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Kennt sich in Sachen Produktion im chinesischen Raum bestens aus: Ralf Dümmel

Mit seiner Firma DS Produkte handelt der Unternehmer und Investor Ralf Dümmel, bekannt aus der TV-Show „Die Höhle der Löwen“, mit Konsumgütern aller Art. Einen Großteil davon lässt das in der Nähe von Hamburg ansässige Unternehmen in China produzieren – seit vier Jahrzehnten. Wie funktioniert das Business mit chinesischen Herstellern, wie finden deutsche Unternehmer die richtigen Partner – und wie kommt die Ware überhaupt nach Deutschland? Ein Gespräch mit einem, der es wissen muss.

Ralf, bei „Made in China“ denken viele an Ausbeutung und gefährliche Zustände in den Fabriken. Was sagst du zu solchen Bedenken?

Auch ich würde am liebsten alles in Deutschland produzieren lassen, aber das ist nicht bei allen Produkten wettbewerbsfähig. In China ist es wichtig, sich die richtigen Hersteller zu suchen. Wir produzieren nur in BSCI*-zertifizierten Fabriken. Das heißt, dass dort auf soziale Standards bei den Arbeitsbedingungen wert gelegt wird. Dort gibt es zum Beispiel eine Fünftagewoche, bezahlte Überstunden, Festanstellungen, vernünftige Löhne und keine Kinderarbeit.

*BSCI steht für Business Social Compliance Initiative, einen Zusammenschluss von Handelsunternehmen und Herstellern, die sich für die weltweite Verbesserung von Arbeitsbedingungen einsetzen. Die Mitglieder müssen sich an elf Prinzipien halten, etwa: keine Kinderarbeit, angemessene Arbeitszeiten, faire Löhne, Krankenversicherungen für alle Angestellten und weder Schwarz- noch Zwangsarbeit. 54.000 Hersteller und 2.000 Unternehmen aus 130 Ländern sind Teil der Initiative.

Welche Produkte empfehlen sich für die Produktion in China?

Produkte, die maschinell gefertigt sind, kann man gut in Deutschland oder Europa herstellen, weil der Rohstoffpreis der gleiche ist. Wo viel von Hand getan werden muss, ist es in Asien günstiger, weil die Lohnkosten in China unter denen in Deutschland liegen. Wir verkaufen gerade beispielsweise einen Hochtemperatur-Grill, mit dem man Fleisch bei 800 Grad grillen kann. Er besteht aus vielen Einzelteilen, und entsprechend viele Arbeitsschritte sind nötig. So etwas würde man in Deutschland nicht annähernd zu einem wettbewerbsfähigen Preis produzieren können. Jetzt könnte man einwerfen: „Aber es gibt doch Grills, die in Deutschland produziert werden.“ Ja, die gibt es. Sie kosten dann aber 1000 Euro. Dafür mag es einen kleinen Markt geben, aber es ist nicht der Massenmarkt.

Wie viel Preisersparnis können Firmen durch die Produktion in China erreichen?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. Aber trotz der Verfrachtung ist die Produktion in China deutlich günstiger als in Europa. Das verdeutlicht, wie groß der Preisunterschied ist.

Auf welche Wege setzt ihr bei der Fracht?

Wir versuchen, alles mit Schiffen zu schaffen. Alternativ gibt es inzwischen attraktive Bahnverbindungen. Luftfracht nehmen wir in den allerseltensten Fällen. Das ist sehr teuer und sollte nicht zur Regel werden.

Wie lang dauert die Verschiffung?

Das kommt darauf an, welchen Hafen und welches Schiff man nimmt. Aus Hongkong kann man es bestenfalls in 21 Tagen schaffen, in der Regel sind es aber 30 Tage. Es gibt immer wieder Reedereien, die langsamere und dafür günstigere Schiffe anbieten. So kann man Geld sparen. Über das Thema Verschiffung muss sich ein Startup aber nicht viele Gedanken machen, es gibt professionelle Spediteure, die alles übernehmen. Prüfen sollte man, ob der Spediteur auch die Versicherung übernimmt.

Was ist beim Thema Zoll zu beachten?

Grundsätzlich wird jede Ware aus China verzollt. Jedes Produkt ist eintarifiert, und danach richtet sich der Zollsatz**. Es gibt immer wieder Strafzölle, etwa auf Porzellan, wodurch der Zollsatz steigt. Da muss man aufpassen: Wenn der Zollsatz zu hoch wird, kann das dazu führen, dass Produktionen in Asien weniger Sinn ergeben.

**Wer Waren in die Europäische Union importiert, muss Zoll bezahlen. Die Höhe des Zollsatzes hängt vom Herkunftsland und der Produktart ab. Welche Zölle anfallen, können Startups beispielsweise den Websites der Europäischen Kommission (https://ec.europa.eu/ taxation_customs/dds2/taric/taric_consultation. jsp) oder der deutschen Zollverwaltung (http://auskunft.ezt-online.de/ezto/Welcome.do) entnehmen.

Wenn ein Startup sich entscheidet, dass es in China produzieren möchte, was ist dann der nächste Schritt?

