Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer

Oliver Samwer könnte sich freuen. Seit der vergangenen Aktionärsversammlung hat sein Unternehmen Rocket Internet einiges erreicht: Die Food-Unternehmen Delivery Hero und HelloFresh sind an die Börse gegangen, die Amazon-Kopie Lazada hat Rocket an Alibaba verkauft. Und andere wichtige Beteiligungen haben ihren Umsatz gesteigert und die Verluste zumindest verringert. Außerdem soll der Möbel-Laden Home24 schon in wenigen Tagen an die Börse gehen und Rocket versucht, mit mehreren Aktienrückkaufprogrammen den Kurs zu stützen.

Trotzdem reagierte die Börse in diesem Jahr verhalten auf Rockets Strategie. Von etwa 21 Euro ist der Aktienpreis auf aktuell 25 Euro gestiegen – liegt damit aber immer noch weit unter dem Ausgabepreis von 42,50 Euro im Jahr 2014. Ein Aktionärsvertreter sprach auf der diesjährigen Hauptversammlung von einem „desaströsen Aktienkurs“.

Samwer gibt sich vor den Aktionären demütig: „War es ein super, super Jahr? Nein“, sagte der  Unternehmenschef am Freitag in Berlin. Doch es sei ein Jahr der „kleinen Fortschritte“ gewesen. Auf den Aktienkurs bezogen wurde er später deutlich: „Ich sehe das als persönliche Ohrfeige.“

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Mehrere Aktionärsvertreter warfen Samwer erneut vor, zu wenig zu kommunizieren. Sie stellten auf der Hauptversammlung die Frage, wer als nächster Hoffnungsträger hohe Renditen für Rocket und seine Aktionäre bringen könnte. „Herr Samwer hat keine Vision geliefert“, sagte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nach der Hauptversammlung. Er hatte den Rocket-Vorstand dazu öffentlich gefragt. „Er ist nicht bereit, transparenter zu werden“, klagte der Aktionärsvertreter im Gespräch mit Gründerszene.

Kommen nun die Blockchain und fahrerlose Autos?

In seiner Präsentation erwähnte Oliver Samwer nur einige aussichtsreiche Startups, die sich „gut entwickeln“ würden. Darunter etwa das Logistik-Startup Freighthub oder die Software zum Personalmanagement Personio. Mehrfach erklärte er, wie sich der Investment-Fokus verändert habe: Rocket schaue sich nun auch nach Unternehmen für Künstliche Intelligenz oder Software-Startups um. Über fahrerlose Autos sprach Samwer mehrfach. Noch im vergangenen Jahr klang das zurückhaltender. „Wir werden keine fliegenden Autos bauen“, hieß es damals von ihm.

Selbst Blockchain-Investments kann sich der Rocket-Chef heute vorstellen – und sprach einige Male über das Thema Fintech. Bislang ist die Bilanz von Rockets Startups in diesem Bereich allerdings durchwachsen. Seit dem Verkauf der Kreditplattform Zencap hält Rocket Internet immerhin Anteile am britischen Pendant Funding Circle und hat investiert. Kürzlich ist Rocket außerdem beim Banking-Startup Revolut eingestiegen. Eigengewächse wie der Kreditevermittler Lendico und das Bezahl-Startup Payleven waren dagegen keine großen Erfolgsgeschichten.

Ein prominenter Aufsichtsrat ist weg

Der 45-Jährige gibt zu, dass die Suche nach dem nächsten großen Gewinner noch laufe. „Ich weiß es einfach nicht“, sagte er. In den vergangenen zwölf Monaten habe Rocket kein Unternehmen für ein Investment zwischen 200 oder 500 Millionen gefunden.

Wie auf der Hauptversammlung bekannt wurde, verliert Rocket ein prominentes Mitglied im Aufsichtsrat. Roland Berger verlässt das Gremium. Aus „Kosten- und Effizienzgründen“ werde dieses von acht Mitgliedern auf vier verkleinert. Berger und zwei weitere Aufsichtsräte waren zur Hauptversammlung nicht gekommen. Auf die Gründe ging der Aufsichtsratvorsitzende Marcus Englert nicht ein. Eine Frau wird im neuen Aufsichtsgremium immer noch nicht sitzen.

Bild: Chris Marxen / Headshots-Berlin.de