Auch Scalable Capital, Finleap, Smava und Raisin (v.l.) haben viel Geld von Investoren erhalten.

In U-Bahnen und auf Plakatwänden wirbt N26 gerade offensiv für sein Direktbank-Angebot. Scheinbar ist das Banking-Startup aus Berlin allerdings so schnell gewachsen, dass die eigene Marketing-Abteilung mit der Kommasetzung nicht hinterherkam. In seinen Anzeigen verspricht es „keine versteckten Gebühren“ und „#nobullshit“. Jetzt hat N26 in einer riesigen Finanzierungsrunde 260 Millionen Euro eingesammelt und ist damit – als erstes deutsches Fintech – ein Unternehmen mit Milliardenbewertung. Es ist eine Nachricht, über die sich der Fintech-Standort freuen kann.

Dabei ist N26 nicht das einzige Startup, in das Investoren ihre Hoffnungen stecken: Nach Zahlen der Beratungsfirma Barkow Consulting überschritten Investments in deutsche Fintechs im Jahr 2018 erstmals die Milliardenmarke: Insgesamt waren es 1,1 Milliarden Euro – 55 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings bezog Barkow auch Proptech-Firmen wie Hometogo in seine Auswertung mit ein. Die berechnete Zahl der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young zum Finanzierungsvolumen fällt mit knapp 660 Fintech-Millionen Euro für das Jahr 2018 zwar deutlich konservativer aus, ist aber dennoch beachtlich. Davon fielen auf N26 satte 130 Millionen Euro, unter anderem von der Allianz und dem chinesischen Digitalkonzern Tencent.

Die größten Wettbewerber der Digital-Direktbank kommen aus Großbritannien und heißen Revolut (Unternehmensbewertung: umgerechnet 1,5 Milliarden Euro) und Monzo (Unternehmensbewertung: umgerechnet 1,3 Milliarden Euro). In Deutschland gibt es keine nennenswerte Startup-Konkurrenz zu N26. Junge Unternehmen in anderen Bereichen, etwa im Zinsvergleich oder der Online-Vermögensverwaltung, sind finanziell aber ebenfalls gut aufgestellt.

Das sind die wichtigsten Fintech-Kandidaten für künftige, große Finanzierungen:

  • Die Berliner Solarisbank (aus dem Hause Finleap) sammelte allein 2018 insgesamt 57 Millionen Euro von Investoren wie Visa und dem Fonds Lakestar ein. Deutlich weniger als N26, das im selben Jahr 130 Millionen Euro erhielt. Doch die Solarisbank ist in der Fintechszene ein bedeutender Player: Sie verfügt über eine Banklizenz und kooperiert mit vielen kleineren Startups, darunter Penta oder Kontist, ermöglicht ihnen so Finanzgeschäfte. Recherchen von Finanz-Szene.de zeigten im vergangenen August allerdings, dass die Geschäftszahlen der Solarisbank im Jahr 2017 gemessen an den großen Zielen der Firma aufgrund niedriger Umsätzen und einem hohen Jahresfehlbetrag eher enttäuschten.
  • Deposit Solutions, Betreiber der Open-Banking-Plattform Zinspilot, bekam im vergangenen Jahr umgerechnet 86 Millionen Euro von Geldgebern. 2018 strichen die Hamburger damit die größte Fintech-Finanzierung nach N26 ein. Daraus ergibt sich eine Bewertung von immerhin mehr als 400 Millionen Euro. Bis zur Milliardengrenze ist der Weg nicht allzu weit.

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  • Größter Wettbewerber von Deposit Solutions ist der Einlagen-Vermittler Raisin, zu dem die Plattform Weltsparen gehört. Die letzte Finanzierungsrunde des Berliner Fintechs liegt zwar über ein Jahr zurück, Investor war allerdings niemand geringeres als der US-Payment-Riese Paypal: Er investierte Ende 2017 einen zweistelligen Millionenbetrag. Vorher hatte sich Raisin durch die Übernahme eines britischen Technologie-Dienstleisters Zugang zum britischen Markt verschafft.
  • Für den Berliner Company Builder Finleap war 2018 das dritte Jahr in Folge mit einer großen Finanzierungsmeldung: Der chinesische Versicherungskonzern Ping An investierte im November 41,5 Millionen Euro in die Firma. 2017 hatte Finleap 39 Millionen Euro eingesammelt, im Jahr davor 21 Millionen. Das Startup nutzt das eingesammelte Geld, um selbst Fintechs aufzubauen, darunter auch die Solarisbank. Außerdem brachte Finleap 15 weitere Firmen auf den Weg.

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  • Das Berliner Verbraucher-Kreditportal Smava schloss Anfang 2018 eine Finanzierungsrunde über 56 Millionen Euro ab. Konkurrent Finanzcheck wurde 2018 verkauft – für 285 Millionen Euro an Scout24. Smava lieferte sich in der Vergangenheit immer wieder erbitterte Wettstreits mit Check24. Um Kunden warben beide etwa mit „Null-Prozent-“ beziehungsweise „Minus-Krediten“.
  • Hinter dem Online-Vermögensverwalter Scalable Capital liegt ein gutes Jahr: Das Startup meldete im Mai, erstmals mehr als eine Milliarde Euro an Kundengeldern zu verwalten. Scalable ist damit Marktführer unter den Robo-Advisor-Firmen. Zu dem starken Wachstum des Unternehmens hat auch eine wichtige Vertriebspartnerschaft beigetragen: Mit der Direktbank ING-Diba kooperiert Scalable seit Herbst 2017. Der Deal verhalf dem Startup zu mehr Kunden und damit zu einer höheren verwalteten Anlagesumme. Ernüchternder fiel das Urteil der Stiftung Warentest zu Scalable im vergangenen Sommer aus. Der Dienst erhielt die Note 3,4. Die Tester hatten etwa die in ihren Augen mangelnde Streuung des Portfolios kritisiert. Wettbewerber von Scalable sind beispielsweise Whitebox oder Quirion. Das letzte Mal sammelte Scalable Mitte 2017 insgesamt 30 Millionen Euro bei einer Post-Mony-Bewertung von gut 150 Millionen Euro ein. Einer der Geldgeber: der Billionen-schwere US-Vermögensverwalter Blackrock.
  • Ein weiterer vielversprechender digitaler Vermögensverwalter ist Liqid. Das Fintech schloss im vergangenen Herbst eine Finanzierungsrunde über 33 Millionen Euro ab, verwaltete zum damaligen Zeitpunkt nach eigener Aussage Anlagen in Höhe von 300 Millionen Euro. Eine Zahl, die sich durchaus sehen lassen kann – immerhin arbeitet Liqid nicht mit einem großen Partner wie der ING-Diba zusammen.
  • Bei einem einstigen Hoffnungsträger kriselt es heftig. Im vergangenen Jahr machte das Hamburger Kredit-Startup Kreditech zunächst mit hohen Verlusten von sich reden. Ende Dezember kam dann heraus, dass Investoren das Unternehmen 2017 noch mit 230 Millionen Euro bewertet hatten, seine Bewertung inzwischen aber auf 14 Millionen Euro implodiert sein soll. Dabei sind die Ambitionen von Kreditech weiterhin groß: Bis 2025 will das Startup einen Umsatz von einer Milliarde Euro machen und 2021 an die Börse gehen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings fraglich, ob es dem Fintech-Überflieger N26 jemals wieder das Wasser reichen kann.

Bild: Scalable, Finleap, Smava, Raisin