Ein Beitrag von Stefan Schreiber, Anwalt für Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrecht bei CMS Deutschland

Wenn ein Unternehmen ein innovatives Produkt entwickelt, bringt das Know-how mit sich, das geschützt werden muss, um einen Wettbewerbsvorteil zu behalten. Egal ob in einem Startup allein, in Kooperation mit anderen Firmen, etwa Konzernen, oder in Netzwerken – dieses Know-how entsteht zwangsläufig und muss geschützt werden. Im Folgenden geht es darum, was dabei zu beachten ist.

Was ist Know-how?

Neben den typischen Schutzrechten wie Patenten, Gebrauchsmustern, Marken und Designs können beispielsweise auch Bilanzen, Kalkulationsunterlagen, technische Daten oder allgemeine Marktdaten Know-how-Schutz erlangen.

Um sich auf diesen Schutz berufen zu können, darf die betreffende Tatsache nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sein. Nach der derzeitigen deutschen Rechtslage muss sie dem Geheimhaltungswillen des Betriebsinhabers unterliegen. Nach der neueren Rechtslage durch die EU-Know-how-Schutz-Richtlinie muss die Tatsache außerdem Gegenstand von den Umständen angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sein.

Der Know-how-Schutz besteht ohne eine Eintragung und ist kostenlos sowie zeitlich unbefristet. Allerdings kann das Know-how sehr einfach und schnell an Schutz verlieren – nämlich dann, wenn es offenbart wird und somit nicht mehr geheim ist.

Wie können Geschäftsgeheimnisse geschützt werden?

Know-how ist ständig in Gefahr abzufließen, auf unterschiedlichsten Wegen. Dabei denkt man zuerst an Cyberattacken und Wirtschaftsspionage, jedoch fließt Know-how auch durch ganz andere, scheinbar banale Umstände ab, beispielsweise durch unvorsichtiges Handeln der Mitarbeiter wie das Austauschen von Informationen über soziale Netzwerke oder ähnliches. Und genauso können Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner die Geheimhaltung des Know-hows gefährden.

Die Schutzmöglichkeiten unterteilen sich in organisatorische, technische und rechtliche Schutzmaßnahmen:

  • Zu den organisatorischen Schutzmaßnahmen gehören unter anderem die Dokumentation von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, das Festlegen von Zuständigkeiten und Abläufen für den internen Umgang mit Geschäftsgeheimnissen, und die Einschränkung des Zugangs zu und der Weitergabe von Informationen. Hierbei ist es hilfreich, zwischen echtem Schlüssel-Know-how, strategisch wichtigem Know-how und sonstigem wettbewerbsrelevantem Know-how zu unterscheiden. Beim Schlüssel- und strategisch wichtigen Know-how (d.h. ein Verlust könnte existenzgefährdend sein bzw. ein Verlust wäre erheblich spürbar) sind weiterreichende, teure Schutzmaßnahmen zu verwenden, wohingegen bei sonstigem wettbewerbsrelevantem Know-how ein geringerer Schutz erforderlich ist.
  • Zu den technischen Schutzmaßnahmen gehören die Verwendung von Passwörtern, besonders für vertrauliche Dokumente, das Einrichten von Firewalls, Beschränkungen von Zugangs- und Zugriffsrechten sowie die Kennzeichnung von Geheimnissen und die Zuordnung zu verschiedenen Sicherheitsstufen.
  • Bei den rechtlichen Schutzmaßnahmen wird unterschieden zwischen Regelungen für die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, etwa bei Kooperationen zwischen Startups und Konzernen oder in Netzwerken, sowie Regelungen im Zusammenhang mit den eigenen Mitarbeitern. Es empfiehlt sich, Geheimhaltungsverpflichtungen in Arbeitsverträgen (ggf. mit Bezug auf konkrete Projekte) und nachvertragliche Wettbewerbsverbote von maximal zwei Jahren festzulegen. Außerdem sollten Mitarbeiter mit Blick auf den Geheimnisschutz sensibilisiert und geschult werden.

Bei Kooperationen und generell in Unternehmensbeziehungen, also mit Lieferanten und sonstigen Geschäftspartnern, empfiehlt sich außerdem die Vereinbarung von Klauseln, die klar den Inhalt und Umfang der Geheimhaltungsverpflichtung – also die geheimen Tatsachen – beschreiben. Kooperationspartner sollten ferner gemeinsame Sicherheitsstandards festlegen. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen betrifft in Netzwerken und Kooperationsverhältnissen nicht nur ein Unternehmen allein, sondern letztlich alle Teilnehmer, wenn diese untereinander Know-how austauschen.

Die rechtliche Herausforderung liegt darin sicherzustellen, dass sich sämtliche Partner so verhalten, dass die faktisch-technischen Geheimhaltungsmaßnahmen angewendet und die entsprechenden Vereinbarungen eingehalten werden. Auch in Kooperationsverhältnissen und sonstigen Verträgen mit Partnern sollten deswegen ebenfalls nachvertragliche Wettbewerbsverbote sowie entsprechende Vertragsstrafen bei Verletzungen geregelt werden.

Was ist bei der neuen EU-Richtlinie zu beachten?

Die EU-Know-how-Schutz-Richtlinie, die bis zum 9. Juni 2018 durch die Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss, erlaubt das bislang in Deutschland verbotene „Reverse Engineering“. Hierbei werden beispielsweise Produkte von Wettbewerbern demontiert, um zu erfahren, wie diese funktionieren und konstruiert sind, um sie in einem zweiten Schritt unter eigenem Namen nachzubauen und zu vertreiben. Es werden also eigentlich dem Know-how-Schutz unterliegende Geheimnisse verwendet.

Um eine solche Verwendung zu vermeiden, muss in Zukunft die Möglichkeit des Reverse Engineerings in Lieferverträgen oder Kooperationsvereinbarungen vertraglich ausgeschlossen werden. Das gilt auch für Startups, die zusammen mit einem anderen Unternehmen ein neues Produkt launchen.

Fazit:

Innovation wird vor allem durch den Austausch von Erfahrung und Wissen innerhalb von Kooperationen und Netzwerken vorangetrieben. Um die damit verbundenen Wettbewerbsvorteile auch wirtschaftlich bestmöglich zu verwerten, ist es von hoher Bedeutung, Know-how durch angemessene, einheitliche Geheimhaltungsstandards sowie geeignete organisatorische, technische und rechtliche Maßnahmen zu schützen.

Bild: Getty Images / Diane Labombare