Vergibt seit 25 Jahren Startup-Kredite: SVB-Chef Greg Becker

Die Silicon Valley Bank – kurz: SVB – gibt es schon seit 35 Jahren. In den USA hat sie in den Achtzigerjahren eine Lücke gefüllt: Banken, die Geld an Technologieunternehmen verleihen, gab es damals nicht. Seitdem ist die Bank national und seit 2004 verstärkt auch international gewachsen – heute verfügt sie über liquide Mittel in Höhe von 115 Milliarden Dollar, 24 davon hat sie an Startups und größere Tech-Unternehmen ausgeliehen. Einer, der das Wachstum miterlebt hat, sitzt heute am Steuer: Greg Becker ist Chief Executive Officer (CEO) der Silicon Valley Bank.

Gerade feiert die Bank ihren Start in Deutschland, seit ein paar Tagen hat sie auch eine Lizenz der Bankenaufsicht, hierzulande Kredite zu vergeben. Mehr erst einmal nicht, Kundenkonten soll es bis auf weiteres nicht geben. Deutsche Startups als Kunden hatte die Bank aber auch schon vor dem Start: Unternehmen wie der Essenslieferdienst Hellofresh, die Sprachlernplattform Babbel oder der Flugtaxibauer Lilium haben sich Geld von der Bank geliehen. 

Wir haben mit Greg Becker, CEO der Silicon Valley Bank, und Christian Hoppe, Managing Director für das Deutschland-Geschäft, über das Geschäft mit Startup-Krediten gesprochen. Und sie haben uns erzählt, …

… warum das Geldverleihen an Startups für die Silicon Valley Bank ein so gutes Geschäft ist – wo es für kaum eine andere Bank interessant zu sein scheint:

Es sei kein einfaches Geschäft, sagt Becker. Zudem gehen die Silicon Valley Bank gegen viele Prinzipien traditioneller Banken an: Während man dort lerne, wie Geld auf Basis von Cash Flow vergeben wird oder wie man Immobilien als Besicherung nimmt, funktioniere das für Startups aber alles gar nicht. Schließlich gehe es ja meist um Unternehmen, die Verluste machen und keine eigenen Immobilien besitzen.

… was der Unterschied zwischen Venture-Debt-Fonds wie dem von Davidson Capital und dem ist, was die US-Bank anbietet:

Fonds hätten typischerweise nur ein Produkt, sagen Becker und Hoppe: einen Venture-Kredit. Ihre Bank biete das auch an, aber ebenso Betriebskapitalfinanzierung oder Übernahmefinanzierung. Außerdem könne die SVB auch größere Finanzierungen durchführen, als es Fonds im Normalfall tun.

… für welche Art Startup ein Kredit überhaupt geeignet ist:

Seine Bank spreche vor allem schnell wachsende Unternehmen an, sagt Becker, die kurzfristig Kapital benötigen – und schnelle Entscheidungen. Dafür könne die Bank auch mit lokalen VCs wie etwa Cherry Ventures zusammenarbeiten. Besonders von traditionellen Banken will sich die SVB damit differenzieren.

… wie es mit dem Risikomanagement ausschaut:

Christian Hoppe ist Managing Director der US-Bank in Deutschland

Natürlich schaue das SVB-Team auf das Geschäftsmodell eines kreditsuchenden Startups und die Marktchancen. Aber die Banker hätten auch einen Blick darauf, was passiert, wenn der große Plan nicht aufgehen sollte: Ist dann noch genügend Wert vorhanden? Würde jemand die Firma übernehmen für einen Betrag, der den Kredit bedient?

… wie hoch die Ausfallraten im Kreditgeschäft mit Startups sind:

In den USA und bezogen auf das komplette Portfolio habe die Silicon Valley Bank im vergangenen Quartal 15 Basispunkte verloren. Aus Beckers Sicht ist das sehr wenig, in frühen Unternehmensphasen könnten die Ausfallraten schon mal bei 150 Basispunkten liegen, in schwierigen Märkten gehe das bis 400 Basispunkte. Die Bank habe gelernt, mit so etwas umzugehen. Und: Die frühen Phasen machen im gesamten Bankportfolio nur ungefähr sechs Prozent des ausgeliehenen Kapitals aus.

