Die Gründerteams von Flixbus (o.), Getyourguide (u.l.) und Tourlane (u.r.) sehen grad massive Umsatzeinbrüche.

Investoren, die Flixbus, Getyourguide oder Omio in ihrem Portfolio listen, konnten bislang besonders stolz sein. Alle drei Unternehmen wurden bei vergangenen Finanzierungsrunden mit Milliardenbeträgen bewertet. Tourlane und Tourradar, beides Anbieter für private Reisepakete, sollten die nächsten Einhörner werden. So die Hoffnung. 

Doch aktuell müssen sich Geldgeber große Sorgen um diese Reiseunternehmen machen. Der Traum des weltweiten Aufstiegs oder eines Börsengangs ist vermutlich vorerst vorbei. Die Umsätze der genannten Startups sind beinahe komplett auf null gesunken, weil Kunden in Zeiten von Corona nicht mehr reisen. Das führt in der Branche zu Kurzarbeit und auch Entlassungen. 

Wie geht es den einzelnen Unternehmen aktuell? Gründerszene hat nachgefragt. In den meisten Fällen hielten sich die Ansprechpartner jedoch bedeckt. Aus dem Umfeld der Portale ist zu hören, dass die Lage schlechter sei, als es teilweise nach außen kommuniziert wird.

FromAtoB

Ähnlich wie bei Omio können Nutzer über die Seite von FromAtoB Bahn-, Bus- und Flugtickets kaufen. Nach einem Insolvenzprozess 2018 wurde der Marktplatz wenige Monate später vom Tankstellenbetreiber Tank & Rast übernommen. „Wir sind erst einmal finanziert“, so Gründer und CEO Gunnar Berning mit Blick auf die kommenden Monate.

Die Buchungen seien mittlerweile um mehr als 85 Prozent eingebrochen, sagt Berning zu Gründerszene. Rund 200 Bestellungen am Tag werden aktuell noch über das Portal abgewickelt – von Spontankäufern sowie Schnäppchenjägern, die günstige Bahnfahrten für den Sommer oder schon für die Weihnachtszeit erwerben. 

Seine laufenden Kosten habe das zwölf Jahre alte Portal um 75 Prozent senken können, so der CEO. Entlassungen habe es bisher nicht gegeben, aber sämtliche 89 Mitarbeiter wurden Mitte April in Kurzarbeit geschickt. Das Unternehmen sei im „Winterschlaf-Modus“, sagt Berning. FromAtoB habe alle Marketingaktivitäten eingestellt, das Marketingteam habe der Gründer daher auf „Kurzarbeit Null“ heruntergefahren. Das heißt, die Angestellten arbeiten aktuell gar nicht.

Flixbus

Die Corona-Krise trifft das Münchner Reiseunternehmen Flixmobility der Gründer Jochen Engert, André Schwämmlein und Daniel Krauss schwer: Seit dem 17. März fahren keine Busse von Flixbus mehr – weder innerhalb der Bundesrepublik noch grenzüberschreitend von und nach Deutschland. Die Zugfahrten, die unter dem Namen Flixtrain angeboten werden, fallen derzeit ebenfalls komplett aus. Nun haben die Münchner die Konsequenzen gezogen und schicken fast alle 1.000 Mitarbeiter in Deutschland zum 1. April in Kurzarbeit, wie Flixmobility auf Nachfrage von Gründerszene bestätigte.

Lediglich eine Handvoll Manager aus der obersten Führungsebene seien von dieser Maßnahme ausgenommen. Die Gründer werden vorerst auf die Hälfte ihres Gehalts verzichten, heißt es in einer Mitteilung. Bisher habe es in Deutschland keine Entlassungen gegeben und es seien – zumindest hierzulande – auch keine geplant. Fragen zu Mitarbeitern an anderen Standorten weltweit wollte das Unternehmen nicht kommentieren.

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Flixmobility konnte bei einer Bewertung von mehr als zwei Milliarden Euro im vergangenen Sommer 500 Millionen Euro von Investoren wie Holtzbrinck Ventures einsammeln. 

Tourlane

Das Berliner Portal Tourlane übernimmt die Urlaubsplanung für seine Kunden selbst. Die Nutzer geben an, wohin sie fliegen wollen, das Team bucht dann etwa Hotels und Ausflüge. Nun sind die Mitarbeiter aber vor allem mit Umbuchungen und Stornierungen beschäftigt.

