel selbst fertigen. „Ob wir die Zellen zu einem späteren Zeitpunkt dann auch selbst in Serie produzieren“, sagt Vorstandsmitglied Wendt, „hängt maßgeblich von der Entwicklung des Lieferantenmarktes ab.“

Dieser Artikel erschien zuerset bei Welt.de.

Bild: Nortvolt