Ob man eine neue Kreditkarte bekommt, hängt oft vom Schufa-Score ab.

Die Schufa ist eine Blackbox. Kaum ein Kunde versteht so ganz, wie der sogenannte Score zustande kommt, mit dem seine Bonität vor dem Onlinekauf oder Abschluss eines neuen Handyvertrags überprüft wird. Das Magazin Der Spiegel und der Bayerische Rundfunk (BR) haben nun herausgefunden: Die Bewertung durch die Wirtschaftsauskunftei ist in vielen Fällen äußerst fragwürdig.

Update: In dieser Mitteilung vom 29. November 2018 nimmt die Schufa zu den Vorwürfen Stellung. Sie bezeichnet die Berichterstattung darin als unzutreffend.

„Viele Menschen werden unverschuldet zum Risiko erklärt“, schreiben die Journalisten, die gemeinsam die Schufa-Daten von mehr als 2.000 Personen ausgewertet haben. Diese stammen aus dem Projekt OpenSchufa, das Verbraucher im Frühjahr 2018 dazu aufgerufen hat, ihre Schufa-Auskunft anzufordern und anonym hochzuladen. Keine repräsentative Stichprobe, geben die Autoren zu, aber ein „nie dagewesener Einblick in das Innerste von Deutschlands wichtigster Auskunftei“, wie sie sagen.

Vor allem fällt die Diskrepanz auf zwischen dem, was die Schufa über viele Menschen weiß, und dem Score, den sie daraus für sie ableitet:

  • Von mehr als 90 Prozenzt aller Verbraucher hat die Schufa nach eigenen Angaben nur „positive Vertragsinformationen“ vorliegen. Trotzdem bescheinigt sie jedem Achten im OpenSchufa-Datensatz, bei dem das der Fall ist, ein „erhöhtes“ oder sogar „hohes“ Risiko.
  • Zu 23,7 Prozent der Personen im Datensatz verfügt die Schufa über lediglich drei oder weniger Information aus dem Wirtschaftsleben. Das können der Abschluss eines Handyvertrags oder die Eröffnung eines Girokontos sein. Mehr als 20 Personen im Datensatz wird trotz einer derart dünnen Datenlage und auschließlich positiver Einträge ein „erhöhtes Risiko“ bescheinigt.

Aus dem Datensatz lesen Spiegel und BR außerdem ab, dass sich auch Kriterien, die nicht direkt mit dem Wirtschaftsleben zu tun haben, negativ auf den Schufa-Score auswirken können:

  • Junge Männer scheinen als Risikogruppe zu gelten. Unter dem Punkt „Allgemeine Daten“ bewertet die Schufa das Bonitätsrisiko anhand von Informationen wie Geburtsdatum, Geschlecht und Anzahl der gespeicherten Adressen. Im Datensatz stehen hier bei Männern häufiger Minuszeichen als bei Frauen – und bei Männern unter 30 Jahren öfter als bei älteren. Auch viele Umzüge wirken sich laut den Autoren möglicherweise negativ aus.
  • Auch veraltete Score-Versionen sind in diesem Zusammenhang ein Problem. In ihnen spielen Alter und Geschlecht noch eine stärkere Rolle als es in den aktuellsten Varianten der Fall ist. Das Problem: „In den vorliegenden Daten haben Unternehmen im Jahr 2018 mehrheitlich alte Score-Versionen angefragt.“

In einem Fall, der dem Spiegel und dem BR vorliegt, führten die fragwürdigen Bewertungen beispielsweise dazu, dass einem Kunden die Erhöhung seines Kreditkartenlimits verwehrt wurde. 27 von 30 der größten Onlineshops in Deutschland behalten sich laut den Recherchen außerdem die Bonitätsprüfung vor. Das Verfahren könne Unschuldige treffen, schreiben die Autoren, bis hin zur Löschung der Bestellung.

Bundesjustizministerin Katharina Barley forderte als Reaktion auf die Recherchen mehr Transparenz von der Schufa. „Jeder Bürger muss das Recht haben zu erfahren, welche wesentlichen Merkmale in die Berechnung der eigenen Bonität eingeflossen sind und wie diese gewichtet werden“, sagte die SPD-Politikerin.

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Bild: Getty / S3studio; Der Text wurde nachträglich um den Link zur Stellungnahme der Schufa ergänzt.