Das Hemd ist jetzt schön gebügelt: Robert Maier war erst Gründer, nun ist er hauptberuflich Investor.

Robert Maier war dabei, als die Startup-Szene in Berlin richtig Fahrt aufnahm. Nach seinem Studium an der WHU gründete er Anfang 2009 – nur wenige Monate nach Zalando – das Unternehmen Ladenzeile gemeinsam mit Johannes Schaback. Ladenzeile gehört heute zu Axel Springer, Maier stieg im Dezember 2018 aus.

Im vergangenen Sommer hat Maier erfolglos für den SPD-Parteivorsitz kandidiert. Nun wird der 39-Jährige Partner beim bekannten Investor Holtzbrinck Ventures. Dabei war Maier auch in den vergangenen Jahren bereits als Geldgeber tätig: Sein privates Geld hat er nach eigener Aussage bereits in mehr als 50 Startups investiert, darunter Flaschenpost, Lillydoo und Audibene. Im Interview begründet er seine Entscheidung, nun hauptberuflich Investor zu werden und verrät, was Gründer und Gründerinnen beweisen müssen, damit er ihnen Geld gibt. 

Robert, im vergangenen Sommer wolltest du noch Vorsitzender der SPD werden, nun wirst du Partner bei Holtzbrinck Ventures. Ein radikaler Wechsel. Warum?

Die Möglichkeit zur Kandidatur für den SPD-Vorsitz hat sich kurzfristig durch den Rücktritt von Andrea Nahles ergeben. Ich wollte verhindern, dass die SPD zur zweiten Linkspartei wird. Deswegen habe auch ich meinen Hut in den Ring geworfen. Als das Ergebnis der Wahl feststand, war mir klar, dass ich meinen bisherigen Werdegang in der Startup-Szene fortsetzen und die Politik weiter nur von außen begleiten würde.

Da hast selbst erfolgreich gegründet und dein Unternehmen zehn Jahre geführt. Wieso wirst du nun Investor?

Ich bin seit mehr als einem Jahrzehnt als Business Angel aktiv. Das hat mir immer viel Freude bereitet. Gemeinsam mit Holtzbrinck kann ich nun Firmen zu einer ganz anderen Größe führen, als es mir als Business Angel möglich ist. Manche sagen mir, dass ich jetzt die Seiten wechsle. Dann entgegne ich, dass die Startup-Szene für mich ein Ökosystem ist – es gibt nicht zwei Seiten.

Was gefällt dir am Job des Investors?

Mich reizt der Austausch mit Gründerinnen und Gründern über Innovation. Mir ist es wichtig, dass sich auch in Deutschland gute Firmen und Dienstleister entwickeln und wir nicht so abhängig werden von beispielsweise amerikanischen und chinesischen Playern.

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Wieso willst du selbst dann nicht noch einmal ein Unternehmen gründen?

Es ist nicht trivial, eine gute Idee zu finden. Viele Leute haben welche, aber mir fehlte die Top-Idee, bei der ich gedacht habe: Wow, da lege ich jetzt los! Hätte ich die gehabt, wäre ich wieder Gründer geworden. Aber die Zeiten haben sich geändert, es ist nicht mehr so wie vor zwölf Jahren, als ich Ladenzeile gestartet habe.

Was hat sich in den vergangenen Jahren geändert?

Damals waren viele Branchen noch gar nicht online oder digitalisiert und die Startups haben das schrittweise geändert. Diese Goldgräber-Stimmung ist vorbei. Heute findet die Differenzierung nicht mehr zwischen Offline und Online statt, sondern über die Qualität des Produkts. Man muss also daran arbeiten, der Beste in seinem Segment zu sein.

Ist es als Investor dennoch ein großer Vorteil, dass du selbst einmal gegründet hast?

Ich glaube, das ist ein Vorteil unter bestimmten Gegebenheiten. Gerade jetzt in der Krise kann ich Gründern und Gründerinnen mit meiner Erfahrung helfen: Wie gelangt man erfolgreich durch die Krise? Wie fährt man die Kosten vernünftig herunter? Wenn man das alles selbst durchgemacht hat, kann man anderen helfen, dieselben Fehler zu vermeiden.

Welche Fähigkeiten hast du ansonsten, die dich zum Partner in einem großen VC qualifizieren?

Das ist eine gemeine Frage. Ich habe nicht nur eine Firma mit 300 Mitarbeitern aufgebaut und lange geführt, sondern auch erfolgreich als Business Angel in viele Startups investiert. Außerdem zeichnet mich meine Empathie gegenüber Gründern und ihren Mitarbeitern aus.

Viele Investoren haben anders als du nie selbst gegründet. Ist das demnach ein Problem?

Generell stimmt es, dass nicht alle Investoren schon mal selbst Gründer waren. Aber ist das schädlich? Das will ich gar nicht sagen. Als die Startup-Szene entstand, gab es logischerweise viele Investoren, die nie selbst gegründet hatten. Es ist also keine Grundvoraussetzung, aber klar: Investoren, die nie gegründet haben, fehlt die operative Erfahrung.

Du darfst nun mitentscheiden, wem Holtzbrinck Geld gibt. Worauf achtest du bei Gründerinnen und Gründern?

Erstens: Sei kein Arschloch. Denn das ist nicht selbstverständlich. Es ist das Schlimmste für alle Beteiligten, wenn man mit Leuten zusammenarbeitet, mit denen es keinen Spaß macht, die einen nicht gut behandeln oder die nicht ehrlich und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.

Und zweitens?

Sei getrieben und verpflichte dich. Es kommen viele Personen auf mich zu und stellen mir eine Idee vor. Manche sagen dann, dass sie ihren Job aufgeben würden, wenn ich ihnen Geld gebe. Das ist mir nicht genug. Wenn jemand überzeugt und mutig ist, dann erwarte ich, dass er oder sie ohne meine Zusage aus dem Job aussteigt und erst einmal das eigene Geld zusammenkratzt oder einen Kredit aufnimmt – also irgendetwas macht, um mir zu zeigen, dass er oder sie wirklich zu 100 Prozent an die Idee glaubt und dafür einsteht.

Hinweis: Axel Springer ist Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zu Business Insider findet ihr hier: www.businessinsider.de/informationen/impressum Die Berichterstattung über Ladenzeile findet in jeder Hinsicht unabhängig von Axel Springer statt.

Bild: Holtzbrinck Ventures / Evelin Frerk