Finanzierungen, Exits, Olaf Jacobi, Target Partners, Finanzierungsrunde

Die Startupszene 2011

Geld regiert die Welt und nicht selten auch die Startupszene. Welche Trends gab es in Sachen Startupfinanzierung in 2011, was waren die Highlights bei den Gründungen, Exits und Finanzierungsrunden und wer hat es in die Reihe der Topinvestoren geschafft. Gründerszene sprach mit Olaf Jacobi von Target Partners (www.targetpartners.de) und Gründerszene-Kolumnist über seine Einschätzungen zur Startupszene 2011.

Startupfinanzierung im Jahr 2011. Hat sich in diesem Jahr etwas Entscheidendes verändert?

Grundsätzliches hat sich nicht geändert, jedoch ist das Thema Crowdfunding stärker diskutiert worden. Generell habe ich den Eindruck, dass die Business-Angels und Inkubatoren sich in den letzten Jahren stark weiter entwickelt haben. Ich finde es sehr gut, dass sich die Inkubatoren- und Business-Angels-Landschaft erweitert und nicht ausschließlich auf Berlin fokussiert. Es wird sicherlich spannend zu beobachten sein, wie die neu aufgestellten Inkubatoren agieren und welche Konzepte und Business-Cases sie unterstützen werden.

Welche Trends haben sich 2011 in der Finanzierung von Startups ergeben?

Von einem Trend möchte ich noch nicht sprechen: Wir werden sehen, ob sich Crowdfunding weiter entwickelt. Ich habe Bedenken hinsichtlich der Investitionssummen und der gesamten Metrik bei Folgefinanzierungen. Sehr wichtig ist, dass Business-Angels weiterhin aktiv bleiben, um die interessanten Startups zu unterstützen und anfangs zu finanzieren. Die meisten Business-Angels machen hierbei einen wirklich guten Job. Aber Achtung – es gibt auch „neue“ Business-Angels, die a) viel zu wenig Kapital und b) weder ausreichende Erfahrungen als Unternehmer noch Erfahrungen als Business-Angel haben.

Mein Tipp an die Unternehmer: Macht Eure Hausaufgaben bei der Auswahl des richtigen Investors. Das gilt auch bei der Auswahl des richtigen Venture-Capitalisten. Ein richtiger Trend ist die Bildung von Investoren-Syndikaten aus nationalen und internationalen Venture-Capitalisten. Für ein Startup in Deutschland, welches kapitalintensiv ist und internationalisieren wird, ist ein solches Investoren-Syndikat sehr hilfreich.

Was waren Deine Highlights im Jahr 2011, welche Exits oder Neugründungen haben Dich beeindruckt?

Für mich war ein Highlight der Hype um Airbnb (www.airbnb.de) und die deutschen Copycats Wimdu (www.wimdu.com) und 9flats (www.9flats.com). Ist es nun ein stabiles und nachhaltiges Geschäftsmodell oder nicht? Wir werden sehen. Übertroffen wurde es natürlich von Amen (amenhq.com). Ich weiß nicht, ob Amen funktioniert, aber es war schon verwunderlich, dass ein Startup auf Grund populärer Investoren so viel Aufmerksamkeit erhält.

2011 war auch das Jahr sehr interessanter Exits. Die deutsche Startup-Szene braucht diese Exits, um zu beweisen, dass man in Deutschland große Unternehmen beziehungsweise Unternehmen mit einem großen Marktwert bauen kann. Drei Exits sind gute Beispiele hierfür:

