Tina Spießmacher (links) und Linda Ahrens wollen den Modemarkt ein bisschen nachhaltiger machen.
Tina Spießmacher (links) und Linda Ahrens wollen den Modemarkt ein bisschen nachhaltiger machen.

Dieser Artikel erschien zuerst am 16. Oktober 2019. Weil er besonders viele Leserinnen und Leser interessierte, veröffentlichen wir ihn hier erneut. 

60 Kleidungsstücke kauft jeder Deutsche im Durchschnitt pro Jahr. Gleichzeitig landen hierzulande jedes Jahr 1,3 Millionen Tonnen Kleidung im Müll oder in Altkleidercontainern. Nachhaltig ist das nicht, denn bei der Produktion der Kleidung werden viel Wasser und umweltschädliche Chemikalien eingesetzt. 

Die Berliner Gründerinnen Linda Ahrens und Tina Spießmacher wollen, dass die Leute weniger Kleidung kaufen – und auch weniger wegwerfen. Sie betreiben mit Unown eine Plattform, auf der Nutzer Mode monatsweise mieten können. Danach können die User die Kleidung wieder zurückschicken, das Startup lässt sie dann dem nächsten Mieter zukommen. 

Die Website launchten sie im August 2019. Wie viele Nutzer sie aktuell haben und wie viel Umsatz sie bisher machten, sagten Ahrens und Spießmacher gegenüber Gründerszene nicht. Prominente Unterstützer haben sie aber schon: Mit ihrer Idee schafften sie es ins Accelerator-Programm APX, hinter dem Porsche und Axel Springer stehen.  

Linda, bei deinem Startup Unown kann man Kleidung leasen. Wie funktioniert das?

Unser Prinzip ist „nutzen statt kaufen“. Die Einstellung der Menschen ändert sich, sie müssen nicht mehr alles besitzen. Wer einen weniger vollen Kleiderschrank hat, will aber trotzdem Abwechslung und sich mit Mode neu ausprobieren. Dabei helfen wir: Bei uns kann man Mode monatsweise mieten und dann entweder zurückschicken oder zu einem reduzierten Preis kaufen.

Woher bekommt ihr die Kleidung?

Wir arbeiten mit 13 nachhaltigen Marken zusammen, von denen wir die Kleidung direkt beziehen. Derzeit startet ein Kleidungsstück bei uns als Neuware. Wir bringen es dann in Umlauf und sorgen dafür, dass es von mehreren Personen hintereinander verwendet wird.

Wie viele Kunden durchläuft ein Kleidungsstück?

Wir rechnen in Monaten, nicht in Nutzern. Aktuell planen wir konservativ, dass ein Kleidungsstück sechs bis zwölf Monate aushält. Aber wir hoffen natürlich auf deutlich länger. 

Das setzt voraus, dass die Kleidung immer unversehrt von den Kunden zurückkommt.

Für kleine Schäden, etwa abgefallene Knöpfe, kommen wir auf. Wenn wir aber sehen, dass ein Kleidungsstück mutwillig zerstört wurde, berechnen wir dem Kunden den Restwert. Was Abnutzung angeht, empfehlen wir, die Kleidung so wenig wie möglich oder nicht zu waschen. Man kann ein Kleidungsstück ja auch einfach mal in den Tiefkühler geben, um Gerüche zu neutralisieren.

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Muss der dritte oder vierte Mieter eines Kleidungsstücks weniger zahlen als der erste? Es ist ja dann keine Neuware mehr.

Was wir garantieren ist, dass sich das Kleidungsstück zu jeder Zeit wie neu anfühlt. Im Zweifel weißt du gar nicht, ob es gerade zum ersten Mal vermietet wird oder zum siebten Mal. Wenn doch mal ein Fleck oder ein kleines Loch da ist, kommen wir preislich entgegen. Wir setzen die Preise also zustandsbasiert fest, nicht altersbasiert.

Welches Budget sollte man für ein geleastes Outfit einplanen?

Einzelteile fangen bei zwölf Euro pro Monat an und gehen bis 66 Euro pro Monat. Das Teuerste, was wir gerade anbieten, ist eine Winterjacke. Oder man entscheidet sich für ein monatliches Abo. Dann kann man für 69 Euro drei Teile aus der Kollektion auswählen.

66 Euro pro Monat für eine Jacke? Die muss dann aber im Normalverkauf auch teuer sein.

Wir bewegen uns hier im Nachhaltigkeitssegment. Unsere Kleidung ist verantwortungsvoll produziert, es werden hohe ökologische und soziale Standards eingehalten. Das ist ein anderes Preislevel als bei H&M und Zara. Wenn ein Kleidungsstück bei uns für 20 Euro im Monat geleast werden kann, würde es im Handel zwischen 100 und 120 Euro kosten. Die Winterjacke für 66 Euro im Monat kostet im Handel 390 Euro aufwärts.

Handelst du im Alltag auch sehr umweltbewusst?

Meine Mitgründerin und ich versuchen beide seit ein paar Jahren, nachhaltiger zu leben: Abfall zu vermeiden, bewusster zu konsumieren, uns gut zu ernähren. Beim Thema Fashion fiel uns das aber unheimlich schwer. Da schaltet der Verstand aus und die Emotion ein. Dann hat man die Demeter-Bioqualität im Kühlschrank, aber regelmäßige Shopping-Exzesse bei Zara. Wir haben dann herausgefunden, dass das vielen anderen auch so geht. So ist die Idee zu Unown entstanden.

Gerade kann man mehr als 100 Kleidungsstücke bei euch leasen. Wie wird es weitergehen? 

In Zukunft wollen wir auch Mode von unserer Community bei uns vermieten. Die Idee ist, dass wir unseren Kunden ihre gut erhaltenen Kleidungsstücke abkaufen und diese dann bei uns online stellen. Ganz viele wissen gar nicht, wohin sie mit den ganzen Klamotten in ihrem Schrank sollen. Dafür eignet sich das Konzept super.

Es gibt schon entsprechende Angebote, etwa Kleiderkreisel.

Fotos machen, das Einstellen und die Kommunikation mit potentiellen Käufern, das ist vielen zu aufwendig. Außerdem spüren sie da nicht, dass ihr Kleidungsstück genügend wertgeschätzt wird. Ganz vielen geht es darum, dass ihre Kleidung auf verantwortungsvolle Weise weitergetragen wird. 

Bild: Unown, Hinweis: Axel Springer ist Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zu Business Insider findet ihr hier: www.businessinsider.de/informationen/impressum.