Naga-Mitgründer Benjamin Bilski ist auch einer der „30 under 30“ des Magazins Forbes.
Naga-Mitgründer Benjamin Bilski ist auch einer der „30 under 30“ des Magazins Forbes.

Das Hamburger Fintech Naga eilte 2017 von einem Meilenstein zum nächsten. Zwei Jahre nach der Gründung schaffte es den Börsengang, wenig später führte es einen der größten deutschen ICOs durch. 63.000 Anleger erwarben dabei Token im damaligen Wert von 42 Millionen Euro.

An der Börse wird Naga derzeit mit rund 150 Millionen Euro bewertet. „Wir haben viele Anleger bereits jetzt schon reich gemacht“, so Naga-Mitgründer Benjamin Bilski selbstbewusst gegenüber Gründerszene. Eine Aktie kostet derzeit 3,35 Euro – zur Hochzeit lag der Preis allerdings bei 14 Euro. „Ich denke hier rollt etwas Großes an und wir geben Vollgas“, sagt Bilski. Den Umsatz habe sein Startup im zweiten Jahr versechsfacht, die Kundenzahlen würden stark wachsen. Doch womit macht Naga eigentlich sein Geld?

Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen einen Geschäftsbericht vorgelegt, der zeigt, woher die Umsätze stammen. 12,8 Millionen Euro setzte das Fintech um. Das Ebitda, also das Ergebnis vor Abschreibungen, Steuern und Zinsen, stieg von minus 1,4 Millionen Euro im Jahr 2016 auf plus 2,9 Millionen Euro. Die Abschreibungen waren aber so hoch, dass das Ebit ins Negative rutschte: Es lag bei minus 1,9 Millionen Euro.

Die Hälfte des Umsatzes kommt von einer Firma aus Belize

Die Umsatzsteigerung und das positive Ebitda sind auch das Ergebnis einer „exklusiven Partnerschaft“, wie es Bilski nennt. Es ist eine Partnerschaft zwischen der Naga Group AG und der belizischen Naga Development Association Ltd. (NDAL). 

Alles habe Mitte vorigen Jahres angefangen, kurz nachdem Naga an die Börse gegangen war, sagt Bilski. Nicholas Thomas, ein „Blockchain-Experte“, habe erfahren, dass Naga in den Bereich Blockchain einsteigen wollte. Thomas habe Naga schließlich dazu geraten, eine eigene Kryptowährung anzubieten und gründete daraufhin die NDAL in Belize – laut Bilski wohnt er dort – aus dem alleinigen Grund, Nagas Kryptowährung Naga Coin herauszugeben. „Es wäre uns auch möglich gewesen, den Coin selbst auszugeben. Aber wenn einem Expertise angeboten wird, sollte man die wahrnehmen“, sagt Bilski. Was Thomas daran verdient hat, verrät der Gründer nicht – Vertragsinterna. Was für Naga dabei raussprang, geht allerdings aus dem Konzernabschluss hervor: mehrere Millionen Euro.

Die Abmachung umreißt Bilski zumindest grob. Die Firma aus Belize, an der Naga keine Anteile hat, „haute den Token raus“, führte also den Naga-Token-Sale durch. Somit sammelte sie auch die 42 Millionen Euro aus dem ICO ein. Kein Risiko für Naga, sagt Bilksi: „Vertraglich ist festgelegt, dass die NDAL das Geld nur in Naga-Produkte investieren darf. Es muss in die auf unserer Roadmap eingetragenen Tasks fließen.“ Naga beriet die NDAL während des Token Sale in Sachen PR und Marketing und baute die Website für den ICO. Auch die Naga-Wallet, die digitale Geldbörse, in der Nutzer Kryptowährungen aufbewahren und handeln können, entwickelte Naga für die NDAL, der die Wallet jetzt gehört.

Für diese Leistungen zahlte die NDAL Naga eine Millionensumme. Konkret: 6,3 Millionen Euro, also knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes. Das geht aus dem Naga-Konzernabschluss hervor. 1,9 Millionen Euro nahm Naga durch die Beratungsdienstleistungen ein, 4,4 Millionen Euro durch zur Beratung gehörige „Provisionen“. Was sich dahinter genau verbirgt, verrät Bilski nicht.

„Durch die erwirtschafteten Dienstleistungen für den von der NDAL durchgeführten Naga Token Sale hat sich für das Geschäftsjahr 2017 ein (…) sehr positiver Effekt ergeben“, heißt es im Konzernabschluss. Die erwirtschafteten Erträge hätten „erheblich zum positiven Ebitda beigetragen.“ Wie viel dieser Betrag zum Gewinn vor Abschreibungen, Steuern und Zinsen beigetragen hat, will Bilski allerdings nicht verraten. 

