Wie war das nochmal mit der Umsatzsteuer? Startups wie Qonto (rechts im Bild: Deutschlandchef Philipp Pohlmann) wollen Unternehmern bei Finanzfragen helfen.

„Genervt von deiner Bank?“, fragt Qonto in einer Werbeanzeige auf Facebook – und meint es rhetorisch. Wie viele seiner Wettbewerber findet das französische Startup, dass traditionelle Banken und kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), Selbstständige sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler nicht zusammenpassen. Die Geldhäuser seien zu bürokratisch, zu undigital, zu langsam, lautet das Urteil.

Junge Anbieter wie Qonto versuchen es deshalb mit eigenen Angeboten. Mit Apps, die ihre Business-Nutzerinnen daran erinnern, Belege abzufotografieren, die teils an externe Programme angeschlossen sind, damit Nutzer Buchhaltung und Steuern gleich mit erledigen können. Alle bieten Geschäftskonten für kleine Firmen oder Job-Einzelunternehmer, dazu gibt es eine Master- oder Visakarte. Preislich unterscheiden sich die Anbieter kaum voneinander, los geht es meist um die neun Euro pro Monat, dazu kommen oft kostenlose Basisversionen.

Qonto, das mit rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Paris sitzt, will jetzt stark in Deutschland wachsen, wie Gründerszene vom frisch ernannten Deutschlandchef Philipp Pohlmann erfuhr. Nach Frankreich, Spanien und Italien sei das der vierte Markt für das Startup, das hierzulande eine dreistellige Kundenzahl zähle. Die Webseite ist bereits seit über sechs Monaten in deutscher Sprache online. „Jetzt wollen wir angreifen“, sagt Pohlmann und meint damit die zahlreichen anderen Anbieter, die sich auf dem Markt für Geschäfts- und Firmenkonten bewegen, wenn auch mit teils verschiedener Ausrichtung.

Kontist und Fyrst (ein Angebot der Deutschen Bank) richten sich an Freiberuflerinnen und Freiberufler sowie Selbstständige. Penta adressiert vor allem Gründerinnen, Gründer und KMU mit zwei und mehr Angestellten, genau wie Holvi aus Finnland, das seit 2016 der spanischen Bank BBVA gehört. N26 und Revolut sind im Kern Neobanken für Privatleute, bieten inzwischen aber auch Business-Konten und -Karten an.

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Für Qonto heißt das: eine direkte Konkurrenz besteht vor allem zu Penta und Holvi. Pohlmann kommentiert: „Was die unterschiedlichen Anbieter angeht, haben wir eine relativ starke Positionierung, sonst würden wir es gar nicht erst versuchen.“ Er sieht das Startup als das „N26 der französischen Businesswelt“.

„Werden uns nicht scheuen, den CAC zu verdoppeln“

Zumindest finanziell ist der französische Player relativ gut ausgestattet, wenn auch nicht ganz so abenteuerlich hoch wie das Berliner Vorbild: Qonto, 2016 gegründet, hat bisher rund 32 Millionen Euro von Investoren eingesammelt, unter anderem von Valar Ventures, dem Fonds des umstrittenen Starinvestors Peter Thiel. Zum Vergleich: Bei Penta sind es seit der Gründung 2016 rund 17 Millionen Euro. Das Berliner Startup gehört mittlerweile mehrheitlich dem Finanz-Inkubator Finleap und betreut nach eigenen Angaben knapp 14.000 Kunden, größtenteils in Deutschland. Holvi spricht von 150.000 Kunden europaweit (Stand: Spätsommer 2019), circa 40 Prozent davon in Deutschland. Qonto gibt an, 65.000 Kunden zu zählen, davon 90 Prozent in Frankreich.

Die Marktdurchdringung ist außerhalb des Heimatmarktes also noch gering. Über die Konten wacht die französische Genossenschaftsbank Crédit Mutuel. Über eine Banklizenz, wie sie beispielsweise N26 hat, verfügen die Franzosen bisher nicht.

Um weitere mögliche Kunden von sich zu überzeugen, plane das Startup derzeit die nächste Finanzierung, eine Serie-C-Runde, so Pohlmann. Über die angestrebte Höhe schweigt er sich aus. Dafür nennt er den ungefähren CAC, also die Kosten, um einen neuen Kunden über Marketingkanäle zu gewinnen. Dieser liege in Deutschland bei „unter 100 Euro“, aber über dem Wert für Frankreich. „Wir wollen in die Internationalisierung investieren, dabei ist Deutschland für uns ein Schlüsselmarkt mit hoher Strahlkraft für Europa“, so Pohlmann. „Wir werden uns nicht scheuen, den CAC zu verdoppeln, wenn es sein muss.“

Gegründet wurde Qonto vom ehemaligen Wimdu-Manager Alexandre Prot und Steve Anavi. Noch hat das Startup für deutsche Gründerinnen und Freiberufler eine geringe Relevanz. Wenn das Unternehmen tatsächlich so viel Kapital in den hiesigen Markt pumpt, wie es ankündigt, könnte sich das bald ändern. Pohlmann sagt zu Gründerszene, er wolle in Deutschland bis Ende 2020 das Wachstum in Frankreich wiederholen. Dort habe man im ersten Jahr 20.000 Kunden gewonnen habe: „Ich glaube, dass das realistisch ist.“

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Bilder: Qonto; Collage: Gründerszene