Der US-Präsident Donald Trump wirft Google vor, Suchergebnisse zu seinem Namen zu manipulieren. Einen Termin mit Journalisten im Weißen Haus nutzte Trump für eine Drohnung gegen Google, Twitter und Facebook.

Seit Wochen schon stänkert US-Präsident Donald Trump online gegen Google, Twitter und Facebook: Die Unternehmen seien politisch nicht neutral, hätten sich gegen ihn verschworen, würden rechte Kommentatoren und Blogger im Netz benachteiligen und ihre Profile zu Unrecht sperren.

Nun will der Präsident zurückschlagen: Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg plant Trump, eine Wettbewerbsuntersuchung gegen die Internetplattformen anzustoßen.

Konkret kann der US-Präsident mit einem Dekret seine Wettbewerbsbehörde FTC dazu beordern, die Geschäftspraktiken von Google und Co. zu untersuchen. FTC steht für Federal Trade Commission. Die Organisation soll die Interessen und Rechte der Verbraucher in den USA schützen. 

Bloomberg zitiert aus einem ersten Entwurf des Dekrets, wonach die FTC untersuchen müsste, ob Online-Plattformen gegen Wettbewerbsgesetze verstoßen haben. Sie soll außerdem untersuchen, ob dadurch der Wettbewerb zwischen Plattformen beeinträchtigt, und insbesondere, ob die Plattformen vorurteilsfrei gehandelt haben oder ob Konsumenten geschädigt wurden, weil die Plattformen nicht vorurteilsfrei handelten.

„Soziale Netzwerke diskriminieren konservative Stimmen“

Insbesondere Letzteres bewegt Trump seit Längerem: Im August beschwerte er sich über Twitter, dass „soziale Netzwerke republikanische und konservative Stimmen im Netz diskriminieren würden“. Insbesondere hätten die Netzwerke die Meinungen der Rechten systematisch in Suchergebnissen und Newsfeeds unterdrückt.

Beweise dafür hatte Trump keine. Auch seine Anschuldigungen, Google hätte etwa seine Jahresrede „State of the Union“ nicht beworben, während die Suchmaschine dies beim Vorgänger Barack Obama getan hätte, erwiesen sich als falsch.

Die Aktie der Google-Muttergesellschaft Alphabet hat sich in den vergangenen Jahren nahezu kontinuierlich nach oben entwickelt. Quelle: Infografik WELT

Facebook und die Google-Tochter YouTube waren in den vergangenen Wochen verstärkt gegen radikal-rechte Blogger vorgegangen, da diese mit Aufrufen zu Gewalt gegen den politischen Gegner und gegen Immigranten gegen die Richtlinien der Plattformen verstoßen hatten.

Prominentestes Opfer dieser Reinigung war der Kanal „Infowars“ des Video-Bloggers Alex Jones, der als Verschwörungstheoretiker unter anderem behauptet, die US-Regierung sei in die Anschläge vom 11. September verwickelt gewesen.

Google-Chef erinnert Mitarbeiter an Neutralitätspflicht

Gleichzeitig aber lieferte Google selbst unfreiwillig Material, das Trumps Anhängern in die Karten spielt: Demnach hatten Google-Angestellte im vergangenen Jahr beraten, ob sie per Manipulation der Suchergebnisse den Widerstand gegen Trumps neue Einreiseverbote unterstützen könnten.

Die Google-Ingenieure überlegten demnach, Kontaktadressen von Aktivistengruppen gegen Trump in den Suchergebnissen bevorzugt darzustellen. Entsprechende interne E-Mails zitierte das „Wall Street Journal“, Google bestätigte den Bericht – erklärte aber zugleich, dass die Suchergebnisse tatsächlich nie manipuliert wurden.

Google-Chef Sundar Pichai warnte sämtliche Google-Angestellten am Freitag per Mail davor, ihre politischen Präferenzen in ihre Arbeit einzubringen, und erinnerte an entsprechende Richtlinien und Neutralitätsverpflichtungen des Konzerns. Ob Trump nun ausgerechnet per Wettbewerbsgesetzgebung den Konzernen beikommen kann, ist jedoch höchst zweifelhaft. 

Zwar gilt laut US-Verfassung das Recht auf freie Meinungsäußerung auch im Netz – die US-Regierung kann jedoch die Konzerne nicht dazu zwingen, extreme Meinungen auch auf ihren Plattformen zuzulassen. Denn diese sind ultimativ immer noch Produkte, über deren Inhalt die Konzerne selbst entscheiden können.

„Trump scheint das Kartellrecht zur Erreichung politischer Ziele einsetzen zu wollen. Er wirft Plattformen wie Google und Facebook vor, durch bevorzugte Wiedergabe bestimmter Inhalte den politischen Meinungsbildungsprozess zu beeinflussen“, erklärt Daniel Zimmer, Professor für Wettbewerbsrecht an der Universität Bonn.

„Trump greift in die Freiheit der Medien ein“

„Das jedoch ist kein Fall für die Wettbewerbsbehörden. Diese sind zum Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs vor Kartellierung und Marktmachtmissbrauch berufen“, sagt der Wissenschaftler. Zimmer warnt im Gespräch mit WELT davor, das Wettbewerbsrecht zur Durchsetzung politischer Ziele zu missbrauchen.

Zimmer fürchtet eine Pervertierung des Verbraucherschutzes: „Der demokratische Prozess gerät in Gefahr, wenn Regierungsbehörden – wie möglicherweise von Trump beabsichtigt – beginnen, bestimmte Medien wegen angeblicher politischer Einseitigkeit mit staatlichen Eingriffsmitteln zu verfolgen.“

Auch Justus Haucap, Experte für Wettbewerb an der Universität Düsseldorf, warnt vor einem politischen Missbrauch des Wettbewerbsrechtes: „Als besonderer Verfechter des freien Wettbewerbs ist mir Trump bisher nicht aufgefallen. Mir scheint das Kartellrecht hier für die persönlichen Ziele von Donald Trump instrumentalisiert zu werden.“

Der US-Präsident nutzt Twitter selbst intensiv, um seine Botschaften zu verbreiten. Das hält ihn nicht davon ab, allerorten Manipulation zu wittern. Quelle: Infografik WELT

Trump greift mit seinem Vorhaben zudem direkt in die Freiheit der Medien in den USA ein: „Wenn Google und Facebook staatlich vorgegeben werden sollte, wie viele positive Nachrichten über Donald Trump sie zeigen müssen, betrifft dies direkt die Freiheit der Medien und der Presse.“ 

In Reaktion auf die Berichte drehte die Aktie des Google-Mutterkonzerns Alphabet im nachbörslichen Handel deutlich ins Minus, am Ende schlug ein Tagesminus von 1,75 Prozent zu Buche. Facebook verlor knapp zwei Prozent an Wert.

Mit Ausnehme von Facebook legten die neuen Medien und Plattformen an der Börse stärker zu als der Rest des Marktes. Quelle: Infografik WELT

Insgesamt haben sich die Technologiekonzerne seit Trumps Wahl im November 2016 gut entwickelt. Zuletzt profitierten sie wie andere Unternehmen auch von der Senkung der Körperschaftsteuer.

Twitter erlebte zwischenzeitlich sogar eine Sonderkonjunktur. Da der Präsident den Kurznachrichtendienst selbst intensiv nutzt, erlebte das Medium bei Gegnern wie Befürwortern Trumps einen Boom. Vorübergehend verdreifachte sich der Kurs.

Dieser Artikel ist zuerst bei WELT erschienen.

Foto: Getty Images / MANDEL NGAN