Naga-Mitgründer Benjamin Bilski ist auch einer der „30 under 30“ des Magazins Forbes.
Naga-Mitgründer Benjamin Bilski ist auch einer der „30 under 30“ des Magazins Forbes.

Die andere Hälfte des Umsatzes nahm Naga 2017 über seine Handelsplattform Naga Trader ein. Das Kerngeschäft des Fintechs ist Brokerage: Es bekommt Geld, wenn Nutzer auf ihrer Plattform beispielsweise mit Differenzkontrakten, börsengehandelten Fonds und Kryptowährungen handeln.  

Naga Trader
Naga Trader ist eine Plattform für den Börsenhandel. Nutzer können darauf etwa ETFs und Kryptowährungen handeln und sie als „soziales Netzwerk“ nutzen. Sie können sich gegenseitig folgen, ihre Trades teilen, kommentieren und kopieren. Der Robo-Advisor Cybo soll die User beim Handel unterstützen. Die Abwicklung des Börsenhandels erfolgt durch die Naga-Tochter Naga Markets Limited (ehemals Hanseatic Brokerhouse Global Markets Ltd.). Die Plattform ist am 30. Juni 2016 unter dem Namen Swipestox gestartet, wurde aber im ersten Quartal 2018 in Naga Trader umbenannt. 

Naga Trader habe 2017 „2.983 neue Kunden dazugewonnen“, zum Jahresende seien „12.000 aktive Kunden betreut“ worden, heißt es im Geschäftsbericht. In Anbetracht der mehreren Millionen Nutzer, die der Wettbewerber Etoro aufweist, ist das eine geringe Zahl. Bilski gibt sich dennoch zufrieden, man habe schließlich kein Marketing betrieben. Seit 2018 hat Naga noch ein weiteres Produkt, Naga Virtual. Naga Trader und Naga Virtual hätten zusammen „mehr als eine halbe Million“ Nutzer. Konkreter wird der Gründer nicht. 

Naga Virtual
Die kürzlich von Switex zu Naga Virtual umbenannte Plattform ist ein Marktplatz für den Handel mit virtuellen Gütern. Nutzer können Items aus Computerspielen kaufen und verkaufen. Zehn Prozent des Bruttobetrages gehen dabei an Naga. Derzeit sind nur Items für ein von Naga selbst entwickeltes Spiel sowie eines des japanischen Games-Produzenten Asobimo erhältlich. Die Zukunft der Plattform hänge davon ab, wie viele Spielehersteller man als Kooperationspartner gewinnen könne, sagt Bilski. Naga Virtual ist ein Joint Venture zwischen Naga und der Deutschen Börse Group.  

Neues Geschäftsfeld: ICO-Beratung 

Da Naga 2017 die Hälfte des Umsatzes bei der Platzierung des Naga Coins erzielte, stellt sich die Frage: Wird der Umsatz in diesem Jahr geringer ausfallen? Die Token-Ausgabe ist schließlich vorbei. Dies sei nicht der Fall, sagt Bilski. „Unser Beratungsgeschäft beschränkt sich nicht auf die NDAL, sondern stellt ein stark wachsendes neues Geschäftsfeld dar.“ Naga sei dank des ICO in der Kryptoszene bekannt und werde von vielen Firmen um Beratung bei Token Sales gebeten. „Es wurden hierzu auch schon erste Verträge abgeschlossen und Umsätze im sechsstelligen Bereich erzielt.“

Auch das Fintech Savedroid, das im April mit einer kontroversen PR-Aktion Schlagzeilen gemacht hatte, will künftig andere Unternehmen bei ICOs beraten. Auf das Frankfurter Finanz-Startup angesprochen, sagt Bilski, er wolle sich davon „klar distanzieren“. Den Savedroid-PR-Stunt halte er für „das Schädlichste“, das der Kryptoszene habe passieren können.

Geld verdienen will Naga künftig neben der Beratung auch mit der Naga Academy. Dabei handelt es sich um eine noch wenig bespielte und benutzte E-Learning-Plattform – derzeit gibt es dort etwa Kurse zu europäischer Geschichte und Kryptowährungen. Geplant ist darüber hinaus die Einführung einer eigenen Kreditkarte. Später im Jahr wolle Naga außerdem eine große Marketingkampagne mit TV-Werbung durchführen, sagt Bilski. „Im September wird man uns viel besser kennen“, kündigt er an. Mit seinem Team wird Bilski beweisen müssen, dass Naga nicht nur auf dem Papier 150 Millionen wert ist.

Bild: Naga Group