„Ich bin seit ich zwölf bin Programmierer“, sagt Satoshipay-Gründer Meinhard Benn (41).
„Ich bin seit ich zwölf bin Programmierer“, sagt Satoshipay-Gründer Meinhard Benn (41).

Jedes Startup braucht eine Monetarisierungsstrategie. Wer keine hat, wird scheitern – das ist die einfache Regel. Im digitalen Journalismus sieht das nicht anders aus. Artikel, Videos und Podcasts online zu stellen ist simpel, doch damit Geld zu verdienen ist eine Hürde, vor der Verlage weltweit stehen. Weil Werbeeinnahmen in vielen Fällen nicht reichen, setzen immer mehr Medien auf Bezahlschranken und Abomodelle. Das kann klappen: Laut des Beratungskonzerns PwC sind immerhin 43 Prozent der Deutschen bereit, für digitalen Journalismus zu zahlen.

Doch die Kunden von heute sind zu einem großen Teil Millennials – mit wenig Lust, sich mit einem Abonnement an ein Medium zu binden. Man will flexibel sein und frei entscheiden, wie und worüber man sich informiert. Eine Lösung dafür entwickelt das Berliner Startup Satoshipay.

Artikel kaufen mit einem Klick – dank Blockchain 

Die Idee des Startups: Nutzer sollen über Satoshipay Inhalte verschiedener Medien kaufen können. Für ihr Angebot setzt die Firma auf die Blockchain Stellar und die dazugehörige Kryptowährung Stellar Lumens. Die Benutzung läuft so: Will ein Nutzer einen Artikel kaufen, öffnet sich die Website von Satoshipay. Dort lädt der Nutzer über Paypal oder seine Kreditkarte einen Betrag hoch. Diese Summe tauscht Satoshipay automatisch in die Kryptowährung Stellar Lumens um.

Nun kann der Nutzer mit dem Geld Inhalte auf allen mit Satoshipay kooperierenden Medien kaufen. Dazu sei nach dem Hochladen des Guthabens nur noch ein Klick pro Kauf nötig, wirbt das Startup. Momentan sind ausschließlich Guthaben in Höhe von 50 Lumens aufladbar, das sind rund drei Euro. In Zukunft wolle man weitere Guthabenpakete anbieten, sagt Satoshipay-Gründer Meinhard Benn im Gespräch mit Gründerszene.

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Doch wieso muss das Ganze über die Blockchain und eine Kryptowährung laufen? Das, sagt Benn, liege an den hohen Gebühren, die bei anderen Zahlungswegen entstehen. Kauft jemand etwas per Paypal, muss der Verkäufer 35 Cent plus 2,5 Prozent des Kaufpreises an Paypal abtreten. Wenn ein Onlinemagazin einen Artikel für 50 Cent verkauft, bleibt bei einer Paypal-Überweisung also wenig übrig. Transaktionen über Stellar Lumens kosten laut Benn nur „ein Zehntausendstel Cent“ – für Mikrobeträge ist die Kryptowährung also deutlich besser geeignet.

Ein weiterer Vorteil: Zahlungen sind innerhalb von Sekunden abgeschlossen. „Bei Bitcoin dauert es eine Stunde“, begründet Benn, wieso er sich nicht für die populärere Kryptowährung entschieden hat. Einen Nachteil teilt sich die Währung Lumens aber mit Bitcoin; bei beiden schwankt der Kurs. Vorigen Monat war ein Lumen 0,07 Cent wert, heute sind es 0,05 Cent – das ist nicht viel, dennoch ist es eine Wertminderung. Um die zu umgehen, will Satoshipay zukünftig mit sogenannten Stable Coins arbeiten. Ein Coin hat dann immer den Wert eines Euros. Durchgeführt werden die Transaktionen aber weiterhin auf der Stellar-Blockchain.

4,1 Millionen Euro eingesammelt

Geld verdient das Startup, indem es zehn Prozent des Kaufpreises abzwackt. Bei einem Artikelpreis von 50 Cent fließen also fünf Cent an Satoshipay, der Rest an das jeweilige Onlinemedium. Ihr Geld bekommen die Publisher allerdings nicht in Euro, sondern in Lumens. Daher benötigen sie zum Empfang der Währung ihren eigenen Stellar-Account.

Über Umsätze möchte Benn nicht sprechen. Man stehe noch am Anfang, sagt er, profitabel sei man nicht. Bisher nutzen das Umweltmagazin Fairplanet, das britische Medium The Register, das Bitcoin-Magazin BTC Echo und Der Aktionär Satoshipay. Außerdem werde der Verlag Axel Springer den Payment-Service bald bei einem seiner Online-Magazine einbinden, sagt Benn.

