Kein Feuer: Rockets junge Startups starten nicht durch

Rocket Internet hat 2017 Einiges angepasst: CEO Oliver Samwer hat sich von mehreren erfolglosen Startups getrennt und gleichzeitig die eigenen Gründungen zurückgefahren. Das geht aus dem aktuellen Geschäftsbericht hervor, den die Firmenfabrik kürzlich vorgelegt hat.

Das ursprüngliche Geschäftsmodell, mit dem Samwer 2014 an die Börse gegangen ist, sieht vor, dass Rocket Internet selbst Startups aufbaut und sie mit Gewinn verkauft. Außerdem investiert das Unternehmen über seinen Investmentarm GFC in junge Firmen – mit dem gleichen Ziel. Während Rocket Internet mit den Börsengängen von Delivery Hero und HelloFresh sowie dem Verkauf von Lazada im vergangenen Jahr Geld verdient hat, lässt ein neuer Hoffnungsträger auf sich warten. Mit den großen Rocket-Ventures kann bisher keines der Nachfolge-Startups mithalten. Wie „Orange“ zusammenzählte, hielt Rocket Internet Ende 2017 die Mehrheit an 135 Firmen – doch Gewinn macht fast keine davon.

Während Rocket-Chef Oliver Samwer immer wieder betont, dass man nach wie vor ein Unternehmen sei, das Startups aufbaue, spricht Rocket Internet im Geschäftsbericht selbst aber von dem „Rückgang der Gründungsaktivitäten“ im Jahr 2017. So sei der Konzernumsatz „anders als erwartet“ nicht leicht angestiegen, sondern habe sich „vor allem auf Grund des geringen Volumens von Neugründungen bei allen New Businesses“ verringert: von 21,2 Millionen Euro (2016) um 19 Prozent auf 17,2 Millionen (2017).

Auffällig ist außerdem, dass Rocket mindestens 25 seiner Vorratsgesellschaften auflöst. Die hatte das Unternehmen gehalten, um damit schneller neue Ventures aufziehen zu können: Es vereinfacht die Gründung, wenn bereits eine GmbH vorhanden ist. Ob Rocket gemerkt hat, dass es den Vorrat nicht mehr braucht? Auf Gründerszene-Nachfrage kommentiert der Konzern die Liquidierung der zahlreichen Gesellschaften nicht.

Die 2015er Startup-Generation schneidet besonders schlecht ab

Rocket hat 2017 nicht nur deutlich weniger gegründet als in den Vorjahren, auch hat sich das Unternehmen von mehr Startups getrennt als geplant: Die Zahl der vollkonsolidierten Unternehmen sei nicht wie vorhergesagt stabil geblieben, sondern von 125 auf 90 gesunken. Das ist zum Teil auf Verkäufe zurückzuführen: Rocket Internet gab unter anderem Rocket Labs und Sparks42 ab. Wie viel Geld dafür geflossen ist, verrät Rocket allerdings nicht.

Auch wurden einige Ventures eingestellt: Die Geschäfte von Carspring, RideLink, Bandist, Zenrooms Brasilien und Clickbus Kolumbien wurde „als nicht ausreichend tragfähig“ bewertet. „Insbesondere Carspring im Vereinigten Königreich verzeichnete anders als erwartet einen deutlichen Umsatzrückgang“, heißt es im Jahresabschluss. Und: „Die von RideLink erzielten Umsatzsteigerungen lagen deutlich unter der Prognose.“

Das zeigt, dass die 2015er Startup-Generation von Rocket Internet besonders schlecht performt hat. Dazu zählen neben den jetzt gestoppten Unternehmen Carspring und RideLink (DriveJoy) auch die bereits eingestellten Ventures Lyke, Sparklist und Vendomo. Zusätzlich zur Schließung von ZenRooms in Brasilien wurde das Geschäft der Hotel-Buchungsplattform in Südostasien gekürzt. Von dem ebenfalls 2015 gegründeten Beauty-Marktplatz Vaniday war lange nichts mehr zu hören. Aus dem Geschäftsbericht geht jetzt hervor, dass Rocket den Wert des Startups um 3,2 Millionen Euro reduziert hat.

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Bleibt noch Caterwings, ein Marktplatz für Caterer, bei dem vergangenen Herbst die Geschäftsführung ausgetauscht wurde. Im Rocket-Jahresabschluss steht nun, dass Caterwings zumindest Umsatzwachstum erzielt habe. Da Rocket aber keine genauen Zahlen offen legen muss, ist dazu nicht mehr bekannt. Ihren Umsatz steigern konnten demnach auch die Startups Pflegetiger, Printvenue, Eatfirst und Campsy. Auch ZipJet und Instafreight sind demnach gewachsen. Aber wegen des Verkaufs von Anteilen und den Schließungen kam es insgesamt zu einer Verringerung der Umsatzerlöse der sogenannten „New Businesses“, der kleineren Rocket-Startups. Der Bereich habe ein negatives Ebitda erwirtschaftet, heißt es im Bericht. So erwarte man auch 2018 wegen „der frühen Entwicklungsphase“ negative operative Ergebnisse zwischen 7 bis 14 Millionen Euro.

Überraschend ist das nicht. Die große Frage aber, wer auf die jüngsten Erfolge folgen könnte, ist weiter völlig offen. Firmen wie das 2014 gestartete Putz-Startup Helpling oder das 2011 gegründete Zanui, die Rocket weiter als „New Business“ führt, werden kaum im Geschäftsbericht erwähnt. Und aus dem Jahr 2017 sind lediglich zwei Neugründungen bekannt: die Zeitarbeits-Vermittlungsplattform Ushift in Singapur, die im aktuellen Bericht gar nicht erwähnt wird. Und die Freelancer-Vermittlungsplattform ExpertLead (ehemals Smart Elite), zu der ebenfalls keine Informationen genannt werden. Auf eigene Startups setzen sieht anders aus.

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