Die drei Gründer von Ottonova (von links): Frank Birzle, Sebastian Scherer und Roman Rittweger.
Die drei Gründer von Ottonova (von links): Frank Birzle, Sebastian Scherer und Roman Rittweger.

Eines hat Ottonova-Gründer Roman Rittweger im vergangenen Jahr gelernt, sagt er: „Wir kommunizieren keine Kundenzahlen mehr“. Nachdem seine private Online-Krankenversicherung im Juni 2017 an den Start gegangen war, warben er und sein Team bis Jahresende nur eine mittlere dreistellige Zahl an Kunden an. Diese zahlten 31.000 Euro an Beiträgen ein. Die niedrigen Zahlen bescherten Ottonova negative Presse – etwas, das Rittweger nun offenbar vermeiden möchte, wie er im Gespräch mit Gründerszene deutlich macht.

Seinen Finanzlagebericht von 2018 legte Ottonova Gründerszene dennoch vor, wenn auch ohne Kundenzahlen. In seinem ersten vollen Geschäftsjahr nahm das Insurtech demnach Kundenbeiträge in Höhe von 969.000 Euro ein, 31 mal so viel wie im halben Geschäftsjahr 2017. Ganz vergleichbar sind die Zahlen allerdings nicht, denn 2017 hatte das Startup nur zwei Tarife im Angebot: eine Krankheitskosten-Vollversicherung und eine Pflegepflichtversicherung. 2018 kamen eine Krankenversicherung für Beihilfeberechtigte und eine Krankenzusatzversicherung dazu. Einnahmen erzielt das Münchner Startup zudem, indem es seine Kundenbeiträge in Form von Aktien und Immobilien anlegt. 2018 kamen darüber 51.000 Euro rein, diese flossen laut der Firma „fast vollständig“ in Rückstellungen für die Kunden. 

Hohe Aufwendungen sorgen weiterhin für Millionenverlust

Den Einnahmen gegenüber stehen Ausgaben für tatsächlich eingetretene Versicherungsfälle in Höhe von 887.000 Euro. Diese Summe ist also fast so hoch wie die Summe der eingenommenen Beitragsgebühren. Das sei nur ein anfängliches Problem, so Rittweger: In den 887.000 Euro seien Fixkosten wie etwa das Gehalt der Mitarbeiter eingeschlossen, die die Fälle bearbeiten. „Je mehr Versicherte wir haben, desto niedriger werden die Fixkosten pro Kunde sein.“ Mit derselben Mitarbeiterzahl will Ottonova also in Zukunft deutlich mehr Versicherungsfälle bearbeiten können. „Knapp unter 100“ Mitarbeiter beschäftigt das Startup derzeit laut CEO Rittweger.

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Des Weiteren fielen bei Ottonova 775.000 Euro für Abschlussaufwendungen an. Dazu zählen alle Kosten, die durch den Abschluss neuer Versicherungsverträge anfallen – also etwa Marketing, Provisionen für Tippgeber oder die Risikoprüfung der Kunden. 2017 hatte das Startup nach eigener Aussage mehrere Tausend Euro für jeden Neukunden aufgewendet. Zu den Kosten pro Kunde für 2018 schweigt Rittweger.

Daneben verzeichnete Ottonova 2018 „sonstige Aufwendungen“ und Verwaltungsaufwendungen in sechsstelliger Höhe. Insgesamt kommt das Insurtech so auf ein versicherungstechnisches Ergebnis (heißt: das, was nach Abzug der Aufwendungen von den Einnahmen übrig bleibt) von minus 1,5 Millionen Euro. 2017 lag der Betrag bei minus 728.000 Euro. Die Verluste lägen dennoch „im geplanten Bereich“, so Rittweger. Man habe dafür in den ersten Geschäftsjahren einen Sicherheitspuffer von acht Millionen Euro eingerichtet. Umsatz- und Verlustprognosen für 2019 kommuniziert der Gründer nicht.

Breakeven-Ziele für 2020 werden nicht erreicht

Ursprünglich hatte Ottonova angestrebt, kommendes Jahr profitabel zu sein. 12.000 Versicherte brauche man dafür, sagte Rittweger 2017. „Dieses Ziel erreichen wir nicht. Wir haben den Businessplan letztes Jahr dahingehend angepasst“, sagt er heute. Seitdem liege man „über den eigenen Erwartungen“. Wann er die Gewinnschwelle nun erreichen will, verrät Rittweger nicht. Zum Vergleich: Das US-amerikanische Vorbild von Ottonova, das New Yorker Startup Oscar, war im dritten Geschäftsjahr profitabel. Die Online-Krankenversicherung hatte allerdings nach einem Jahr über 17.000 Versicherte akquiriert. Heute sind bei Oscar 275.000 US-Amerikaner versichert.

Ottonova will nun weitere Nutzer gewinnen, indem es seine Versicherungstarife auf Vergleichsportale stellt und Tests unterziehen lässt. Offenbar keine schlechte Idee: Mit seinem neuesten Tarif, einer Zahnzusatzversicherung, wurde das Startup kürzlich Testsieger bei Stiftung Warentest. In diesem Jahr wollen Rittweger und sein Team außerdem eine neue Finanzierungsrunde abschließen – das hatten sie allerdings auch schon vergangenes Jahr angekündigt. Etwa 40 Millionen Euro hatte Ottonova schon vor dem Start von Investoren bekommen, darunter HV Holtzbrinck und Tengelmann Ventures.

Mit dem ersten vollen Geschäftsjahr sei er zufrieden, sagt Rittweger. „Der Start 2017 war zäher als erwartet, doch jetzt wachsen wir.“

Bild: Ottonova