Sein Wissen aus 14 Jahren Polizeiarbeit verkauft Matthias Schranner nun an Unternehmen.
Matthias Schranner hat lange Zeit im Verhandlungsteam der Münchner Polizei gearbeitet.

Vor zehn Jahren griff Matthias Schranner noch zum Telefon, um mit Geiselnehmern und Erpressern zu verhandeln. Er erinnert sich noch an die Ausnahmesituation, als eine Frau in einer Münchner Wohnung von ihrem Kidnapper festgehalten und bedroht wurde. Damals lockte er den Täter zum Fenster und die Sniper der Polizei erschossen ihn – die Geisel war gerettet.

Mittlerweile vermarktet Schranner sein Verhandlungsgeschick in Vorträgen und berät auch Startups bei komplizierten Deals. Unterscheiden sich Geschäftsleute und Gründer also nicht von Kriminellen? „Menschen sind auf diese Situationen nicht vorbereitet“, sagt der Verhandlungsexperte auf der Konferenz Bits & Pretzels. „Sie sind überfordert, wenn es zu stressig wird.“ In der Geschäftswelt gehe es teilweise um die Zukunft eines ganzen Unternehmens, auch dort sei der Druck enorm groß.

Gerade für Gründer, die ihr Unternehmen verkaufen wollen, sei dies oft eine stressige Situation. „Ein Gründer sollte nie den Verkauf seines eigenen Unternehmens verhandeln“, rät Schranner. Er sei damit emotional zu sehr verbunden, oft sei es für die Gründer ein Lebenswerk. An der anderen Seite des Tisches sitzen zudem meist erfahrene Verhandler. Bei Finanzinvestoren oder Konzernen gehörten vergleichbare Situationen zum Tagesgeschäft, sagt Schranner: „Wenn beispielsweise ein Gründer 100 Millionen für sein Unternehmen fordert, der Gegenüber aber nur 50 Millionen bietet, fühlt sich der Gründer oft angegriffen“, sagt Schranner. In emotionalen Situationen würde er dann schlechte Entscheidungen treffen. M&A-Berater oder Anwälte sollte deswegen die Verhandlungen führen – und der Gründer als Aufsichtsperson dabei sitzen.

In sieben Tipps erklärt der Experte, worauf Gründer bei Verhandlungen achten sollten:

1. Was ist dein Preislimit?

Bevor ein Gründer sein Unternehmen verkauft, sollte er sich einen „Walk away Price“ überlegen, den er mindestens für das Startup bekommen will – und diesen festhalten. In den Verhandlungen dürfe man auch unter Druck diesen Preis nie unterschreiten. Im Zweifel müsse man den Tisch verlassen. „Die Verhandlungen abzubrechen, ist kein Scheitern“, sagt Matthias Schranner

2. Verhandele nicht mit dir selbst

Startups sind oft in einer schlechten Verhandlungsposition, sie stehen beispielsweise unter Zeitdruck, weil das Geld nicht mehr lange reicht. Doch wenn man sich schon vorher zu sehr vergegenwärtige, welche Position man hat, dann brauche man „gar nicht erst verhandeln“, sagt Schranner. Die andere Seite sei schließlich auch auf einen angewiesen, sonst würde sie nicht verhandeln. „Ich überlege mir nicht, bin ich kleiner oder größer? Ich gehe immer mit dem Gefühl rein: Wir sind auf Augenhöhe.“

3. Stell ein Team auf

Berater oder gute Verhandler sollten laut Schranner die Gespräche übernehmen, der Gründer sitze nur dabei. „Es ist leichter mit Fremden zu verhandeln“, sagt der Experte. Am Ende entscheide man außerhalb des Verhandlungszimmers über die Vorschläge – möglichst mit Leuten, die nicht bei den Verhandlungen dabei waren. Da sie die Gespräche nicht mitbekommen hätten, würden sie unemotionaler handeln.

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4. Rede zuerst mit dem Entscheider

„Willst du uns haben?“, diese Frage müsse der Gründer den Entscheider zuerst fragen. Erst wenn diese grundsätzliche Frage geklärt sei, sollte der Gründer über die Details mit den anderen operativen Ebenen im Unternehmen über alle Details verhandeln. Sonst würden lange Verhandlungen oft zu keinem Ergebnis führen.

5. Verhandele die wichtigen Fragen zuerst

Leichte Fragen lassen sich schnell klären, allerdings kommen dann erst zum Ende der Verhandlung die schwierigen Dinge auf den Tisch. Matthias Schranner rät, gleich zu Beginn die grundsätzlichen Fragen zu klären. Das sei zielführender.

6. Lege einen Zeitplan fest

Startup-Gründer würden ihm oft sagen: „Wir warten auf eine Entscheidung der Investoren“, sagt Schranner. Und das meist über Monate. Aus diesem Grund sei es bei Verhandlungen wichtig, einen Zeitplan festzulegen. „Man sollte zum Start zum Beispiel vereinbaren: ‚Am Freitag brauchen wir die Informationen oder Bis zum Montag wollen wir die folgenden Punkte verhandelt haben‘“, sagt Schranner.

7. Fühle dich nie als Gewinner

Egal, wie die Verhandlung ausgeht, man sollte sich nie als Gewinner fühlen, rät der Experte: „Lächele nicht“, nachdem der Deal unterschrieben ist. Sollten die Verhandlungen platzen, sei es ebenfalls falsch Anschuldigen zu machen. Denn man sollte sich immer die Möglichkeiten für weitere Verhandlungen offen halten.

Bei harten Verhandlungen sei es nicht immer möglich alle Ziele zu erreichen. Schranner zieht einen Vergleich zu seinem Leben als Polizist: „Manchmal muss man den Geiselnehmer töten, um die Geisel zu retten.“

Bild: Matthias Schranner