  • Astaro (www.astaro.com) ist ein Enterprise Software-Unternehmen, welches wenige Leser kennen. Es wurde in Karlsruhe von Jan Hichert und seinen Co-Foundern gegründet. 2002 hat es eine erste Finanzierungsrunde von einem deutschen Venture-Capitalisten und einem US-VC erhalten. Jan hat Astaro in den vergangenen zehn Jahren zu einem hoch profitablen und stark wachsenden international aktiven Software-Unternehmen entwickelt und es dieses Jahr an Sophos (www.sophos.de) verkauft. Die Höhe des Exits ist nicht offiziell – nur soviel – es war sicherlich einer der größten Exits der vergangenen Jahre.
  • Ein weiterer spannender Exit war der Verkauf von DailyDeal an Google. Ich finde es erstaunlich, was das DailyDeal-Team und deren Investoren in kürzester Zeit erreicht haben und wie sich DailyDeal (dailydeal.de) in der „battle of material“ – der Schlacht mit der Ressource Geld – durchgesetzt hat.
  • Innerhalb von zweieinhalb Jahren haben Marc Gumpinger, Dominik Westner und Christian van der Leeden die Scoreloop AG (www.scoreloop.com) zu einem weltweit dominanten Player im Mobile-Social-Gaming-Markt aufgebaut. Ich nenne Scoreloop nicht, weil wir Scoreloop von der Seed-Finanzierung bis zum Exit begleitet haben, sondern weil Scoreloop gezeigt hat, dass ein deutsches Startup von Anfang an weltweit nicht nur mithalten, sondern vielmehr eine neue Kategorie und ein neues Geschäftsmodell bilden kann.

Highlights unter den Neugründungen bereits nach einem Jahr auszumachen beziehungsweise einzelnen Unternehmen das Prädikat Highlight zu geben, ist schwierig. Ein Unternehmen finde ich aber besonders spannend. Es verbindet einen technologischen Ansatz mit einem Consumer-Case, der eine riesige Herausforderung darstellt. Es ist Doo.net (www.doo.net). Leider habe ich viel zu spät von diesem Unternehmen erfahren und hatte keine Chance, mir das Startup und das Team näher anzuschauen. @Jörg Binnenbrücker von DuMont Venture (www.dumontventure.de): Ich drücke Euch die Daumen.

Die Landschaft der Investoren hat sich auch 2011 wieder erweitert. Wer hat es geschafft, in die Riege der Topinvestoren aufzusteigen?

Eine prägnante Veränderung bei den deutschen Investoren gab es in 2011 meiner Meinung nach nicht. Ob ein Investor ein Top- oder Flop-Investor ist, das entscheidet sich am Ende der Fund-Laufzeit. Es ist nicht entscheidend, wie viele Unternehmen ein Investor finanziert, sondern welche. Leider ist die Investorenlandschaft in Deutschland viel zu dünn besiedelt. Es gibt unter anderem zu wenig Venture-Capital, um die weiterhin zunehmenden interessanten Startups zu finanzieren. Aus diesem Grund drücke ich meinen Kollegen, die sich im Fundraising befinden, ganz kräftig die Daumen. Nur wenn ausreichend frisches Kapital vorhanden ist, funktioniert das gesamte Ecosystem.

Was rätst Du Gründern zum Jahreswechsel?

Auch Ihr braucht mal Pause. Jeder muss seine Aggregate runterfahren. Weihnachten und Neujahr eignen sich dafür prima. Dann geht’s mit Vollgas ins neue Jahr.

Etwas Spekulation am Ende des Jahresrückblicks?

Aus dem Bauch heraus: In den vergangenen Monaten gab es immer mal wieder Meldungen über atemberaubende Erstrundenfinanzierungen in zweistelliger und sogar dreistelliger Millionenhöhe. Liebe Gründer, lasst Euch nicht schocken – auch in der Startup- und Venture-Capital-Szene wird sicherlich manchmal lauter getrommelt, als die Musik wirklich spielt. Bei einigen Runden glaube ich nicht, dass so viel Geld geflossen ist. Oft wird nur ein Teil der Finanzierungssumme überwiesen. Weitere Tranchen sind dann von Milestones abhängig. Es gibt nur eine Handvoll Investoren, die 20 Millionen oder sogar 100 Millionen in eine A-Runde investieren, ohne zu wissen, ob das Modell valide ist. Diese Meldungen können eine „battle of material“ sein, die andere Wettbewerber abschrecken soll.

Bild: Andrea Damm  / pixelio.de