… woher die Silicon Valley Bank ihre 115 Milliarden bekommt:

Fast alle Einlagen kämen von Technologie-Kunden, sagt Becker. Nicht jeder leihe Geld aus, und nicht alle gleichzeitig. Außerdem managt die Bank überschüssiges Bargeld für die Unternehmen. Das sei auch eine Besonderheit von Tech-Unternehmen: In Summe hätten sie eine ganze Menge an Liquidität zur Verfügung, aber es gebe immer wieder Unternehmen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt Geld benötigen.

… was die konkreten Pläne für Deutschland sind:

Die Bank hat nun ihr Büro in Frankfurt eröffnet mit Christian Hoppe als Managing Director und acht bis zehn Leuten. Es werde mit dem Geschäft wachsen, sagt der SVB-CEO. In den nächsten zwölf bis 18 Monaten werde die Bank wahrscheinlich auch jemanden in Berlin haben, möglicherweise auch in München.

… warum die Zentrale in Frankfurt ist und nicht in Berlin:

Das Interessante an Deutschland sei, dass die interessanten Unternehmen nicht alle nur an einem Ort sitzen. Deswegen sehe man Frankfurt eher als Basis – das Team werde sicherlich viel Zeit im Flieger verbringen. Und es gehe natürlich auch darum, Talente aus dem Finanzsektor anwerben zu können.

… ob Kredite in Deutschland nicht einen schwierigen Ruf haben:

Das Team werde viel Aufklärung betreiben müssen, erwarten die SVB-Manager. Aber es gehe ihnen auch nicht darum, möglichst viele Kredite zu vergeben, sagen Becker und Hoppe. Sondern die richtigen – auch damit die Ausfallraten im Rahmen bleiben.

… dass die SVB Geld nicht nur an Startups verleiht, sondern auch an Investoren – und wie wichtig dieser Teil des Geschäfts ist:

Er sei sehr wichtig, sagt Becker, vom gesamten Volumen mache er 46 Prozent aus. Ein großer Teil davon sei an Private-Equity-Firmen ausgeliehen, die mit dem Geld höhere Returns generieren als sie für das Geld an Zinsen bezahlen müssen. Der andere Teil diene den Investoren zur Überbrückung, wenn sie selbst einmal kurzfristig Geld für ihre Fonds benötigen. 

… wie lange die Kredite in Anspruch genommen werden:

Venture-Debt-Kredite liefen meist über drei bis dreieinhalb Jahre, sagt der SVB-Chef, Arbeitskapitalfinanzierungen ein Jahr lang, Buyout-Finanzierungen fünf bis sieben Jahre. Investoren liehen sich Geld in der Regel über zwölf Monate.

… was ein gutes Management-Team ausmacht:

Die Bank achtet darauf, was die Gründer vorher gemacht haben, welche Startup-Erfahrung sie mitbringen, ihren Track Record also. Wenn alle jung und unerfahren sind, wird es schwieriger. Aber auch eine gewisse Flexibilität im Mindset sei nötig, wenn Unternehmen schnell wachsen: Ein CEO könne dann nicht mehr bei allen Entscheidungen mitreden wollen. Und die Gründer dürfen nicht glauben, dass sie beim Wachstum und bei der Expansion keine Unterstützung von außen benötigen.

… welche Qualitäten deutsche Gründer auszeichnen:

Sie seien in der Denke sehr technisch und bauten stabile technische Lösungen, sagt Becker. Außerdem dächten sie an die Skalierung ihres Geschäftsmodells und hätten eine sehr gute operationelle Expertise. Hoppe sieht es ähnlich: Deutsche Gründer seien sehr strukturiert und hätten für alles Regeln – ob das gut oder schlecht ist, sei allerdings nicht immer klar.

Bilder: Silicon Valley Bank