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Für Deutschland ist der Schritt eine Auszeichnung: Die Silicon Valley Bank (SVB) will nun auch hierzulande zum großen Player werden. Seit Mai dieses Jahres verfügt die Bank über eine Lizenz, um in Deutschland Kredite zu vergeben. Erste Kunden sind das Flugtaxi-Startup Lilium und der Kochboxversand Hellofresh, der aus der Startup-Schmiede von Rocket Internet hervorging.

Silicon Valley Bank — das klingt nach Startups und Wagniskapital. Doch das Institut betont, keine Bank für Startups zu sein. In den USA gilt die SVB inzwischen als Hausbank der dort boomenden Tech-Branche. Die deutsche Filiale steht deshalb auch nicht in Deutschlands Startup-Hotspot Berlin, sondern mitten im Bankenviertel von Frankfurt. Von dort könnten nun Milliarden in die deutsche Wirtschaft fließen.

„Wir haben das globale Who-is-Who der Tech-Branche im Portfolio“

Das Schlüsselgeschäft der SVB ist die Kreditvergabe — mit einem Fokus auf Tech-Unternehmen. Viele dieser Unternehmen würden bei einer traditionellen Bank nicht direkt Geld bekommen — sie sind häufig noch weit davon entfernt, Geld zu verdienen und verfügen nur selten über Assets, die als Kreditsicherheit gelten, sagt der deutsche SVB-Managing-Director Christian Hoppe. Business Insider hat ihn und SVB-Deutschlandchef Oscar Jazdowski in Frankfurt besucht, um über die Ambitionen und Pläne der Bank in Deutschland zu sprechen. Der Brite Jazdowski ist bereits seit mehr als 30 Jahren in der Finanzbranche tätig, seit inzwischen 13 Jahren bei SVB. Hoppe verließ erst im vergangenen Jahr die Commerzbank, kennt sich in Frankfurt also aus.

Trotz des Risikos vergibt die SVB bereits seit 35 Jahren Kredite an Tech-Unternehmen — insgesamt bislang etwa 30.000. Kredite, wohlgemerkt, nicht Wagniskapital. „Wir wollen unser Geld schon wiedersehen“, sagt Jazdowski. Corporate-Finance- und M&A-Beratung gibt es bei der SVB nicht. Die Bank will ihren Kunden ein globales Netzwerk an wichtigen Kontakten bieten. Für deutsche Tech-Unternehmen sollen also nicht nur die Kredite ein Argument sein, sondern auch ein Platz am großen Tisch der internationalen Tech-Industrie.

„Dafür haben wir auch das Who-is-Who der globalen Tech-Giganten als Kontakte und Kunden“, sagt Jazdowski. Dabei nennt er Firmen wie Zendesk, Etsy und Pinterest. „Wenn uns jemand sagt, er hätte gerne Kontakt zu einem Geschäftsführer eines Tech-Riesen aus Seattle, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir die beiden an einen Tisch bekommen“, sagt er.

„Die Community in Deutschland ist erwachsen geworden“

Frankfurt sei ein logischer Schritt, um dieses Netzwerk zu erweitern. Die SVB hat Büros in den USA, Kanada, China, Irland, Israel und dem Vereinigten Königreich — auf dem europäischen Festland habe noch eins gefehlt, sagt der Brite. In Frankfurt sind es mittlerweile zehn Mitarbeiter, langfristig sollte es jedoch weitaus mehr sein, so der Plan. Hinter dem Büro in Frankfurt steckt merklich ein großer Player der Finanzbranche: Das Büro ist brandneu und gehoben eingerichtet. Kein Startup hätte die Ressourcen, sich in Frankfurt so zu präsentieren.

Silicon Valley Bank Launch Event 29.05.2018

Oscar Jazdowski beim Launch-Event der SVB in Frankfurt im Mai 2018.
Markus Werner

Die Entscheidung für Deutschland sei bereits 2014 gefallen, sagt Hoppe — und will damit das Gerücht entkräften, der Brexit habe etwas mit der Expansion aufs europäische Festland zu tun. Damals hätten die Ressourcen der Bank in Europa nicht ausgereicht. „Im Nachhinein war das gut für uns, denn jetzt ist wirklich der richtige Zeitpunkt für eine Expansion nach Deutschland“, sagt er. „Die Community hier ist erwachsen geworden, das Geschäft interessanter.“