Einer der besten Tipps ist, auf Messen zu gehen. In China empfiehlt sich die Canton Fair, aber auch in Deutschland gibt es genügend Messen, auf denen internationale Hersteller ausstellen. Empfehlenswert sind etwa die Ambiente oder die ISPO.***

***Die Canton Fair gilt als größte Herstellermesse Chinas. Sie findet zweimal jährlich in der 200 Kilometer von Hongkong entfernten Stadt Kanton statt. Die Ambiente ist eine jährliche internationale Konsumgütermesse in Frankfurt am Main. Der Schwerpunkt liegt auf Einrichtungs-, Geschenk- und Haushaltsartikeln. Bei ISPO in München finden sich hingegen Hersteller von Sportartikeln zusammen.

Was ist zu beachten, wenn man sich auf einer Messe nach Herstellern umschaut?

Auf jeden Fall sollte man die Firmen fragen, ob sie Erfahrung mit Europa haben. Die gesetzlichen Auflagen sind in Deutschland berechtigterweise streng, was Chemikalien, Farben oder Kunststoffe angeht. Da ist es besser, man arbeitet mit einem Hersteller, der diese Auflagen schon kennt und weiß, welche Zertifikate gebraucht werden. An dieser Stelle also ganz konkret beim potenziellen Lieferanten fragen: Wann habt ihr mit wem und wo schon Geschäfte gemacht?

Gibt es Warnsignale, bei denen Gründerinnen und Gründer sich von einem Hersteller fernhalten sollten?

Chinesische Hersteller sagen gern zu allem Ja. Man sollte sich nicht auf alles verlassen, was einem versichert wird. Dabei helfen einem Firmen, die Kontrollservices vor Ort in China anbieten. Sie kontrollieren etwa die Produktion oder die Ware vor der Verschiffung. Für uns arbeiten 25 Leute in Hongkong und Ningbo ausschließlich daran, Produktqualität und Fabriken zu checken. Es ist jedem zu empfehlen, Geld in diesen Aspekt zu investieren. Ist die Ware erst mal mit Mängeln in Deutschland, ist es zu spät.

Sollten Gründer selbst nach China fahren, bevor die Produktion startet?

Das ist Pflicht. Wer Geschäfte mit einer Fabrik machen will, sollte das nicht übers Internet tun. Man sollte sich nicht auf ein Gespräch auf der Messe verlassen, sondern sich die Produktion angucken. Ich habe schon erlebt, dass ein Aussteller mir vorgaukelte, er habe eine Fabrik für Sportgeräte. Vor Ort haben wir gemerkt, dass er gar keine Sportgeräte produzieren kann. Im optimalen Fall fliegen Unternehmerinnen und Unternehmer zweimal nach China: Einmal, bevor es losgeht, und einmal, um die laufende Produktion anzuschauen.

Bin ich als Kunde des Herstellers verantwortlich für die Sicherheit der Arbeitnehmer vor Ort?

Unabhängig davon, dass jeder eine moralische Pflicht hat, gilt: Wer mit seinem Startup Großkunden in Deutschland mit Ware aus China beliefern möchte, unterschreibt Verträge, in denen steht, dass er dafür sorgt, dass soziale Standards eingehalten werden. Insofern ist man gegenüber seinen Kunden in der Pflicht, nicht gegenüber der Fabrik in China.

Gibt es weitere Besonderheiten bei chinesischen Herstellern?

Speziell ist zum Beispiel, dass viele Arbeitnehmer direkt an den Fabriken wohnen, weil sie vom Land kommen. Beachten muss man auch das chinesische Neujahrsfest, zu dem viele Fabriken im Januar und Februar mehrere Wochen lang schließen. Die meisten Arbeitnehmer reisen in dieser Zeit nach Hause. Manche haben davor so viel Geld gespart, dass sie nicht wiederkommen. Deswegen sind die Produktionskapazitäten nach dem Fest nie die gleichen wie davor. Das muss man wissen und einplanen.

Wie hat sich China nach deinem Empfinden in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt?

Die Arbeitsbedingungen sind deutlich besser geworden und auch der Umweltschutz. Trotzdem gibt es immer noch Luft nach oben. Das Land boomt. Manche Fabriken bevorzugen daher inzwischen den Inlands- markt und wollen gar nicht unbedingt exportieren, weil sich Menschen vor Ort durch die gestiegenen Löhne mehr leisten können.

Wenn die Löhne weiter steigen, ergibt es dann überhaupt noch Sinn, in China produzieren zu lassen?

Noch tut es das. Die Lebenshaltungskosten in China sind deutlich geringer, und somit sind die Lohnkosten in China und Europa nach wie vor nicht vergleichbar. (Der durchschnittliche Jahreslohn in China betrug laut Laenderdaten.info im Jahr 2017 umgerechnet 7692 Euro. In Deutschland lag er bei 38.683 Euro. Laut „Handelsblatt“ sind die Löhne in China zwischen 2012 und 2017 um durchschnittlich 9,8 Prozent pro Jahr gestiegen, d.Red.)

Mehr Tipps von namhaften ExpertInnen lest ihr im neuen Gründerszene Report „Business in China“. Hier könnt ihr einen Blick hineinwerfen.

Bild: Getty Images/ Tristar Media/ Kontributor

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