Ramin Niroumand leitet den Company Builder Finleap.
Ramin Niroumand leitet den Company Builder Finleap.

Oft sind es Jobanzeigen, die einen Einblick in das Innere eines Unternehmens geben. Mehr als 30 Stellen hat der Company-Builder Finleap in den vergangenen Wochen für neue Fintech-Gründungen ausgeschrieben. Nach der großen Finanzierungsrunde Ende 2018 muss der Berliner Inkubator Resultate vorweisen. Denn: Solide reicht nicht mehr. Kritiker fragen, wo der „Big Bang“ bleibe, also das Zalando für Finanzen.

Nach offiziellen Angaben stehen bei Finleap für dieses Jahr zwei bis vier neue Ventures auf dem Plan. Unter den Jobanzeigen sind allerdings einige, die aus dem Raster fallen – weil die dazugehörigen Beschreibungstexte nämlich auf kein beliebiges neues Startup hindeuten, sondern auf das, was in der Szene schon jetzt als eines der Fintech-Projekte des Jahres gilt. Wörtlich heißt es:

„Wir bauen das nächste große B2C-Unternehmen im Bereich Finance und Versicherungen in Deutschland. Mit unserer Plattform möchten wir unseren Kunden ermöglichen, fundierte und auf ihren Bedarf ausgerichtete Entscheidungen zu treffen. (…) Mit unseren Produkten adressieren wir allein in Deutschland einen Multi-Milliarden-Euro-Markt. Um unsere Vision wahr werden zu lassen, haben wir bereits ein starkes Netzwerk an internationalen Investoren und Partnern an Bord geholt.“

Recherchen von Gründerszene und Finanz-Szene.de zeigen: Finleap arbeitet an einer Art Vergleichsportal für Finanzprodukte – plant also den Angriff auf Check24, dem mächtigen digitalen Vertriebsplayer im hiesigen Banken- und Versicherungsmarkt. Mit gewaltigen Werbeausgaben hat Check24 seine Marke bekannt gemacht, allein im vergangenen Jahr sind 172 Millionen Euro in TV-Werbung geflossen. Sogar noch größer sind Marktkennern zufolge die Ausgaben bei Google. 

Doch die Marktmacht von Check24 ist vielen Beobachtern mittlerweile zu groß, Verbraucherschützer kritisieren die Intransparenz der Vergleiche. Ohne eine gewaltige Finanzkraft im Rücken wäre das Finleap-Projekt dagegen chancenlos. Darum soll sich der Berliner Company-Builder nach Informationen von Gründerszene und Finanz-Szene.de die Unterstützung des chinesischen Milliardenkonzerns Ping An gesichert haben. Von einem dreistelligen Millionenbetrag ist die Rede. Finleap selbst will sich nicht zu diesen Informationen äußern, von Ping An war bis gestern Abend keine Stellungnahme zu bekommen.

Versicherungspartner im Kampf gegen Check24

Das Versicherungsunternehmen Ping An ist bei Finleap bereits ein wichtiger Geldgeber, mit einem Jahresumsatz von umgerechnet 135 Milliarden Euro zählt es zu den größten Firmen der Welt. Der strategische Investor führte die jüngste Finanzierungsrunde des Berliner Unternehmens Ende 2018 an – etwa 40 Millionen Euro steckte die chinesische Firma damals in Finleap. 

Ferner sollen drei weitere prominente Player bei dem Vorhaben involviert sein. Die Beratung McKinsey habe am Business-Plan mitarbeitet, ist zu hören. Auch der Name der beiden Versicherungskonzerne Huk Coburg und Allianz fällt mehrfach. Ein Sprecher der Huk Coburg schreibt auf Nachfrage: „Aktuell gibt es keine Zusammenarbeit unseres Hauses mit Finleap.“ Zu Zukunftsprojekten will er hingegen nichts verraten. Die Allianz und McKinsey äußern sich auf Anfrage nicht.

Im Kreditbereich dominieren die Münchner zusammen mit den Fintech-Rivalen Finanzcheck und Smava den Vergleichsmarkt – wobei Check24 allein etwa so viel Umsatz machen soll wie die beiden Wettbewerber zusammen. Sogar noch größer soll die Dominanz bei Autopolicen sein. Die Folge: Deutschlands größter Kfz-Versicherer, die Huk Coburg, liefert sich mit Check24 einen Dauerstreit vor Gericht. Die Produkte der Versicherung sind nicht auf der Vergleichsplattform gelistet. Die Allianz, Nummer zwei im Markt, vertreibt die Autoversicherung ihrer Hauptmarke ebenfalls nicht bei Check24.

Schon 2011 versuchte die Huk Coburg mit dem Einstieg beim Vergleichsportal Transparo, einen Konkurrenten zu Check24 aufzubauen. Der Plan misslang. Drei Jahre später gingen die Domain und die Markenrechte an den Konkurrenten Verivox, Transparo wurde eingestellt.

Bewährungsprobe für Finleap

In den kommenden Monaten wird sich zeigen, mit welchem Konzept sich das neue Finleap-Unternehmen gegen Check24 behaupten will. Der Launch soll nach Gründerszene-Informationen im Oktober stattfinden. Szenekenner sind skeptisch, ob sich eine Marketingschlacht gegen Check24 gewinnen lässt. „Es kommt mir so vor, als wären sie 15 Jahre zu spät dran“, sagt ein Branchenexperte. Wobei unklar ist, ob Finleap, Ping An und Co. wirklich ein klassisches Vergleichsportal planen oder nicht doch noch eine völlig neue Lösung.

Für Finleap hängt viel an dem Gemeinschaftsprojekt. In den vergangenen Jahren lag der Fokus stärker auf Geschäftsmodellen für andere Unternehmen (B2B), wie etwa der Solarisbank, die als Bankpartner für Fintechs und Digitalfirmen fungiert. Die Makler-App Clark ist das letzte verbleibende Venture, das sich an Endkunden richtet (B2C). Der Company Builder muss nun zeigen, dass er es schafft, ein so großes Vorhaben wie eine Vergleichsplattform umzusetzen.

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Bild: Finleap/Boris-Breuer