Deutschland hat einen weltweit unschlagbaren Vorteil

Hoppe und Jazdowski haben bereits in China gearbeitet. Zuletzt war Jazdowski dort, um die Geschäfte der SVB voranzutreiben. Im Vergleich dazu habe Deutschland einen unschlagbaren Vorteil, der weltweit kaum schlagbar sei: Die Marke Deutschland — sowohl als Wirtschaftsstandort als auch als Tech-Innovator. Passend, sagt er, sieht sich die SVB doch als „Bank der Innovatoren“. Sowohl in der Autoindustrie als auch im Digitalen — von Fintech und Insurtech über Biotech — sei Deutschland ein internationales Vorbild. Hinzu kommen laut SVB-Analysen eine florierende Blockchain-Community und Innovationen rund um das Internet of Things. „Wenn irgendwo ‚Made in Germany‘ drauf steht, dann steht das inzwischen für Qualität“, sagt Hoppe. Jazdowski fügt hinzu: „Diese Pole-Position sollte den Deutschen langsam klarwerden.“

Aber auch Deutschland kann ein Nachteil gegenüber anderen Ländern haben. In der DACH-Region sprechen etwas mehr als 100 Millionen Menschen deutsch — genug, um in der Aufbauzeit eines Unternehmens mit einer großen potentiellen Kundschaft zu rechnen. „Die Zahl der potentiellen Kunden ist dann jedoch mittelfristig ausgeschöpft und die Unternehmen versuchen sich in der Folge auf dem englischsprachigen Markt“, erklärt Jazdowski. Dazu müssen Strukturen verändert und neu aufgebaut werden — das kostet Ressourcen. „Schauen wir nach Finnland — ein Land mit fünf Millionen Einwohnern: Der Heimatmarkt ist schon von Anfang an begrenzt. Startups nutzen englisch direkt — und kommen so auf eine ganz andere Skalierung“, sagt er.

Santa Clara, CA Headquarters.JPG
Santa Clara, CA Headquarters.JPG
SVB

Hoppe kennt sich bestens mit dem deutschen Markt aus: Für seinen Job bei der SVB verließ er im vergangenen Jahr den Main Incubator — dem Investment-Arm der Commerzbank. Hoppe hatte ihn 2013 mitgegründet und war sein Geschäftsführer. Mit dem ersten Inkubator für Fintech-Startups, der eine Großbank als Anker-Investor im Hintergrund hat, wollte die Commerzbank sich einen Zugang zu den innovativsten Fintechs auf dem Markt sicher. Hoppe weiß also, wie er Innovationen auf dem deutschen Markt frühzeitig erkennt und ist gut vernetzt.

Kredite mit einem Volumen von 50 Millionen US-Dollar

Die SVB gibt inzwischen jedoch nicht mehr nur Kredite an kleinere Unternehmen, auch VC-Firmen — die in diese Unternehmen investieren — beantragen mitunter Kredite bei dem Institut. Unter Umständen könnte die SVB mehrere Milliarden US-Dollar nach Deutschland bringen. Mit einem Volumen von mitunter 50 Millionen US-Dollar könnte das Institut eine Lücke bedienen. Hoppe nennt das auch das potentielle Alleinstellungsmerkmal hierzulande. Nach der ersten Finanzierungsrunde und vor dem ersten Cashflow brauchen Unternehmen häufiger größere Summen, die nur schwer zu bekommen sind.

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Statt in eine zweite Runde mit Investoren zu gehen, könnten deutsche Tech-Gründer also künftig auch an Kredite kommen, vor denen deutsche Großbanken eher zurückschrecken. Gegen Investoren spricht für manche, dass sie nach der ersten Finanzierungsrunde erneut Anteile ihres Unternehmens abgeben müssten. Umso sicherer muss sich ein Unternehmer sein, bevor er einen Kredit beantragt. Bevor die Bank einen Kredit vergibt — immer mindestens eine Million Euro — führt das Frankfurter Team eine sorgfältige Due Diligence durch.

Die SVB ist inzwischen ein großer Player. Da besteht nach einer erfolgreichen Kreditabwicklung immer die Hoffnung, das vielversprechende Unternehmen das Geldinstitut zu ihrer Hausbank machen. Gleichzeitig versuche man, eben nicht wie eine Bank aufzutreten. „Das größte Kompliment, dass uns ein Konzernchef machen kann, ist, dass wir nicht wie eine Bank wirken“, sagt Jazdowski.