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Oliver Samwer Rocket Internet
Oliver Samwer hat Rocket Internet zum Preis von 42,50 Euro pro Papier an die Börse gebracht. Die Aktionäre sollten beim Rückkauf nur 18,57 Euro bekommen.

Anfang September überraschte Rocket Internet damit, das Unternehmen von der Börse nehmen zu wollen. Den Aktionären wurde ein Betrag angeboten, der nicht einmal der Hälfte des Ausgangspreises entspricht. Bei der Hauptversammlung drei Wochen später wurde das Delisting offiziell und die Anleger drohten bereits damals mit einer Klagewelle. Nun landeten die ersten Einsprüche beim Gericht.

Insgesamt drei Anfechtungsklagen wurden gegen Rocket Internet erhoben, heißt es von Aktionären. Die Anteilseigner wollen gegen die zwei Tagespunkte vorgehen, die bei der außerordentlichen Hauptversammlung Ende September beschlossen wurden. Konkret geht es um die Kapitalherabsetzung und das Rückkaufprogramm, die Grundlagen für das Delisting.

Aktienpreis nach Delisting gestiegen

Der Berliner Inkubator ist vor drei Wochen von der Börse gegangen. Rund die Hälfte der Anteile haben den Samwers gehört. Die restlichen Aktien waren auf Privatanleger oder Beteiligungsfirmen aufgeteilt. Wie viele Wertpapiere noch im Umlauf sind, ist nicht bekannt. Rocket äußert sich auf Nachfrage nicht. In diversen Medienberichten tauchen unterschiedliche Zahlen auf.

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Aktuell wird das Rocket-Papier an der Hamburger Börse gelistet und war dort am Donnerstagnachmittag knapp 20 Euro wert. Seit dem Rückzug ist die Aktie noch einmal um rund acht Prozent gestiegen. Anleger haben nach wie vor die Möglichkeit, Papiere zu erwerben und zu verkaufen. Das Berliner Unternehmen muss aber keine Berichte mehr liefern. Das könnte sich aber ändern, sollte Rocket Internet die Anfechtungsklagen verlieren.

Das Landgericht Berlin kommentiert auf Gründerszene-Anfrage nicht, ob Klagen gegen Rocket Internet oder den Vorstand vorliegen. Ein Verfahren mit dem Aktenzeichen 100 O 68/20, das laut Wirtschaftswoche mit dem Fall zu tun hat, sei allerdings anhängig. Ein Termin dafür wurde noch nicht anberaumt.

„Es geht hier um grundsätzliche juristische Fragen“

Einer der Hauptkläger ist der Münchner Robert Haselsteiner, Investmentbanker und Mitgründer des fast 30 Jahre alten Baufinanzierers Interhyp. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, möchte sich Haselsteiner auf Gründerszene-Anfrage nicht äußern. Zu seinen Streithelfern gehören unter anderem Georg Issels, Chef der Kölner Beteiligungsgesellschaft Scherzer & Co. AG, sowie Christian Strenger. Strenger war jahrelang Manager bei der Deutschen Bank, verwaltete den Milliardenfonds DWS Investment und war Aufsichtsrat in mehreren Dax-Konzernen. Sein Steckenpferd ist Corporate Governance, weshalb er sich schon aus Prinzip gegen das Rocket-Delisting stellt, wie er Gründerszene im Telefonat erzählt. „Es geht hier um grundsätzliche juristische Fragen“, so Strenger.

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Laut diversen Bilanzexperten ist die Aktie von Rocket Internet nicht nur knapp 18,57 Euro wert, mit denen die Aktionäre abgespeist wurden, sondern auf Basis unterschiedlicher Finanzkennzahlen mindestens 30 Euro. Georg Issels glaubt, dass Oliver Samwer den verbliebenen Kleinanlegern irgendwann ein Angebot über ebendiesen Preis machen wird, damit der Inkubator wieder in Familienhand ist. Seine Beteiligungsgesellschaft Scherzer & Co. AG kaufe daher weiterhin Anteile an dem Unternehmen und spekuliert auf eine hohe Rendite.

Urteil wahrscheinlich erst im Frühling

Strenger nimmt nicht an, dass der Vorstand ein weiteres Angebot abgeben wird. Der Ex-DWS-Chef sieht der Klage allerdings optimistisch entgegen. Gewinnen die Aktionäre, wären die Beschlüsse aus der Hauptversammlung nichtig. Das heißt, das Delisting müsste rückgängig gemacht werden und die Wertpapiere von Rocket Internet wären wieder börsenpflichtig. Jeder Anteilseigner würde seine Aktien zurückbekommen und müsste sein Geld zurückgeben. 

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In den USA wurde beispielsweise vor einem Jahr ein Delisting kurzfristig verhindert, nachdem Aktionäre klagten. Der Chef des Fliesenhändlers Tile Shop wollte die Firma von der Börse nehmen und den damit verbundenen Kurssturz angeblich nutzen, um die Mehrheit an eine andere Gesellschaft zu übergeben. Das wurde durch ein Gerichtsverfahren unterbunden.

Für den Börsenrückzug hat Rocket Internet nach eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Euro ausgegeben. Bis es zu einem ersten Urteil des Landgerichts kommt, könne es noch mindestens drei Monate dauern, glaubt Strenger. Bis dahin bleibt der Inkubator privat und die Anleger handeln weiter an der Hamburger Wertpapierbörse.

Bild: Rocket Internet
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