Kein Geld, keine alternative Währung, kein Finanzinstrument – Kryptowährungen dürfen nicht von der BaFin reguliert werden

Fünf Jahre liegt der Fall zurück, nun gibt es ein Urteil: Ein damals 16-Jähriger hatte eine digitale Kryptobörse aufgebaut – dafür aber nicht die Bankenaufsicht um Erlaubnis gefragt. Ein Verstoß gegen das Kreditwesengesetz, befand die BaFin. Ein Gericht verhängte daraufhin eine Geldstrafe. Nun hat das Berliner Kammergericht die Entscheidung widerrufen. Das Besondere daran: die Begründung.

Laut Richter handele es sich bei Bitcoins weder um ein Finanzinstrument noch um eine Rechnungseinheit. Es ist auch keine alternative Währung und kein elektronisches Geld. Damit sei die BaFin nicht zuständig. Tatsächlich ist die Rechtslage seit Jahren unklar. Die Aufsichtsbehörde BaFin hatte deswegen vorsichtig begonnen, die Branche zu regulieren – was von deutschen Krypto-Startups meist positiv angenommen wurde. So hörte man aus der Szene häufig Lob für das fachkundige und fallbezogene Vorgehen. Diese Praxis kritisiert die Berliner Kammer nun hingegen scharf: Es sei nicht Aufgabe der Bundesbehörden, rechtsgestaltend in Strafgesetze einzugreifen. Mit ihrer Regulierung „überspannt die Bundesanstalt den ihr zugewiesenen Aufgabenbereich“.

Wieder Wilder Westen in der Kryptoszene?

Das sind harsche Worte mit erheblichen Konsequenzen. So hatte sich in den vergangenen zwölf Monaten langsam ein Rechtsrahmen herauskristallisiert, wie mit den unterschiedlichen Krypto-Token umzugehen sei. Startups konnten dank zunehmender Rechtssicherheit beginnen, ihre Produkte zu entwickeln. Außerdem brachte die Regulierung mehr Sicherheit für die Verbraucher. Das ist nun wohl passé. Denn die Urteilsbegründung stellt die Zuständigkeit der BaFin – und damit auch ihre Token-Einstufungen – grundsätzlich infrage. Hinzu kommt, dass sich der Markt nun stark verändern könnte. Quasi-Monopolisten wie der Betreiber von Bitcoin.de, der als einer der wenigen in Deutschland BaFin-lizensiert ist, dürften sich auf neue Wettbewerber gefasst machen, wenn plötzlich jeder einen Bitcoin-Handelsplatz aufmachen darf.

Möglich ist aber auch, dass die BaFin den Fall noch einmal durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lässt. Schon 2017 hatte die Bankenaufsicht in einem ähnlichen Fall die richterliche Entscheidung in ihre Verwaltungsauffassung erst übernommen, als die nächst höhere Instanz das Urteil bestätigte.

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Da nun die deutsche Kryptoregulierung in der Schwebe ist, dürfte der Druck auf den Gesetzgeber wachsen, für klare Verhältnisse zu sorgen und Bitcoin und andere Währungen als Assetklasse festzulegen. Dem hatte die BaFin stets versucht zuvorzukommen, um eine Startup-freundliche, individuell zugeschnittene Rechtspraxis zu erlauben. „Wir müssen sehen, was uns stört und was man weiter laufen lässt, um Innovation nicht zu früh zu erschlagen“, sagte vor einigen Monaten Deutschlands Chef-Finanzaufseher Felix Hufeld. Eine Regulierung „mit dem Holzhammer“, wie es aus BaFin-Kreisen hieß, sei nicht im Interesse des deutschen Wirtschaftstandorts. 

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