Tanja Emmerling leitet das Berliner Büro des Hightech-Gründerfonds HTGF
Tanja Emmerling leitet das Berliner Büro des High-Tech Gründerfonds (HTGF).

Der High-Tech Gründerfonds hat in Berlin zwei Investoren stationiert, vier weitere sollen noch kommen. Der Fonds investiert in Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind, eine Summe von 600.000 bis eine Million Euro. Insgesamt kann der HTGF bis zu drei Millionen Euro in ein Unternehmen investieren. Chancen haben Startups mit Innovationen und Technologien, die ihren Kern in der IT haben, die Hardware entwickeln oder sich mit Life Sciences befassen. Tanja Emmerling, Principal beim HTGF, leitet das Büro. Sie gibt Gründern Tipps für den erfolgreichen Pitch und spricht über das gereifte Berliner Ökosystem.

Worauf muss ein Startup achten, wenn es beim HTGF um Wagniskapital pitcht?

Wir schauen, ob das komplette Setup für ein Investment stimmt.

Was bedeutet das?

Hat der Markt die richtige Größe? Gibt es Markteintrittsbarrieren? Ist der USP richtig abgegrenzt? Kann das Unternehmen skalieren?

Worauf kommt es beim Team an?

Ob das Setup zum Deal und zur Geschäftsidee passt, ob das Team den richtigen Erfahrungshintergrund und das richtige Alter besitzt, ob es die Zielgruppe versteht. Manchmal ist das Team auch noch nicht vollständig besetzt. In diesen Fällen wird es darum gehen, jemanden zu ergänzen. Dann schauen wir uns natürlich auch die Fähigkeit des Teams an. Können sie ein großes Unternehmen aufbauen? Außerdem geht um die Frage, ob das Team später auch in der Krise funktioniert, wenn es mal nicht so läuft wie gedacht.

Wie lange dauert es, bis Sie sich entscheiden?

Dieser Due-Dilligence-Prozess dauert zwei oder drei Monate. In dieser Zeit lernen wir das Team kennen und erfahren, wie es interagiert. Wir erkennen, ob das Team stimmig ist, ob es Streitigkeiten gibt oder ob jemand mit einer besonderen Dominanz heraussticht. 

Unterscheiden sich Berliner Startups von anderen?

Die Startups in Berlin sind eng miteinander vernetzt. Sie tauschen sich bei der Einstellung von Entwicklern aus, wie man mit Dienstleistern umgeht, über Prozesse und Investoren. Dadurch steigt das Wissensniveau und die Qualität von Startups. Diese Stärke des Ökosystems hat Berlin nach vorne gebracht.

Haben Sie ein Beispiel ?

Die Buchungsplattform BookingKit hat eine rasende Entwicklung gemacht. Das war eines der ersten Investments 2015 im HTGF. Das ist ein starkes Team mit mittlerweile 60 Mitarbeitern.

Momentan ist viel Geld im Markt. Stellt Sie das als Investorin vor neue Aufgaben?

Als der HTGF 2005 gestartet ist, wollte kein Investor Venture Capital machen. Es war sehr viel schwieriger für Startups, an die ersten Finanzierungen zu kommen. Das hat sich vollkommen gewandelt. Dadurch ist es für Startups leichter geworden. Aber es trennt sich schnell die Spreu vom Weizen.

Worauf sollten Startups achten?

Was der Investor noch mitbringt, welche Expertise, welches Netzwerk und welchen Track Record er hat. Startups können sich mehr noch als Kapital an den Tisch holen: Sie können sich mit Kontakten, Erfahrung und Expertise unterstützen lassen und aus dem Gesellschafterkreis echten Mehrwert dazu holen. In einer langen Geschäftsbeziehung ist das sehr wertvoll. Dadurch dass viel Kapital am Markt ist, gibt es auch Gründer, die nicht wirklich Unternehmer sind und nicht weiterkommen. Doch gute Startups bekommen auch gute Investoren. Es gilt also genau hinzuschauen, weil es sehr viele neue Kapitalgeber auf dem Markt gibt.

War es schwierig, die 300 Millionen Euro des dritten Fonds einzusammeln?

Nein, wir sind sehr stolz, dass das so schnell ging und wir die Quote der privaten Investoren erhöhen konnten. Jetzt haben wir 32 Investoren an Bord. Die Industrie zeigt nun deutlich mehr Interesse, zu investieren und zu gucken, was sich in der Startupwelt bewegt.

Welche zwei Tipps sollten Gründer beachten, wenn sie mit VC zu tun haben?

Gut vorbereitet zu sein und sich anzuschauen, was der Investor durch seine Beteiligung mitbringen kann.

Welche Vorteile bietet der Standort Berlin?

Süddeutschand ist als Technologiehub interessant. Berlin dagegen verfügt über ein Ökosystem. Wenn internationale Investoren kommen, dann kommen sie nach Berlin.

Wie entdecken Sie Startups?

Das Investoren-Geschäft ist ein People Business. Es kommt auf Netzwerke an und darauf, ob Startups zugänglich und ansprechbar sind. Wir sind mit allen Hochschulen und Forschungseinrichtungen vernetzt, mit allen Acceleratoren und Inkubatoren. Wir nehmen an Pitch Days und Businessplan-Wettbewerben teil, gehen in Wettbewerbs-Jurys und zu Veranstaltungen, um Gründer kennenzulernen.

Ihr jüngstes Investment ging an Bunch.ai. Was hat Sie an diesem Startup besonders interessiert?

Bunch.ai ist das neuste Investment meiner Bonner Kollegin in Berlin. Bunch.ai hat eine interessante Technologie , die echte Daten auf Basis des Stanford-Organizational-Culture-Profiling-Models auswertet und damit Kollaborationen von Teams verbessern kann.

Bild: HTGF