Bargeld ist für Fidor-Chef Matthias Kröner wie ein Reserverad. Man sollte es für den Notfall immer zur Hand haben.

Mobile Payment hat es hierzulande nicht einfach. Beispiele gefällig? Die Otto-Tochter Yapital. Eingestellt. Die Banken-Initiative Paydirekt. Wenig erfolgreichEine aktuelle Studie des Branchenverbandes Bitkom bestätigt: „An der Kasse bleibt das Smartphone meist in der Tasche”. Nur jeder fünfte Handy-Besitzer in Deutschland zahle manchmal per Smartphone im Laden. Dennoch hat die Digitalbank Fidor vor wenigen Tagen ihren Dienst Fidor Pay gestartet, mit dem Kunden genau das können. Wir haben mit Fidor-Chef Matthias Kröner darüber gesprochen, wie er trotzdem erfolgreich sein will.

Herr Kröner, die Deutschen können nicht ohne ihr Bargeld. Wie will die Fidor-Bank ihre Kunden zum Umdenken bringen?

Da werde ich sie jetzt womöglich überraschen. Aber ehrlich gesagt halte ich Bargeld weiterhin für notwendig. Ein Volk und seine Regierung sollten ein Interesse daran haben, dass es eine bestimmte Menge Bargeld gibt, um die Wirtschaft im Falle eines digitalen Zusammenbruchs weiter am Laufen zu halten.

…sagt der Chef einer Digitalbank…

Ja, weil er sich vorstellen kann, was passiert, wenn digitale Prozesse zusammenbrechen und Payment-Funktionen nicht mehr durchgeführt werden können. Stellen Sie sich vor, jemand hackt Internetknoten und legt sie lahm, um eine Volkswirtschaft anzugreifen. 

Die Folge wäre, wir könnten unser Leben nicht mehr managen, weil die Payment-Funktionalitäten nicht mehr gegeben sind. Das fängt mit dem Lebensmitteleinkauf im Supermarkt an. Und wenn der Ausfall über eine längere Zeit anhält, könnten Science-Fiction-Szenarien mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen realistisch werden.

Ist das nicht ein Horrorszenario, das sie ausblenden müssen? Sie wollen ja alle Bezahlvorgänge digitalisieren.

Ich kann nur dazu raten, dieses Szenario auf keinen Fall auszublenden. Im Gegenteil. Wir sollten digitale Lösungen entwickeln, die nicht angreifbar sind.

Die gibt es doch schon…

…als Ankündigungen im Rahmen der digitalen Agenda. Bisher ist nichts passiert. Vielleicht ist es auch ganz gut, dass wir hier in Deutschland noch viele Offline-Dienstleistungen haben, um dadurch eben weniger verwundbar zu sein.

Das Gesamtverständnis für solche Themen hierzulande ist doch schon mal demonstriert, wenn sich eine Gesetzgebung eines Landes selber im eigenen Bundestag hacken lässt.

Aber das ist doch nicht der Grund, warum die Deutschen so an ihrem Bargeld hängen.

Nicht direkt. Es gibt trotzdem ein übergeordnetes Interesse daran, Bargeld als Fallback-Lösung zu haben. Ich selbst gehöre zu den Kryptowährungs-Nerds, die trotzdem immer ein bisschen Bargeld rumliegen haben, damit ich mir den Einkauf im nächsten Supermarkt bei einem digitalen Zusammenbruch noch leisten kann. Und dann hoffe ich, dass die Versorgungskette in spätestens fünf Tagen wieder steht.

Aber Sie raten doch nicht ihren Kunden, ihr Bargeld zu behalten, wenn Sie eigentlich wollen, dass alle nur noch mobil zahlen?

Das würde ich sofort machen. Für mich widerspricht sich das nicht.

Ich finde schon. Das ist ja wie der Mail-Anbieter, der seinen Kunden rät, weiter fleißig Briefpapier zu kaufen.

Das sehe ich anders. Wenn man Bargeld mit einem Reserverad vergleicht, wird deutlich, was ich meine. Das Reserverad ist ein dünner Reifen, der hinten im Kofferraum liegt. Damit komme ich zumindest bis zur nächsten Tankstelle, wenn ein Reifen platzt. Der Ersatz ist nicht vollwertig, aber er rettet mich über die kurzfristige Spanne. 

Trotzdem will ich natürlich, dass unsere Kunden mobil bezahlen. Wir wollen ihnen dabei helfen, ihren persönlichen Finanzhaushalt zu optimieren. Das können wir nur machen, wenn wir wissen, was für Transaktionen der Kunde tätigt. Je mehr wir wissen desto mehr können wir bei der Optimierung helfen. Natürlich machen wir das im Interesse des Kunden und unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen.

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Sie werben damit, dass die Fidor-Bank eine Social-Media-Bank ist. Wie würden Sie ihrer Community die Vorteile von mobilen Zahlungslösungen beschreiben?

Einfachheit ist für mich das wichtigste Pro-Argument. Dann kommt der Sicherheitsaspekt in Verbindung mit den verschiedenen Funktionen, die wir anbieten. Beispielsweise kannst Du deine Karte, die für Fidor Pay genutzt wird, sofort sperren lassen. Dazu kommt unsere Geo-Blocking-Funktion. Die Nutzer bestimmen selbst, in welchen Ländern ihre Zahlungen funktionieren.

Einfachheit bedeutet auch eine Reduktion der End-Devices, zu denen für mich Bezahlkarten gehören. Meine Brieftasche ist voll mit diesen Karten. Das fällt beim mobilen Bezahlen weg. Die Karten können zu Hause gelassen werden.

Schauen wir uns die Konkurrenz an. Google Pay startet demnächst in Deutschland. Könnte es die Akzeptanz von Mobile Payment stärken, wenn ein großer Player auf den Markt kommt?

Auf jeden Fall. Wenn noch mehr dieser Lösungen kommen, spätestens dann wird sich die klassische Filialbank gewaltig umschauen. Ich höre aus dieser Richtung immer wieder, dass sich durch das Internet nichts verändert hat und dass sogenannte Neo-Banken, also Geldinstitute ohne Filialen, kein vernünftiges Geschäftsmodell haben. Für mich dagegen ist die Digitalisierung im Finanzbereich nicht mehr aufzuhalten.

Sie können da ja auch ganz entspannt sein. Ihre Zielgruppe gilt als sehr technikaffin.

Zum Glück. Und nicht nur die. Die ganz junge Generation wird es gar nicht mehr anders kennen, als ihre Finanzen digital zu regeln. Wenn bei mir zu Hause im Fernsehen die Werbung der Citibank läuft und dort gesagt wird „So geht Banking heute“, dann fängt selbst mein Sohn an zu lachen.

Bild: Mike Zenari