Ein Fachbeitrag von Levent Hancioglu, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland

Schnelle Gründung, keine Haftung und möglichst kein Stammkapital aufbringen – für viele Startups ist das die Idealvorstellung einer Rechtsform. Dafür griffen insbesondere bis zur Einführung der UG (haftungsbeschränkt) Ende 2008 viele Gründer auf die sogenannte Private Limited Company britischen Rechts, kurz Limited (Ltd.) zurück. Eine Limited kann man zum Beispiel über spezielle Dienstleister für wenig Geld online „bestellen“ – inklusive Haftungsbeschränkung. Doch mit dem Brexit kann diese Idealvorstellung schnell zur Haftungsfalle werden.

Betroffen sind Limiteds mit Hauptverwaltung in Deutschland. Diese verlieren nach dem Brexit ihre Niederlassungsfreiheit und ihre Rechtsfähigkeit. Stichtag ist der 29. März 2019, es sei denn es wird noch eine Übergangsfrist eingeführt. Nach Angaben des Bundesjustizministeriums wären schätzungsweise 8.000 bis 10.000 „deutsche“ Limiteds betroffen. Verschont bleiben dagegen Limiteds mit Hauptverwaltung im Vereinigten Königreich. Mit dem Wegfall der Rechtsfähigkeit werden Limiteds als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) behandelt. Der Gesellschafter der Einmann-Limited wird als Einzelkaufmann oder als gewöhnliche Einzelperson behandelt. In allen Fällen bedeutet das: Man haftet mit dem gesamten Privatvermögen für die Schulden der Limited.

Wie entkommt man der Haftungsfalle?

Eine neue Gesellschaft zu gründen und alle Vermögensgegenstände und Verträge auf diese zu übertragen – ein sogenannter Asset Deal – ist eine mögliche Exit-Strategie aus der Limited. In der Wahl der Rechtsform ist man dabei frei: Die neue Gesellschaft kann beispielsweise eine GmbH, eine UG (haftungsbeschränkt), eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH & Co. KG sein. Das Problem liegt hierbei in der Übertragung der Verträge. Jeder Miet-, Liefer-, Darlehens- oder Lizenzvertrag muss nämlich von der neuen Gesellschaft übernommen werden und der jeweilige Vertragspartner muss dem zustimmen. Stellt sich also ein Lieferant oder der Vermieter quer, bleibt die Limited sein Vertragspartner. Zudem kommt es aus steuerlicher Sicht bei Asset Deals regelmäßig zur Aufdeckung stiller Reserven. Das kann im Einzelfall teuer werden.

Ein schneller und kostengünstiger Ausweg kann die Einbringung der Limited in eine deutsche Gesellschaft sein. Diese Lösung lässt sich grob so zusammenfassen: Zunächst wird zum Beispiel eine GmbH gegründet oder es wird auf eine bereits bestehende Gesellschaft zurückgegriffen. Sämtliche Anteile an der Limited werden vor Wirksamwerden des Brexit in diese Gesellschaft eingebracht, ähnlich als würde man einen Pkw an die Gesellschaft übertragen. Der Geschäftsführer der Limited (Director) kann anschließend beim Companies House (dem britischen Pendant zum deutschen Handelsregister) die Liquidation der Gesellschaft betreiben. Erfolgt dies allerdings nicht vor dem Wirksamwerden des Brexit, entfällt für die Limited mit Hauptverwaltungssitz in Deutschland die Niederlassungsfreiheit, sie erlischt als Rechtsträger und damit de facto auch als Eigentümer ihrer Assets. Das (inländische) Vermögen der Limited wächst unmittelbar mit Wirksamwerden des Brexit der neu gegründeten beziehungsweise der bereits bestehenden Gesellschaft an – sie wird Rechtsnachfolger der Limited.

Das Justizministerium will helfen

Neben diesen Auswegen stellt das sogenannte Umwandlungsgesetz Instrumente zur Umwandlung der Limited bereit. Bei der sogenannten grenzüberschreitenden Verschmelzung kann die Limited zum Beispiel mit einer zuvor gegründete GmbH verschmolzen werden. Auch hier werden alle Rechte und Pflichten auf die GmbH übertragen. Dafür müssen die Vertragspartner im Übrigen nicht zustimmen.

Das Bundesjustizministerium möchte durch die geplante Reform des Umwandlungsgesetzes eine zusätzliche Umwandlungsoption einführen. Nach dem aktuellen Regierungsentwurf vom 10. Oktober 2018 sollen vom Brexit betroffene Limiteds die Möglichkeit erhalten, sich zum Beispiel in eine Kommanditgesellschaft (KG) umzuwandeln. An der KG kann sich dann eine GmbH oder eine UG (haftungsbeschränkt) als persönliche haftende Gesellschafterin (Komplementärin) beteiligen. Die Gründer als Kommanditisten der KG haften dann nur beschränkt.

Außerdem soll den vom Brexit betroffenen Unternehmen eine Übergangsregelung für bereits begonnene Verschmelzungen eingeräumt werden. Nach dem Regierungsentwurf hätten Unternehmer dann bis zum Wirksamwerden des Brexit Zeit, einen sogenannten Verschmelzungsplan aufzustellen und diesen durch einen Notar beurkunden zu lassen. Die Verschmelzung wäre dann „unverzüglich“, spätestens aber binnen zwei Jahren nach Wirksamwerden des Brexit im Handelsregister anzumelden.

Fazit: Wer zu spät kommt, den bestraft der Brexit

Schon heute stehen Unternehmen eine Reihe von Auswegen aus der Limited zur Verfügung. Darüber hinaus scheint das BMJ unter Hochdruck an einer Reform des Umwandlungsgesetzes zu arbeiten, um den betroffenen Unternehmen eine weitere Möglichkeit zur Umwandlung anzubieten. Es steht aber nicht fest, wann, in welcher Form und ob überhaupt der Regierungsentwurf als Gesetz in Kraft treten wird. Vorsichtige Gesellschafter einer Limited sollten also vor dem Brexit ausloten, ob die bestehenden Möglichkeiten zur Umwandlung der Limited für sie in Frage kommen.

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