In Berlin wurde die Initiative Leaders for Climate Action am heutigen Dienstag vorgestellt.
In Berlin wurde die Initiative Leaders for Climate Action am heutigen Dienstag vorgestellt.

 

Es kann erst einmal nur ein Zeichen sein, aber es ist ein sehr wichtiges: Mehr als 100 Digitalunternehmen aus Deutschland haben sich zusammengeschlossen, um ihren Beitrag zum Schutz des Klimas zu leisten. Dabei geht es ihnen nicht nur um eine Vision für eine bessere Zukunft, sagen sie – die haben sie schon auch. Aber vielmehr wollen die Unternehmer privat und auch in ihren eigenen Firmen Veränderung anstoßen.

In Berlin stellten heute unter anderem Freighthub-Gründer Ferry Heilemann, Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg, Nebenan.de-Geschäftsführerin Ina Remmers oder Daniel Krauss, Mitgründer von Flixbus, die Initiative Leaders for Climate Action vor. Deren Kernforderung: ein Preisschild für CO2-Ausstoß. Nur wenn es (auch) um Geld geht, lasse sich etwas bewegen: So fordert die Initiative die sofortige Einführung einer CO2-Bepreisung in Deutschland von mindestens 50 Euro pro Tonne. Zum Vergleich: Das ist ungefähr das doppelte dessen, was heute ein CO2-Zertifikat kostet.

Bis 2030 soll die Summe dann auf 130 Euro je Tonne ansteigen, wenn es nötig ist auch mehr. Und: Gleichzeitig soll ein finanzieller Ausgleich für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen sichergestellt werden. Wer das alles schon gehört hat: Die Forderungen entsprechen – absichtlich – den Empfehlungen des Rates der Wirtschaftsweisen an die Bundesregierung.

Alle Mitglieder versprechen zudem, ihre Unternehmen so schnell es geht klimaneutral zu gestalten. Keine innerdeutschen Flugreisen, nicht mit dem Auto zur Arbeit, Wasser aus der Leitung statt Flaschen – was sich lapidar anhören mag, können erste Maßnahmen sein, betont Heilemann. Ihre Erfahrungen wollen die Unternehmer dann teilen und bald einen Leitfaden für alle veröffentlichen, die sich ebenfalls aktiv am Schutz des Klimas beteiligen wollen. Weitere Schritte könnten zum Beispiel der Wechsel zu einem zertifizierten 100%-Grünstromanbieter sein oder die Umstellung auf verstärkt regionale und pflanzliche Ernährung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Was bislang konkret geleistet wurde? Delivery-Hero-Chef Östberg spricht von Millionenbeträgen, die in die Entwicklung CO2-neutraler Verpackung oder künstlichen Fleischs geflossen seien. „Wir müssen aber auch für kürzere Transportstrecken sorgen.“ Bis Ende des Jahres, verspricht er, sollen alle Lieferungen klimaneutral sein. Bei Flixbus betrachte man sich vor allem alternative Antriebsformen. Drei Elektrobusse seien bereits im Einsatz, betont CIO Krauss. „Die Technik ist aber noch nicht so weit, um sie in der Breite einzusetzen. Aber wir prüfen zum Beispiel, ob es Sinn ergibt, Solarpanels auf den Busdächern zu installieren.“ Im Unternehmen selbst gebe es einen CO2-Ausgleich für Geschäftsreisen, ungefähr zehn Prozent der Kunden würden einen solchen auch für die Busfahrten bezahlen.

Drei Prinzipien hat sich die Initiative zu Grunde gelegt:

  1. Fuck history – es spielt keine Rolle, wie man sich in der Vergangenheit verhalten hat.
  2. Done is better than perfect – alles was hilft, ist gut. Auch wenn es noch nicht die perfekte Lösung ist.
  3. Pareto-Prinzip – Maßnahmen, die große Auswirkungen haben, stehen im Fokus.

Auch wenn es das erklärte Ziel ist, eine wirkliche Klimaneutralität werden die Mitglieder der Initiative auf absehbare Zeit nicht erreichen können. Dessen zeigten sich Heilemann, Östberg und Mitstreiter durchaus bewusst. Was an CO2-Ausstoß nicht direkt einzusparen ist, werde deshalb „geoffsettet“. Will heißen: Für den nach den genannten Maßstäben entsprechenden Geldwert sollen Programme zur Reduktion von CO2 unterstützt werden.

Dafür arbeiten die Leaders for Climate Action mit zertifizierten Initiativen zusammen. Die forsten mit dem Geld etwa Wald auf oder stellen Öfen in Ländern bereit, wo noch viel mit ineffizienten Holzkochstellen Essen zubereitet wird. Kommerzielle Interessen gebe es dabei nicht, versichern die Initiatoren.

Wer als „Flagship-Supporter“ teilnimmt, wie es Niklas Östberg für Delivery Hero getan hat, muss sein Unternehmen in weniger als zwei Jahren komplett klimaneutral aufgestellt haben und klimafreundliche Anpassungen von Teilen des Geschäftsmodells umgesetzt haben – etwa bei der Lieferkette oder der Produktion. Genau das verspricht Östberg auch. Und will sich, wie auch seine Mitinitiatoren, in den kommenden Monaten daran messen lassen.

Weiteres Muss: die Umsetzung von Leuchtturmprojekten. Als genau das muss sich die Initiative selbst auch sehen. Denn nur wenn sich Unternehmen aus allen Branchen, Politik und Privatpersonen dem Klimaschutz verschreiben, ist die gesamtheitliche Vision der Gruppe realistisch: ein klimaneutrales Deutschland, das seinen Energiebedarf im Jahr 2035 vollständig aus erneuerbaren Energien deckt, als Kreislaufwirtschaft organisiert ist, Wertstoffe wiederverwendet und Ressourcen geteilt werden.

Vor der Kamera hat uns Mitinitiator Ferry Heilemann die Idee hinter der Initiative erklärt:

 

Bild: Gründerszene