Die Gründer Julian Weselek und Julian Stiefel hätten sich schon im Februar von Angestellten getrennt, so das Unternehmen. Um die Umsatzrückgänge durch die Corona-Krise abzufedern und somit vorzeitig Kosten einzusparen, lautet die Begründung. In der vergangenen Woche ist Tourlane den nächsten Schritt gegangen: „Um einen umfangreichen Mitarbeiterabbau zu vermeiden, haben wir für einen Teil der Mitarbeiter bis auf Weiteres Kurzarbeit eingeleitet“, schreibt ein Sprecher. Rund 300 Personen beschäftigt die Reiseplattform. Wie viele Angestellte von den Entlassungen und den Gehaltskürzungen betroffen sind, will das Portal nicht sagen.  

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Auch zur finanziellen Situation äußert sich Tourlane nicht. Vor etwa einem Jahr holte sich das Startup 63 Millionen Euro für sein Geschäftsmodell, unter anderem vom Star-VC Sequoia. Tourlane habe ausreichend Kapital zur Verfügung, um die Krise zu überstehen, heißt es lediglich von dem Startup. 

Omio

Das Berliner Unternehmen Omio, das mittlerweile mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet wird, habe bisher keinen der rund 400 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Entlassungen hat es ebenfalls keine gegeben, wie Omio auf Nachfrage von Gründerszene angibt. Jedoch: „Wir machen fast keinen Umsatz aktuell“, sagt ein Sprecher. Alle Marketingkampagnen seien komplett gestoppt worden. 

Nutzer aus mehr als 120 Ländern können über Omio Reiserouten per Bus, Bahn und Flugzeug durch Europa, Kanada oder die USA von verschiedenen Mobilitätsanbietern buchen. Nach eigenen Angaben hatte Omio vor der Coronakrise mehr als 27 Millionen Nutzer monatlich. Ist es für Omio nun ein Vorteil, sehr schlank aufgestellt zu sein und nur etwa ein Viertel so viele Angestellte wie Flixmobility bezahlen zu müssen, wenn auch vermutlich mit höheren Gehältern? „Wir sind sehr flexibel, das ist vermutlich ein Vorteil“, so der Sprecher. „Aber das schützt uns kein bisschen. Wir werden in einer ähnlichen Lage wie andere Unternehmen sein.“ 

Getyourguide

Kunden von Getyourguide buchen ihre Museumsbesuche und Sightseeing-Touren selten Monate im Voraus, sondern spontan. Ein Modell, das für die Gründer Tao Tao und Johannes Reck nun Probleme bereitet. Die Anzahl der Bestellungen sei seit Anfang März weltweit um die Hälfte eingebrochen, schreibt eine Sprecherin. „Eigentlich waren wir von einer Verdopplung des Geschäfts ausgegangen und sind jetzt zu null Euro Umsatz innerhalb von vier Wochen gekommen“, so Reck vor einer Woche im OMR-Podcast

Aktuelle Zahlen zum Umsatz sind über die Berliner Plattform nicht bekannt. Rund 25 Millionen Tickets werden jährlich über Getyourguide abgewickelt, hieß es zuletzt im Sommer

Auf Kurzarbeit sei das Unternehmen bisher nicht umgestiegen. Die Berliner beschäftigen nach eigenen Angaben mehr als 600 Mitarbeiter. „Wir haben genug Geld zu Verfügung, um diese Krise zu überstehen“, schreibt Getyourguide. Im Mai steckten Softbank und weitere Gesellschafter über 400 Millionen Euro in das Portal

Tourradar

Tourradar wurde 2010 von den Brüdern Shawn und Travis Pittman in Wien gegründet. Die Australier haben in der Österreicher Hauptstadt einen Marktplatz für mehrtägige Gruppenreisen aufgebaut. „Bei Tourradar sehen wir Einbrüche und einen Nachfragerückgang, obwohl wir normalerweise zu dieser Jahreszeit Umsatzspitzen und ein konstantes Wachstum verzeichnen würden“, schreibt CEO Travis Pittman.

Entlassungen sowie Kurzarbeit habe es bei Tourradar nicht gegeben, so das Wiener Startup. Im Januar waren laut des Online-Magazins Brutkasten noch 270 Personen bei dem Portal angestellt. Tourradar schaue sich allerdings die staatlichen Förderprogramme an. Zuletzt haben die Brüder im Juni 2018 eine Finanzierung über rund 43 Millionen Euro erhalten. Travis Pittman hofft, dass die bisherigen Maßnahmen im Kundenservice ausreichen, damit die Gründer die Krise „durchhalten werden“.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst am 30. März 2020 und wurde am 15. April mit Informationen über FromAtoB ergänzt.

Bild: Flixbus, Getyourguide, Tourlane