Axel Springer (siehe Disclaimer unter dem Artikel) ist auch einer der Hauptinvestoren von Satoshipay. 2014 hatte das Startup den Accelerator des Verlags durchlaufen, danach stieg er als Gesellschafter ein. Daneben gehören Bluestar Capital aus London, die Börsenmedien AG und mehrere Business Angels wie der britische Star-Investor Jim Mellon zu den Geldgebern. Insgesamt habe man bisher 4,1 Millionen Euro Wagniskapital eingesammelt, sagt Benn.

Sein erstes Tech-Startup gründete er 1999

Der 41-Jährige gründete Satoshipay 2014 gemeinsam mit Henning Peters und Kilian Thalhammer. Für Tech-Themen habe er sich schon als Schüler begeistert, erzählt er: „Ich bin seit ich zwölf bin Programmierer.“ 1999 gründete er sein erstes Startup, mit dem er „Linux-basierte Internet-Surf-Terminals in Jugendherbergen“ aufstellte, wie er sagt. „Man konnte Geld in den Automaten werfen und dann im Internet surfen.“ 

Auf Kryptowährungen aufmerksam wurde Benn, der sich selbst als Zentralbank-Kritiker bezeichnet, 2011. Er habe damals Bitcoin auf dem eigenen Rechner gemint, „damals ging das noch“. Zwei Jahre später habe er gesehen, dass Startups um das Thema Bitcoin herum entstanden. „Da wollte ich dabei sein“, sagt er. 2014 gründete Benn Satoshipay. Der Name sei eigentlich ein Platzhalter gewesen, benannt nach dem Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto. „Aber lustigerweise ist es dann dabei geblieben.“

Anfangs wollte Benn mit Satoshipay etwas anderes machen als eine Payment-Lösung für Onlinemedien. Die Idee war, Schnittstellen zu entwickeln, damit Händler Bitcoin akzeptieren und Menschen im Alltag damit zahlen können. Brötchen kaufen per Bitcoin, das hätte Benn gefallen. „Aber dann wuchs das Bitcoin-Netzwerk über seine Kapazitäten hinaus, Transaktionen wurden langsam und irre teuer“, sagt er. So suchte er nach anderen Geschäftsideen – und sah eine Lücke im Bezahlen von Online-Inhalten.

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Das ist jetzt vier Jahre her. Wieso bei Satoshipay alles so lange dauert? „Wir haben anfangs auf Bitcoin gesetzt und sind dann zu Stellar gewechselt“, sagt Benn. Die Umstellung habe Zeit benötigt. „Außerdem hat die Forschung und Entwicklung länger gedauert, als wir eingeplant hatten. Was wir machen wollten, gab es eben noch nicht.“

Ob die Verlage mitmachen, ist ungewiss

Jetzt, wo das Geschäftsmodell und die Technologie stehen, will Satoshipay Kunden weltweit gewinnen. „Wenn das einschlägt, können wir einen milliardenschweren Markt bedienen“, sagt Benn. Die größte Hürde sieht er darin, die Verlage für sich zu gewinnen. „Die Publisher setzen natürlich lieber auf Abomodelle, weil sie damit Einnahmen haben, mit denen sie planen können“, äußert er seine Bedenken. Die Medien hätten Sorge, mit dem Micropayment-Modell ihre Abonnenten zu verlieren. „Wir sehen uns aber nicht als Ersatz für Abomodelle, sondern als Ergänzung“, so Benn.

Sollte das nicht klappen, hat er schon einen weiteren Anwendungsfall für Satoshipay entwickelt. Unternehmen sollen über den Service des Startups Mitarbeiter weltweit bezahlen können – insbesondere in weit entfernten und weniger entwickelten Ländern wie Nigeria. Mit der Blockchain-Technologie könne man bei der Bezahlung ins Ausland Zeit und Geld sparen, meint Benn.

Er ist sicher, dass Blockchain Zukunft hat. Das sei wie beim Internet Ende der Neunziger. „Es gab erst den Hype, dann verbrannte vieles. Aber dann bildeten sich richtige Use Cases“, sagt er. „Und genau das passiert jetzt auch bei Blockchain.“

Hinweis: Axel Springer ist Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zu Business Insider findet ihr hier: www.businessinsider.de/informationen/impressum.

Bild: Satoshipay